Ausgewählte
Einträge zu Gramatneusiedl und Marienthal
in Anton Schallerl [&
Anton Lehner & Eduard Dittrich & Josef Knell & Johann Scheller & Josef
Macho & Leopold Eder & Georg Grausam]: Denkbuch d[er] Pfarre
Moosbrunn. [Band 1]: 1830–1871. [Moosbrunn
1835–1871], 447, [XXXVI] S. (insgesamt 499 S.).
Transliteration:
Reinhard Müller.
Einträge von
Anton Schallerl (1780–1862),
geschrieben ab 1835
Seite
37:
Grammat Neusidl
ein Filial gen Moosbrunn.
Vermeldtes Filial soll von Moosbrunn besungen werden, weil aber kein Pfarrer zu Moosbrunn, sondern den selben dieser Zeit die pfarrlichen Recht von dem Pfarrer von Fischament [d.i. Fischamend;
Anm.
R.M.] gereicht werden, gehen sie, wenn zu
Moosbrunn Messe gelesen wird, hinauf, und hat dieses
Kapellerl gar kein Einkommen. Ist auch sider des
[15]29 Jahr nit aufbaut worden.
Zechleut Gramatneusidl
Wieszins 1 Pf[und].
Zinskuh wie davor 4 S[chilling].
Anders Einkommen haben die Zechleut nicht. Davon beleuchten sie das Kapellerl.

Seite 113:
1736 Leonhard Hainzmann In diesem Jahre überließ ihm der Graf [Maximilian
von Engelhausen; Anm.
R.M.] die Pfarre [Moosbrunn;
Anm.
R.M.] während des bei Hofe schwebenden Prozeßes. Allein die Moosbrunner wollten Hainzmann nicht als solchen annehmen (Die
Ursache davon ist unbekannt) Es entstand bei seiner Ankunft ein Auflauf. Bey der Wienergasse standen die Moosbrunner, worunter auch Weiber, mit Dung und Ohmgabeln [d.s. Mist- und Heugabeln;
Anm.
R.M.] ihm das Einfahren zu verwehren. Es mußte die Rumorwache von Wien kommen um Ruhe herzustellen, und dem
Pfarrer die Besitznahme der Pfarre erzwingen. […]
So lange sie Engelhausen am Leben wußten, wünschten sie ihn als Pfarrer wieder hier zu haben.

Seite
136
bis 137:
Nahrungszweig
Die Einwohner der Pfarre [Moosbrunn;
Anm.
R.M.] ernähren sich größtentheiles vom Feldbau, und von der Viehzucht u[nd] vom Handel.
Es werden gebauet Waitzen Korn Gerste, Hafer, besonders aber Kraut. Da schon mehrere trockene Jahre waren so wurden die Krautgärten stark vermehrt weil das Kraut viel eintrug. Das Kraut ist gut und ist starke Nachfrage darnach. Die Einwohner verführen es
selbst nach Wien u[nd] Mödling.
Erdäpfel werden nur für den Hausgebrauch gebauet. Türkischer Waitz sehr wenig. Küchengemüse eben so. Obstzucht liegt ganz darnieder. Wein gar keiner in der Pfarre. Bis zum Jahre 1830 bauten die
Grammatneusidler noch Wein, seitdem auch nicht mehr.
Die Viehzucht ist nicht beträchtlich nicht hinreichend zur Düngung der Gründe.
137
Es wird starker Handel
nach Wien u[nd] in die Umgegend getrieben. Auch mit Hafer u[nd] Stroh.
Dünger dagegen zurückgeführt und zwar sehr viel aus dieser Ursache wird
auch weniger Vieh gehalten.

Seite
140 bis 141:
Grammatneusidl
Topograph[ische] Lage
Ein Dorf mit 45 Hausnummern, einem herrschaftlichen Gebäude, nächste Poststazion Fischament
[d.i. Fischamend;
Anm.
R.M.]. Landgericht Herrschaft Schwadorf, Orts, Grund u[nd] Conscriptionsobrigkeit, das hochw[ürdige]
Metropolitan Domkapitl in Wien
Es zählt 381 Einwohner welche katholischer Religion sind mit Ausnahme der
Wollspinnfabrik dessen
Inhaber ein Jude ist, und der Hofstadler
nro. 19
[heute Bahnstraße 5; Anm.
R.M.] akatholisch A[ugsburger] C[onfession].
Ganzlehen
1. |
Haus nro. |
3 |
2. |
– – |
13 |
3. |
– – |
20 |
Halblehen
1. |
Haus nro. |
2 |
2. |
– – |
4 |
3. |
– – |
5 |
4. |
– – |
6 |
5. |
– – |
7 |
6. |
– – |
8 |
7. |
– – |
9 |
8. |
– – |
12 |
9. |
– – |
14 |
10. |
– – |
21 |
11. |
– – |
22 |
141
12. |
Haus nro. |
23 |
13. |
– – |
24 |
14. |
– – |
27 |
15. |
– – |
28 |
16. |
– – |
29 |
17. |
– – |
30 |
18. |
– – |
31 |
19. |
– – |
32 |
20. |
– – |
33 |
21. |
– – |
34 |
22. |
– – |
35 |
23. |
– – |
36 |
24. |
– – |
37 |
25. |
– – |
39 |
26. |
– – |
40 |
27. |
– – |
41 |
28. |
– – |
42 |
29. |
– – |
10 |
Viertellehen
Hofstadler
Kleinhäusler.
1. |
– – |
16 |
|
2. |
– – |
17 |
|
3. |
– – |
25 |
|
4. |
– – |
26 |
|
5. |
Kibitzmühl |
45 |
. der Gemeinde |
Das herrschaftliche
Schloß im neuen Styl gebauet, nichts merkwürdiges, einen großen Hof. Bei Garten daran die Wirthschaftsgebäude.
Lage des Ortes Beschaffenheit des Klima u[nd] Bodens, Nahrungszweig wie Moosbrunn, nur das es von der
Piesting entfernter liegt und daher keine Uiberschwemmung ausgesetzt ist

Seite 178:
1203 Am 9 April bis 14ten fand in Wien u[nd] Umgebungen ein fortwährendes Schneegestöber unter einem heftigen Sturmwinde statt, sodaß der Schnee allenthalben drei Ellen hoch lag, u[nd] an manchen Orten durch den
Nordwestwind zur Höhe eines Hauses zusammen getragen wurde. Dieses Phänomen war Ursache denkw[ürdiger] Unglücksfälle.

Seite 181a:
[1252]
Anfangs Sommer fielen die Ungarn unter Bela ein, welcher das Land entweder erobern oder so verheren wollte, daß es einer Wüste glich. Als er keine Anhänger fand, ließ er der wildesten Rache freien Lauf, u[nd] erfüllte einen barbarischen Schwur. Bevor eben
die Zeit der Erndte vorhanden. Die grausamen Ungarn fielen über die schuldlosen Arbeiter auf den Feldern u[nd] peinigten sie mit unerhörten Martern zu Tode. Selbst die ganz ehrsamen Weiber hatten kein besseres Schicksal; man schändete sie, u[nd] schnitt ihnen die Brüste ab, die als Siegeszeichen dem
Wüterich Bela von seinen kanibalischen Soldaten dargebracht wurden. Von der Leitha bis ins Gebirg wütheten sie mit Feuer u[nd] Schwert, würgten Tausende dahin, schleppten tausende in die Sklaverey, u[nd] zerstörten weit und breit viele Schlösser, Clöster u[nd] Kirchen. Tausende von Flüchtlingen eilten
in die Kirchen u[nd] hofften von der Heiligkeit des Ortes Schutz u[nd] Erhaltung des Lebens, doch die Ungarn schonten auch die Kirchen nicht, legten Feuer an, u[nd] verbrannten sie mit den eingeschloßenen Menschen, so die Kirche zu Mödling 1252 mit 1500 Männern Weibern u[nd] Kindern. Das Land würde
einer gänzlichen Verherung unterlegen seyn, wenn nicht König Wenzel von Böhmen [d.i. Václav I. Přemysl (um 1205–1253);
Anm.
R.M.] den König Bella [!] durch freundschaftliche Vorstellungen zum Rückzug bewogen hätte.

Seite 202:
[1529] Daß sie in Moosbrunn u[nd] Velm u[nd]
Grammatneusidl waren u[nd] nach gewohnter Art gehauset haben darf nicht bezweifelt werden, ebenso wenig daß sie viele Bewohner ermordet u[nd] in die Sklaverey verschleppt haben. Pfarrhof u[nd] Kirche [von Moosbrunn;
Anm.
R.M.] scheinen nicht ganz verwüstet worden zu seyn, wenigstens ist der Thurm u[nd] das Presbyterium. […]
Von dem
Kapellerl zu Grammatneusidl heißt es [1544;
Anm.
R.M.], »ist auch sider
des 1529 Jahr nit aufgebauet worden[«]. Die Türken haben also den Dachstuhl u[nd] die innere Einrichtung verbrannt, ist aber das ganze Kapellerl zerstört; denn das Gewölb ist viel älter als diese Zeit. Auch war das Schiff der Kirche damahls noch nicht angebaut.
Von dem Schicksal Velms ist gar nichts bekannt.

Seite 216:
[1683] Vor den schnellen türkischen Einfällen flüchteten viele Einwohner des flachen Landes ins Gebirg auch nach Gutenstein. Von Moosbrunn waren mehrere nach Gutenstein geflüchtet, halfen dort das alte Schloß gegen die Türken tapfer vertheidigen welches die
Türken auch nicht erobern konnten.

Seite 217
bis 218:
[1683]
Wie es den Moosbrunnern, Velmern u[nd]
Grammatneusidlern erging, ist unbekannt. Laut Pfarrprotocoll von 1774 pag[ina] 5. »wie das Dorf meistens so auch die Pfarrkirchen von den Muselmännern ist gänzlich ruinirt worden.[«] Die Pfarrkirche wurde zu einem
Pferdestall gebraucht, wie dieses aus dem in der östlichen Thurmmauer an einem Pfahl angebundenen Pferde
[218]
zu schließen. Vielleicht haben die Türken hier auf diesen erhöhten u[nd] weitaussehenden Punkt einen Wachtposten aufgestellt.
Das Schicksal von Velm ist
unbekannt. Eben so von
Grammatneusidl.
Das
Presbyterium blieb in jedem Fall.
Indessen müssen sich die
3 Dörfer bald wieder erhohlt haben, welches sich aus der Nähe der so
wohlhabenden Besiedlung u[nd] der bald wieder zunehmenden Bevölkerung
ersehen läßt.

Seite 224
bis 225:
[1704] Rakoczische Streitpartheyen (Chorutzen, Kreuz) [d.s. Truppen von Franz II. Rákóczi (d.i. II. Rákóczi Ferenc; 1676–1735);
Anm.
R.M.] verwüsteten Oesterreich an der
Fischa bis ins Badner [d.i. Badener] Gebirg hinein. Die meisten Dörfer ringsum standen
in hellen Flammen. Hier in Moosbrunn wurde der Pfarrhof ruinirt. Wie es den beeden Kirchen [d.s. Moosbrunn und
Gramatneusiedl;
Anm.
R.M.] u[nd] dem Orte erging ist unbekannt. Die Moosbrunner sollen sich eine Zeit lang tapfer gegen sie gewehrt haben. Sonst soll es bey der Herrschaft Schwadorf aufgezeichnet seyn, ein Graben hieß der Chruzen Graben.
Jahr ist unbekannt. Die Moosbrunner wissen nichts. [225]
1704 wurden die rakozischen Unruhen noch drohender. Am 13. März
umschwärmten zahlreiche rebellische Truppen die Vorstädte Wiens. Am 9. Juny erschien Karoly [d.i. gróf Sándor Károlyi (1668–1743);
Anm.
R.M.] mit mehr als 5000 leichten Reitern, eine Unzahl
jammernden Landvolkes wie Schafe vor sich hertreibend auf der Landstraße in Wien, kehrte aber schnell wieder um, lagerte die Nacht über auf der Schwöchat [d.i. Schwechat;
Anm.
R.M.] röthete der Himmel wieder durch den Brand der umliegenden Dörfer.

Seite 235:
Im Winter von 29 auf 1730 war die strengste Kälte seit Menschengedenken. Die Vögel fielen todt aus der Luft, täglich konnte man des Morgens in den Straßen von Wien, Rehe, Hirschen Hasen finden, die die Kälte in die Stadt getrieben hatte, u[nd] die sich mit
Händen fangen ließen. Die Menschen erfroren in ihren Wohnungen, die dicksten Bäume borsten vor Kälte um so mehr, da um Weihnachten plötzlich Thauwetter einbrach, welchem dann wieder die erschrecklichste Kälte folgte. Die Wölfe kamen bis in die Gegend der Stadt u[nd] raubten das Vieh. Der Winter währte
bis zum April. Im Frühjahr entstand durch das Schmelzen des Schnee, durch den Eisgang große Uiberschwemmungen.

Seite 238:
[1741] Dem Mahler bezahlt vor die Wappen auf dem Hochaltar zu renoviren zu G[ramat]n[eu]sidl
2 f[lorin]. Der Mahler wohnte in Moosbrunn (siehe Beylagen) und hieß Stükl n[ach] K[irchen] Rech[nungen].

Seite 239:
[1742] In
Gr[amat]n[eu]sidl wurde das Todtenkreuz gefaßt wie auch das Frauenbild auf dem Johannes Altar vom obigen Mahler zu Moosbrunn Paul
Stükhler

Seite 250:
1772 Im Monath August schlug der Donner in den
Herrschaftlichen Wirthschaftsgebäuden
zu
Grammatneusidl ein, u[nd] die so mit sämmtlichen Vieh verbrannten.

Seite 257:
[1774]
Zu
G[ramat]n[eu]sidl
Joh[ann] Mich[ael] Losch
erhält für Abbrechen und Neumachen des Frauenaltars u[nd] dazu gemachte
neue Arbeit |
3 f 30. |
Der bürgerliche Vergolder
[Joseph Gradl;
Anm.
R.M.] für Ausbesserung, Fußung, Lagien [d.i.
Lackieren;
Anm.
R.M.] u[nd] gut Vergolden des Frauenaltars durch
Guttfäter 32 f[lorin] von der Kirche 78 f |
110 f |
Das Frauenbild inwendig
mit Blummen verzirt |
5 f |
Nebenauslagen |
13 f 24. |

Seite 261
bis 262:
[1778]
Am 26 Juny ist vom Pfarrer versehen worden u[nd] gestorben: D[omi]nus
Ignatius Osman Müllermeister auf der
Laden u[nd]
Theresienmühle. Vir prudentia et hospitalitate insignis, in multis laudabilis, in omnibus gloriosus [d.h.
Ein Mann von Klugheit und außergewöhnlicher Gastfreundschaft, in vielem
lobenswert, in allem ruhmreich; Anm.
R.M.]. Dieses bestättigen alle
[262]
noch Lebenden die ihn kannten.
In
ecclesia filiali cum protestatione parochi sepultus [d.h.
Begraben in der Filialkirche mit dem Segen des Pfarrers; Anm.
R.M.], unter der Kanzel, unter dem ersten
Weiberstuhl. Er machte große Geschäfte, hatte sehr großen Zutritt bey Vornehmen, war reich, galt viel bey der Kaiserin Maria Theresia, die mit ihm huldvoll sprach so oft sie nach Mannersdorf fuhr, auch öfters bey ihm Erfrischungen nahm, er wurde mit der goldenen Ehrenmedaille beglückt. Mit ihrer
Erlaubniß baute er von Grund aus die
Theresienmühl, vergrößerte die
Ladenmühle, trug viel, vielleicht Alles dazu bey, daß
Mitterndorf [an der Fischa im
Jahr 1773 erneut; Anm.
R.M.] zur Pfarre erhoben wurde. (Sie hieß
Ladenmühle, weil sie Anfangs u[nd] vorher nur aus klein u[nd] von Laden oder Brettern zusammengeschlagen war. Er baute sie vom festen Material, u[nd] führte das schöne
Wohngebäude mit Thürml u[nd] Uhr auf, die Stallungen wurden jedoch nicht gewölbet. Er hatte eine eigene Hauskapelle, u[nd] die Erlaubniß einen eigenen Priester zum Messelesen darin zu halten, welche seiner Wittwe [d.i. Margaritha Osmannin;
Anm.
R.M.] am 23 7bris [d.i. 23. September;
Anm.
R.M.] 1789 wieder erneuert wurde.) Nach seinem Tode
kam die Familie ganz herab.

Seite 279:
[1788] 3 Februar heurathet Heinrich Hofbauer Jubilir u[nd] Goldarbeiter in Wien Maria Anna eine Dochter des verstorb[enen] Müllers zu
Grammatneusidl
Ignaz Osmann.
Es copulirte Joh[ann] Bapt[ist] Dorner gew[esener] Pfarrer zu Pischelsdorf in der Hauscapelle auf der
Ladenmühle daselbst.

Seite 285a:
1801. hat in der ganzen Pfarr auch eine Epidemie geherrscht, die man überhaupt der zu überhäuften Einquartirung der ungarischen Insurgenten, in die Häuser zuschrieb. Sie dauerte in Moosbrunn
vom 10 Febr[uar] bis 24 April – in Velm von 10 März bis 15 April,
in
Grammatneusidl von 26 Jänner bis 16 April 1801.

Seite 286:
1805 Erste französische Invasion im Monath
November. Die Franzosen lagen hier [d.i. Moosbrunn;
Anm.
R.M.] im Quartir, so wie in Velm u[nd] Grammatneusidl. Die Einquartirungen u[nd] Lieferungen waren mäßig. Die Soldaten begingen keine Excesse.

Seite 290
bis 291:
1809 Zweyte
französische Invasion
[…]
Bey weitem zügelloser
betrugen sich die Feinde bey dieser Invasion als bey der
ersten. […]
Am 24 May Nachmittags um
2 Uhr kamen von
Neusidl herauf [nach Moosbrunn; Anm.
R.M.] französ[ische] Marodeurs in der Absicht zu
plündern. Unterwegs nahmen sie zwey ihnen unterkommende Nachbarn
gefangen, wollten von ihnen erpressen in welchen Häusern viel zu
bekommen wäre. Schon vor dem Orte fiengen sie an zu schießen. Es
versammelten sich mehrere Einwohner aus Neugierde, zu sehen, was vorgehe
bey der Ortsmühle. Als sie aber die Feinde heranstürmen sahen, ergriffen
sie die Flucht. Die Marodeurs aber gaben auf die Fliehenden Feuer. Der
Mitnachbar Johann Renner vom Hause nro. 45 fiel getroffen bey dem Hause
nro 37 mit dem Ausruf »Ich habe mein Theil« todt zur Erde nieder. Die
Marodeurs aber entfernten sich nun auch. Es wurde darüber die Anzeige an
die Herrschaft Schwadorf gemacht. Am 26. May früh 8 Uhr wurde er vom
Cooperator begraben.
291
Herr Dechant [Matthäus] Karner wurde mißhandelt Schuh u[nd] Hosenschnallen gewaltthätig ausgelöset u[nd] zweymal geplündert. Er verließ den Pfarrhof [Moosbrunn;
Anm.
R.M.] u[nd] wohnte in der Mühle. Er konnte sich seit diesen Zeiten seiner Gesundheit nicht
mehr recht erhohlen. Nur dadurch wurde er vielleicht von einem gewaltsamen Tode errettet, daß einige Nachbarn in den Pfarrhof eilten u[nd] zwar von rückwärts u[nd] vorgaben, der Dechant müsse zu einem Sterbend[en] eilen. Es wurden ihm viele Meubls ruinirt, u[nd] er mußte eine bedeutende Summe
verlohren habe[n], deren Betrag er aber nie angab.
Ein andersmal fiengen einquartirte Feinde mit der Hauswirthin des Hauses
nro. 32 [in Moosbrunn;
Anm.
R.M.] Streithädl an zur Mittags Zeit. Sie entfernten sich durch den Stadl, aber kaum waren sie fort, so brach im naheliegenden Stadl Feuer aus u[nd] es
brannten die Häuser nro. 32, 33, 34, 31, 30, 10, 11, 12, 13 also 9 Haus, u[nd] von der Mühle
nro. 8 der Stadl und die Stallungen ab.
Zu
Grammatneusidl brachen die Feinde in die
Kirche ein u[nd] raubten einen silbernen Kelch – 1 alten Kruzfixum vergoldten unbrauchbaren Kelch –
1 Monstranze von Gürtler Arbeit. 1 Kreuzpentikl – 1 Schiffl von Messing
3 ordinare Alben – 3 Humeralien – 5 purificatorien – 4 weiße Altartücher –
3 Kirchenthüren wurden ruinirt, u[nd] eine Kirchenlade in der Sakristey – die Orgel verwüstet u[nd] die Armen bixn,
6 P[fund] weißes Wachs geraubet. In summum in Schätzungswerth ohne
Monstranz u[nd] Kelch 403 583 f[lorin] B[anko] Zettl, oder 291 f
30 kr[euzer] Silbergeld u[nd] der Silberzwanziger galt 40 kr Bancozettl. Sie begingen überhaupt arge Excesse.

Seite 296
bis 298:
Bericht des Herrn Verwalters Joh[ann] Bapt[ist] Brendler über diesen Brand an das k[aiserlich] k[önigliche] Kreisamt.
(Von ihm selbst dem Sammler [d.i.
Anton Schallerl;
Anm.
R.M.] mitgetheilt)
Der Unterfertigte hätte die traurige Brandgeschichte des Dorfes Velm gleich nach der unglücklichen Katastrophe pflichtschuldigst einsenden sollen; allein die Ereigniße dieser schrecklichen Nacht setzten mich bis jetzt außer Stand, über das namenlose
Unglück der H[e]rrsch[a]ft u[nd] Gemeinde Velm den gehorsamsten Bericht abzustatten.
297
1813.
Den 27 dieses M[onats] Abends halb 9 Uhr kam bei dem hiesigen Unterthan Simon Dunst Halblehner n[umme]ro 7 rückwärts seines Hauses u[nd] des Stadls in einer Strohtriste die separat auf freyem Platze hinter dem Fruchtstadl lag, Feuer aus wie die Beylage ▪/▪ zeigt[.] Wie u[nd] auf welche Art? ist unbekannt; denn die bloßen Gerichte u[nd] Sagen, die bei den Bauern über die Entstehung dieses Feuers ausgesprengt worden können mit Gewißheit nicht angegeben werden folglich getraut sich Unterfertigter auch nicht hierüber ämtliche Aeußerung zu erstatten.
Kaum war die besagte Strohtriste in Flammen, als solche den nächst daran liegenden Stadl, der mit Stroh u[nd] Heu angefüllet war, alsogleich ergriff u[nd] in Feuer setzte. Der mehr einem Sturm als gewöhnlichem Nordwindwestwinde ähnliche Wind, der
zum größten Unglücke sich eben in diesem Augenblicke zu erheben anfing, trieb das Feuer auf das Haus
nro. 7 sowohl als auf die rechts u[nd] links anstoßenden Stadl, Schopen, Häuser u[nd] Remißen, u[nd] wüthete mit solcher Gewalt, daß in Zeit von einer kleinen halben Stunde 31 Häuser in Flammen
standen. Die stockfinstere Nacht, der fürchterliche Sturm, der Mangel an Wasser u[nd] die größte Verwirrung u[nd] Schrecken unter Menschen u[nd] Thieren, stellte eine so gräßliche
Scene dar, daß man alle Besinnung u[nd] Uiberlegung verlor u[nd] bloß auf eigene Rettung bedacht seyn mußte.
Es kammen zwar Feuerspritzen u[nd] Löschgeräth aller Art Gattung von nahe u[nd] fern an, aber Mangel an Wasser, die entsetzliche Hitze sammt Rauch u[nd] Flammen machten jede Annäherung mit Feuerlöschgeräthen unmöglich, u[nd] auf diese Art brannte
es in einem fort, so lange das Feuer Nahrung fand. Von halb 9 bis 10 Uhr sind ein Raub der Flammen geworden 31 halb, viertl u[nd] achtl Lehen Häuser (2 Häuser wurden niedergerißen) ferner die Dachungen des herrschaftlichen Schloßes u[nd] des daranstoßenden Fruchtkastens, des Gärtners, Jägers, der
herrschaftlichen Taferne sammt 7 Inleuthwohnungen; der herrschaftliche Fruchtstadl mit 700 Mandl Korn u[nd] 70 Mandl Hafer ist bis auf den Grund abgebrant
Weiters die herrschaftliche Meyerey u[nd] K Käßmacherey mit allen Remißen, Schopen u[nd] Holzbehältnißen in welchen sich bey
5000 fl[orin] Bau u[nd] Brennhölzer befunden, alles vorräthige Heu, Stroh, Wägen Eggen u[nd] Pflüge kurz alle Acker u[nd]
Feldbaugeräthe der Herrschaft u[nd] Gemeinde wurden von diesem schrecklichen Feuer verzehrt. Von dem herrschaftlichen Schüttkasten ist die Dachung bis auf das Gewölbe niedergebrannt.
Von Menschen ist zwar Niemand verunglückt, aber Kühe, Schafe, Schweine Lämmer u[nd] Federvieh in Menge verbrannt.
Mit größter Betrübniß muß Unterfertigter melden, daß es bey diesem Unglücksfall auch hier wie an andern Orten, die ein ähnliches Schicksal bestunden, niederträchtige elende Mensch
[298]
gab, welche die allgemeine Noth u[nd] Verarmung benutzten, u[nd] dasjenige zu stehlen sich nicht scheuten, was allenfalls noch den Flammen entrißen u[nd] auf das freye Feld, oder in die nächsten Gärten in vermeintliche Sicherheit gebracht worden ist.
Dagegen kann der Gefertigte nicht umhin unter den vielen edlen Menschenfreunden die zur Rettung in dieser schrecklichen Nacht herbeieilten wärmdsten Dank des Herrn Schloßermeister zu Traiskirchen Gatter zu erwähnen welcher mit 20 ihm bey diesem Geschäfte
untergebenen Personen, worunter seine zwey eigenen Söhne sich befanden, die sich auf den gefährlichsten Oertern der Brandstätte bey dem herrschaftlichen Schloße zeigten – das Meiste beytrug, daß in dem Schloße nicht alle Zimmer eingegangen sind, u[nd] vor der wüthenden Flamme doch noch ein Theil
gerettet wurde.
Dieser würdige Menschenfreund munterte durch die ganze Nacht hindurch alle Schloßer u[nd] Zimmergesellen zur Arbeit an, war ununterbrochen bey der Leitung der Feuerspritzen u[nd] trug bey, daß doch noch ein Theil des Schloßes bewohnt werden kann. Dank sey
diesem treusten Mann für seine Hilfleistung in diesen gefahrvollen Stunden gesagt, u[nd] mögen andre Ortschaften, die in ähnliches Unglück gerathen, sich eines so edlen Helfers u[nd] mitleidig Menschenfreundes zu erfreuen haben.
Hiermit wird gebethen um Hülfe etc. 1. März 1813.

Seite
301:
[1817]
Grammatneusidl 7ter November nach
Mitternacht sind die Häuser, neue nro. 27, 28, 29 30 [d.s. damals
Nr. 2,
3, 4 und 5, heute
Oberortsstraße 34, 32,
30 und 28;
Anm.
R.M.] nebst
Wirthschaftsgebäuden abgebrannt. Das Feuer kam durch die
Unvorsichtigkeit eines Knechtes in nro 27 aus der nach Mitternacht
ausfuhr u[nd] das Licht auszulöschen vergaß. Schade 20 801 fl[orin]
W[iener] W[ährung]. Sammlung laut Decret 7 Dezember nro. 262.I.3.

Seite
303:
[1821!] Grammatneusidl erkaufte Herr
[Leopold]
von Pausinger k[aiserlich] k[öniglicher] Polizey Commissär die
Theresienmühle u[nd] baute auf diesem Platze eine
Flachsspinnfabrik.
Die
Gemeinde hätte diese Mühle um einen sehr wohlfeilen Preis erhalten können, aber nur ein einziger Nachbar war dagegen, u[nd] so unterblieb der Kauf der für die Gemeinde so vortheilhaft gewesen wäre.

Seite
305:
[1824] Am 1ten August ist bey Gelegenheit einer Jagdt, welche S[ein]e Excellenz Herr [Károly] Graf von Zichy Bestandinhaber des
Schloßes u[nd] der Jagdt in
Grammatneusidl, anstellte im Nachhause fahren von Moosbr[unn] nach Grammatneusidl durch zufällige
Entladung seines Gewehres von hinten im Rücken erschoßen worden Exzellenz Joh[ann] Nep[omuk] von Mihalkovics k[aiserlich] k[öniglicher] Hofconcipist der allgemeinen Hofkammer, u[nd] Beysitzer der Gerichtstafel des löblichen Wieselburger Komitates [heute Komitat Győr-Moson-Sopron, Ungarn, sowie Teile in Österreich und der Slowakei;
Anm.
R.M.] alt 49 Jahr. Hat ein kleines gemauertes Monument auf
einer Schiefertafel »Dem getreuen Michalkowitsch der trostlose Freund Zichy.«

Seite 311
bis 312:
Der Friedhof hat ein merkwürdiges Grabmahl. Beim Eingang an der Mauer befindet sich eines von Sandstein, auf einem Sockel ein Sarkophag auf 4 Kugeln ruhend, die Marmorplatte auf der vordern Seite worauf die Inschrift stand ist ausgebrochen. Es ist
das Grabmahl des Anton Ehrenberger Müllermeisters auf der
Theresienmühl zu
Grammatneusidl led[igen] Standes, welcher am 22 März 1802 68 Jahre alt starb. Steht noch fest und ist gut erhalten.
[…]
Bald darneben steht wieder fest u[nd] sonst gut erhalten ein Grabmahl von Sandstein ähnlich dem ersten [d.i. das Grab von
Anton Ehrenberger;
Anm.
R.M.], von welchem ebenfalls die Marmorplatte von der forderen Seite ausgebrochen ist. Es ist das Monument des Franz Jux Bestandmüllermeister auf der
Ladenmühle zu
Grammatneusidl welcher als Wittwer am 18 März 1804 65 Jahre alt
starb.
Auf den Marmorplatten der beeden Denkmähler war die Inschrift von Bronzbuchstaben. Kroatische Soldaten haben die Platten, in der Meinung die Buchstaben seyen von Gold, noch vor der französischen Invasion gewaltsam ausgebrochen.
Auf der Westseite nahe an dem Fundamente der alten Kirche ist ein kleines Monument von Mauerziegeln, verputzet auf der Höhe eine steinerne
[312]
Kugel mit einem Kreuze. Mitten im Monumente auf einer fast runden schwarzen Schiefersteinplatte mit Buchstaben von Goldschaum die Inschrift:
Dem
treuen biederen Mihalkovics
von
seinem trostlosen Freunde
Zichy
1 August 1824.

Seite
322:
1830 […]
Spinnfabrick zu
G[ramatneu]sidl Inhaber der selben
Totesco […]

Seite
325
bis 326:
1831
Grammatneusidl kauft Herr
Dotesco ein mähr[ischer] Jud u[nd] Bankier in Wien die
Fabrick. Er vergrößerte sie u[nd] errichtete daraus eine
Wohlspinnerey Fabrick
[…]
Die Cholera morbus oder asiatische Brechruhr.
Aus dem tiefsten Asien drang sie 1801 in Rusland u[nd] Pohlen, u[nd] obwohl gegen diese Länder militärische Cordone um ihr Eindringen in Ungarn u[nd] Gallizien zu verhindern, gezogen wurden, so zeigte sie sich doch schon am 25 Juny im Beregherer Commitate
[d.i. Komitat Bereg / Berg; heute Ukraine um Beregove / Берегове und Ungarn im Komitat Szabolcs-Szatmár-Bereg;
Anm.
R.M.) in Ungarn, u[nd] lieferte den abermahligen Beweis daß Pestcordone keinen Schutz gegen diese Krankheit gewähren.
Sehr viele politische, polizeyliche medicinische u[nd] viehliche Anstalten wurden getroffen ihren Einbruch zu verhindern, oder bey denselben Hülfe zu verschaffen.
Am 7 July wurde der Militärcordon gegen die Cholera, welche nun schon in Ungarn eingetretten war u[nd] auch in Gallizien, an der ganzen Grenze zwischen Oesterreich u[nd] Steyermark
gegen Ungarn gezogen. Es blieben nur 3 Einbruchesstazionen in unserer
Gegend offen, Bruck an der Leitha, Wampersdorf u[nd] W[iener] Neustadt. Jedermann durfte herüber der mit einem Gesundheitspaß
versehen war. Das Vieh wurde durch die Leitha geschwemmt. Am 22 July aber Abends 9 Uhr wurden die Einbrüche geschloßen und Jedermann der nach Oesterreich herein wollte, mußte
20 Tage Contumaz halten.
Das ganze Viertel wurde in Districte eingetheilt, u[nd] diese wieder in Sectionen. Jeder District erhielt eine polizeiliche Leitungs Commission
[326]
und Districtsartz, u[nd] jede Section einen Abtheilungs und Sections Commissar. In jeder Gemeinde mußte ein eigener Cholera Leichenhof eingeplanckt u[nd] vom Pfarrer eingeweihet werden, entfernt vom Orte u[nd] auf Kösten der Gemeinde. Zu Moosbrunn wurde
ein Theil des Leichhofes gleich links vom Eingangsthore, zu Velm dort wo 1831 der neue Gottesacker ist versandet, u[nd] zu
Grammatneusidl in der
Viehtrieft gegen das Goldwaldl zu.
Spitäler sollten errichtet u[nd] die nöthigen Krankenwärter aufgenommen werden u[nd] zwar bis zum 10 August, u[nd] zwar hier in Moosbrunn für 36 Kranke, wozu von Leitungscommisar Syndicus von Himberg Zoos u[nd] Districtsartzt von Himberg Ploier bald der
Pfarrhof bald das Schulhaus in Vorschlag kamen.
Hier [in Moosbrun;
Anm.
R.M.] von Abtheilungs Commissär u[nd] H[errschaft]lichen Schullehrer Ludwig Stobier, in Velm der dortige Verwalter Fuchs, zu
Grammatneusidl der Director der
Fabrick [d.i. Johann Dienert;
Anm.
R.M.], u[nd] 4 Nachbarn, Sections Commisare, welchen jedem eine bestimmte
Anzahl Häuser zugetheilt war.
Unterm 16 August ertheilt jede Gemeinde Anweisungen nach welchen sich die Vorsteher der Gemeinde in jenen Fällen zu verhalten haben, wenn die Cholera in der Nähe herrscht, oder aber in ihrer Ortschaft ausbricht.
Es sollten eigene Reinigungsanstalten für alle von Cholera Kranken gebrauchten Effecten, Todtenkammern, u[nd] Reconvalscenten Häuser errichtet werden – ferner eigene Gewölben oder Magazine, in welche Gegenstände in Koffern aufbewahrt würden welche zum
täglichen Gebrauche entbehrlich. – Die Kranken sollen von den Gesunden gänzlich abgesondert, nebst den Krankenwärtern auch 2 besondre Träger bestellt etc etc die Leichen ohne alle Kleidung, Sang u[nd] Klang begraben, u[nd] binnen 8 Tagen Bericht über die genaue Befolgung dieser Anordnung eingesendet
werden.
Zur leichteren Bestreitung der dazu nöthigen Auslagen mußte in jeder Gemeinde abgesammelt, die Leute zum Krankendienste, u[nd] Armenheimen u[nd] zur Bildung von Armenheimen u[nd] Beschäftigung b arbeitsloser Leute aufgefordert werden.
Moosb[run]n, Velm u[nd]
Grammatneusidl wurde dem Districte Himberg zu getheilt
Hier in Moosb[run]n wurden zwey Zimmer im Armenhause mit Betten u[nd] vorgeschriebenen Einrichtungsstücken auf Kösten der Gemeinde u[nd] mit dem Absammelgeld eingerichtet

Seite
329:
1832. Cholera Mit Currenda n[umme]ro 4. 14 März wird befohlen in jenen Orten ein Denkamt mit Te Deum abzuhalten wo sich seit 8 Tagen kein Cholera Fall mehr ereignet hat, u[nd] für die an der Cholera Verstorbenen ein Requiem.
Im Monath Juny war die Cholera wieder an mehreren Orten ausgebrochen, auch unter den Wahlfahrtern nach Maria Zell daher wurde sie verbothen, u[nd] auch wegen der wechselhaften Witterung. et Currenda
nro. 9.
Zu Moosbr[unn] brach sie
aus am 21 July u[nd] dauerte bis 24 7bris [d.i. 24. September;
Anm.
R.M.]. Es erkrankten daran 19 Personen, davon starben 15 Personen.
Zu Velm brach sie aus am 15 August u[nd] währte bis 13 September Es erkrankten 36 Personen. Es starben daran 17 Per 19 Männer u[nd] 17 Weiber. Es starben daran 17 Personen. Unter den Erkrankten waren 5 Kinder. 1 Knab u[nd] 2 Mädchen starben daran.

Seite
330:
[1832]
Grammatneusidl Franz Grießmüller Wirth u[nd] Bauer von Gr[amatneu]sidl hat vom
Metropolitan Dom Kapitl die Erlaubniß erhalten auf seinem Grund auf
dem Wege nach Moosbrunn zum Andenken seines verstorbenen Vaters
ein hölzernes Kreuz mit einem gut gemahlenen Kreuzbild zu errichten, u[nd] auf immerwährende Zeiten zu erhalten u[nd] ist diese Erklärung bey dem Hause
nro. 31
[heute Oberortsstraße 26; Anm.
R.M.] eingetragen laut Auszug aus dem Satzbuch der Grund Herrschaft dto 23 März. Wurde eingeweiht mit Erlaubniß vom hochw[ürdigen] Consist[orium] 20 April 1832, Z[a]hl 1990/1391.
Vom Pfarrer [d.i.
Anton Schallerl;
Anm.
R.M.] am 31 May am heiligen Christi Himmelfahrtstag Nachmittags um 2 Uhr u[nd] darauf der Segen in der Filiale gehalten.

Seite
332
bis 333:
[1833]
Grammatneusidl wie Velm u[nd] Moosbrunn herabgekommen.
Das Hochaltarbild rein geputzet u[nd] gefirnisst (das Bild war beinahe unkennbar) die steinernen steher lakirt u[nd] die Leisten neu vergoldt |
8 f[lorin] |
Die Statuen alabaster weisgemacht um |
7.12 |
Altar u[nd] Tabernakl mit Oehl geputzet |
8 |
die Engel weisgemacht etc |
4 |
das Tabernakl Thürl matt vergoldt |
3.12 |
3 neue Canon Tafeln |
4.48 |
zwey kleine Figuren am Gewölbbogen neu gefasst |
3.36 |
die Kanzel gefirnisst |
10 |
für den neuen Heiligen Geist im Gewölb des Presbyteriums |
7.36 |
Marmoriren des Sokels unter dem Altarbild |
5.12 |
Große Leuchterstend marmorirt |
2.24 |
6 neue gut vergoldete Leuchter zum Hochaltar |
30.00 |
Das
Bild [des
Georg Ignaz Ruschko (um 1892–1765);
Anm.
R.M.] in der
Schule geputzet |
1.36 |
zusammen 95 f 36 |
333
1833.
Grammatneusidl Wurde hergestellt außer der Bildhauerarbeit von Ignaz Khunert.
Durch Sammlung ging ein von der
Fabrick |
10 f |
Ladenmüller [Franz] Löffler |
5. |
Gemeinde |
25. |
Dom Kapitl |
20. |
Mitnachbar Michael Hintermayer n[umme]ro |
5.12 |
Vom Gemeindevermögen |
24. |
Die
Kirche |
6.24 |
zusammen 95 f 36. |
Die Gemeinde gab nicht eher als bis alles fertig war, um zu sehen, wie die Dinge ausfallen.
I.9.
Durch Wohlthäter wurden die Statuen in der Kirche, das große Crucifix neu gefasst u[nd] das Johannisbild welches ganz verfault war neu gemahlen.
[…]
Schulbau u[nd]
Fabriksschule zu G[ramat]n[eu]sidl

Seite
339:
[1835] Anzeige an die löbliche
Herrschaft Metropolitan Dom Kapitel wegen der zu Fall gekommenen ledigen Weibsbilder u[nd] Gesuch um Abhülfe a[n]
Fabrick

Seite
344
bis 345:
[1836]
Im Pfarrhof [in Moosbrunn;
Anm.
R.M.] wurden alle Gebäude, Gärten besehen, Rechnungen, Protocolle streng untersucht. Die 3 Gemeinde 3 Herrschaftliche Oberbeamte, und Vogtey Commissär befragt. Die Visitation dauerte von 7 Uhr früh bis 3 Uhr Nachmittags[,] bis 4 Uhr Speisen, dann Abfahrt nach
Grammatneusiedl[.] Bey der Tafel, welche vom Ofen bis zum Fenster ging u[nd] oben u[nd] unten einen Anstoß gegen die Mauer hatte, waren 23 Personen. Unter denselben Musick von der Banda des Regimentes von Wien. Das hochw[ürdige]
Domkapitel besorgte sie. Dasselbe bekcomplimentierte Ihre fürstliche Gnaden in der Person des Hochw[ürdigen] Herrn Johann Purkhartshofer instalirt Prälaten, Domschulasten wirkl[ichen] k[aiserlich] k[öniglichen] n[ieder] oester[reichischen]
Regierungsrathes, u[nd] in der Person des hochw[ürdigen] Herrn Johann Eberter, Vice Director des Volksschulwesens, und Oberaufseher der Deutschen Schule Domherr etc – als
Herrschaft Grammatneusiedl. Beede Hochwürdige Herren speisten hier
345
In
Grammatneusiedl Einzug unter dem Himmel mit der Banda in die
Kirche, dort Segen u[nd] Untersuchung derselben auch des
Schulhauses. Dann Besuch des
Schloßes. Abfahrt nach
Reisenberg. Herrn Beamte u[nd] Geistliche empfahlen sich bey der
Ladenmühle. Die löbliche Herrschaft ließ
am Eingang zu Grammatneusidl u[nd] bey der Ladenmühle hohe Bogen von Tannenreißig mit Inschriften errichten.

Seite
359:
[1839]
Grammatneusiedl Die Gemeinde kauft das
Kleinhaus nro. 25 welches dem Florian Harer
[recte Harrer; Anm.
R.M.] gehörte, welcher aber in Criminaluntersuchung gerieth u[nd] zum
Festungsbau verurtheilt wurde. Das Haus wurde im Executionsweg erkauft
um 224 f[lorin] M.M. [d.i. Konventionsmünze;
Anm.
R.M.]. Die Gemeinde kaufte es für ihre Armen.

Seite
360:
[1840]
Am 18 März fand der Todtengräber beim Grab graben auf der
Neusidlerseite eine kupferne römische Münze 2 Schuh unter der Erde[.] Sie ist ziemlich gut erhalten, und zwar auf der Vorderseite der Kopf mit der Stirnbändigung
Umschrift ORDIANUS PIUS E also Gordianus Pius (regierte 238 erschlagen von seinen Soldaten)
Rückseite ist von der Umschriftung zu lesen neben dem Kopfe OLVIM.
gut erhalten ist eine stehende Figur mit ausgebreiteten Armen auf ihrer
rechten Seiten zu den Füßen ein Ochs links ein Löwe, unten AN. IIII.

Seite
367b:
[1840]
12 9ber [d.i. November;
Anm. R.M.] licitiren die
Grammatneusiedler die
Herrschaft
um 60,000 f[lorin] M.M. [d.i. Gulden Konventionsmünze;
Anm.
R.M.]. Bey Licitation waren unter andern gegenwärtig Graf Bühsi
[d.i. Markus Laurenz Graf Bussy von Mignot (1796–?);
Anm.
R.M.] Besitzer von Ebreichsdorf Baron Schloisnigg [d.i. Johann Nepomuk Freiherr von Schloissnigg;
Anm.
R.M.] der berühmte Wasserkuhr Doctor [Vinzenz] Prießnitz von Gräfenberg [Österreichisch-Schlesien; heute
Lázně Jeseník, zu Jeseník, Tschechische Republik;
Anm.
R.M.]. Der Zehent wurde das Jahr um 30 f M.M auf ewige Zeiten abgelößt.

Seite
373:
[1841] Die
Gemeinde verkauft das Armenhaus nro. 25 [heute
Oberortsstraße 25;
Anm.
R.M.] an den
Sattler zu Himberg Franz Heintl um 307 f[lorin] M.M. [d.i.
Konventionsmünze;
Anm.
R.M.]. Die Armen kommen ins
Schloß
Am 1 November wurde auch
das
Wirthshaus dahin verlegt.

Seite
382
bis 384:
[1844]
Das k[aiserlich] k[önigliche] Kreisamt ließ von Fischament [d.i. Fischamend;
Anm.
R.M.] bis an den Ort Moosbrunn eine neue Straße anlegen. Diese wurde eröffnet am 29 Oktober. […]
Die Herrschaften, Werkinhaber u[nd] Gemeinden gaben Beyträge. Die Gemeinde Moosbrunn führte 340 u[nd] die Gemeinde
Grammatneusidl 160 Schotterhaufen – unentgeldlich. Der Müllermeister von der Jesuitenmühle
nro. 9 gab an baarem Gelde 100, Alexander Urban d[i]to der Pächter der Ortsmühle Michael Strek an baarem
Gelde 40 f[lorin] M.M. [d.i. Konventionsmünze; Anm.
R.M.]. […]
383
Die alte Straße ging vom Orte
Grammatneusidl im Thale herunter u[nd] hart neben den Moosbrunner Weingartäckern fort. Dieß hatte zur Folge daß im Winter der Hohlweg und der Weg neben den Weingartäckern mit Schnee verwehet war
und des Fuhrwerk über die Acker ging. Um diesem Uibelstande ausweichen wurde sie gleich außer
Neusidl auf die Höhe und dann auf mehrere Weingartäcker angelegt. Die Weingartäcker verlohren dadurch bey ¾ Joch Ackerland.
[…]
Kleinkinderbewahranstalt zu
Grammatneusidl
Laut k[aiserlich] k[öniglichem] Kreisamts Decret vom 29. März Z[a]hl 6202/207 beantragt Franz Gutherz Hofrichter des
Wiener metropolitan Domkapitels u[nd] Oberbeamter der
Herrschaft Grammatneusidl im Namen des
Hermann Todesco die Errichtung einer Kinderbewahranstalt für Grammatneusidl.
384
Uiber diesen Antrag wurde
am 11 April eine Kreisämtliche Commission in
Grammatneusidl abgehalten
mit Zuziehung des hochw[ürdigen] Herrn Dechant u[nd] des Pfarrers [d.i.
Anton Schallerl; Anm.
R.M.]. Gutherz wollte das Gebäude auf die
Ortsschule
hinauf, oder an das Schulhaus anbauen dort wo jetzt die Wohnung des
Schullehrers [d.i.
Joseph Huemann;
Anm.
R.M.] ist, behauptend, daß beide Schulen miteinander verbunden seyn müssen, u[nd] können, und daß durch die Errichtung der Kinderbewahranstalt ihr Schuldienst bedeutend verbessert werden würde.
Die Bewahranstalt sollte für arme Kinder, sowohl von der
Fabrik als auch von
Grammatneusidl, Moosbrunn und Ebergassing errichtet werden.
Der Gemeindevorstand bath, daß sie für alle kleinen Kinder ohne Ausnahme stattfinden sollte, worauf Herr Gutherz erwiederte, daß er dazu keinen Auftrag habe.
Der hochw[ürdige] Herr Dechant und Pfarrer gaben sonst nichts zu Protocoll, als daß der
Schullehrer nicht gezwungen werde, den Dienst zu übernehmen. (Mündlich ersuchte der Pfarrer den Herrn Kreiszeichner Kammerer Sorge zu tragen daß das Schulhaus nicht
verbauet werde.) Herr Gutherz ließ gegen den Schullehrer vernehmen daß er jährlich Sechszig Gulden als Gehalt erhalten wird.
Hierauf wurde das Gebäude mit Bewilligung des k.k. [Kreisamtes] dorthin gebaut, wo es gegenwärtig steht u[nd] mit Ende September vollendet.
Am 2 September erhielt die Pfarre vom hochw[ürdigen] Decanate den Auftrag, mit der
Herrschaft Grammatneusidl gemeinschaftlich über die Herstellung der Kinderbewahranstalt,
über die Errichtung des
Stiftbriefes, über die Sicherstellung der von Stifter übernommenen Verbindlichkeiten, u[nd] über die Eröffnung u[nd] den Fortgang der Anstalt sobald als möglich Bericht zu erstatten.
Die Herrschaft erhielt den nähmlichen Auftrag. (war aber mit Ende Feber 1845 noch nichts geschehen.)
Am 23 November starb Herr
Hermann Todesko.
Am 14 Dezember wurden einige kleine Käufe eingestellt.
Der Garten wurde gekauft von Joseph Fischer Mitnachbar zu
Neusidl
nro. 9 [heute
Oberortsstraße 20;
Anm.
R.M.]
um 80 f[lorin] M.M. [d.i. Konventionsmünze; Anm.
R.M.]. (wohlfeil) Das Gebäude steht auf dem Wiesgrunde des Nachbarhauses
nro. 23
[heute
Bahnstraße 13;
Anm.
R.M.] Ignaz Weber. Die □ Klafter [d.s. Quadratklafter;
Anm.
R.M.] hielt er hart um 2 f 30 [Kreuzer] und wurde ihm auch bezahlet. (Theuer) und der vom Gebäude fortlaufende Garten gehörte auch noch zu Wiese.

Seite
385:
[1844]
Grammatneusidl am 1 Jänner tratt Herr Franz Sales Lößl Verwalter von Ebergassing sein Amt quartalis zu Grammatneusidl
an. Erhält jährlich 200 f[lorin] M.M. [d.i. Konventionsmünze;
Anm.
R.M.] Salair, davon gibt er jährlich 40
oder 50 f M.M. dem Justitiar, nämlich dem Syndikus von Himberg, der dieß Amt versieht, da Herr Lößl nicht dazu berechtigt ist.
[…]
Todesco Hermann starb am 23 November 1844. Seine Erben gaben das Vermögen auf 3,000,000 an. Die Wienerzeitung vom 17. Jänner
nro. 17 1845 enthält einen
Nekrolog des verst[orbenen] Juden Todesco, worin folgendes vorkömmt: »Hermann Todesco, k[aiserlich] k[öniglicher] privilegirter Großhändler, Director der Wien–Gloggnitzer Eisenbahn, Vertreter der israelitischen Gemeinde in Wien etc. etc. In Marienthal wo sich seine
Fabrick befindet, hat er für die
Gemeinde daselbst und die Umgebung, gleichfalls eine
Schule und
Kleinkinderbewahranstalt errichtet.« [Franz] Gutherz ist Testamentsvollstrecker.
Gemeinde Neusidl erhielt Moratorium 2500 f[lorin].

Seite
388
bis 389:
[1845]
Durchschnitt durch die
Grammatneusidler Kirchenwiese pag[ina] 346.
Da Herr Philipp Haas Mühlbesitzer von der Erlaubniß eine neue Fabrick zu erbauen keinen Gebrauch machte bis zum Jahre 1845 so erlosch diese Erlaubniß. Deßen ungeachtet, ließ er im Sommer 1845 den Platz zur neuen Fabricke abstecken, die Grundfeste
ausgraben, einen neuen Kanal graben, und um den Durchschnitt tiefer graben zu können, ließ er die
Fischa auf die Kirchenwiese leiten, welche zum Theil schon gemähet war. Dadurch wurde die Wie der größte Theil des Heues ver
weggeschwemmt, das übrige so wie die Wiese selbst verschlämmt. Er that dieß alles eigenmächtig, ohne Jemanden darum zu begrüßen. Zugleich ging für die Wassergewerke vieles Wasser verlohren, wodurch auch diese in beträchtlichen Schaden geriethen. Kirchenvorsteher, An alle Anrainer, und das
Müllerhandwerk führte Beschwerde beim k[aiserlich] k[öniglichen] Kreisamt gegen die Gewalt, welches für den 9 August eine Kreis kreisämtliche Kommission zu
Mitterndorf [an der Fischa;
Anm.
R.M.] wegen Vertiefung des
Fischadurchschnittes
anordnete. Allgemein kan gab man seinen Unwillen gegen diese Gewaltthat zu erkennen, forderte Einlassung der
Fischa in den 1832 gezogenen Durchschnitt, u[nd] die Kirchenvorst Entschädigung des Pachtnehmers der
Kirchenwiese, u[nd] verweigerten die Anrainer die Tieferlegung, weil dadurch die Grundstücke nicht nur an Quantitat, der Erbrüche wegen, welche schon die 4 Schuhe tiefe Grabung verursachten sondern auch an Qualitat verlieren müßten, indem sie zu trocken gelegt würden. Nur mit
[389]
sehr vieler Mühe konnte es Herrn Haas begreiflich gemacht werd
und er bewogen werden den Pachtnehmer 50 f[lorin] M.M. [d.i. Konventionsmünze;
Anm.
R.M.] Ersatz zu leisten, und die
Fischa
wieder in den Durchschnitt einzulassen, bis des tieferen Stiches wegen eine neuer neue Kommission würde abgehalten werden.
Unterm 20 7ten Dezember 1845 ersuchte die Herrschaft Säub
Seibersdorf noch den Herrn Haas um eine Zusammentrettung aller Anrainer
auf den 20 Dezember zu einer gütlichen Ausgleichung an. Dabey erschienen
der Pfarrer [d.i.
Anton Schallerl;
Anm.
R.M.], der Vogtey-Commissar der Oberkirchenvater, die
Gemeinde von Grammatneusidl im Ausschuße mit ihrem Verwalter etc. etc. Die Anrainer insgesamt gaben in keiner Rücksicht die Tieferlegung des Durchschnittes zu.
Da die Gemeinde die
Grammatneusidl die Kirchenwiese immer wie ihr Eigenthum behandelten, und nur soviel Pacht gaben, als ihr gerade beliebig war, auch nicht zu erwarten stand, daß sie soviel ge Pacht geben werde, als die Wiese wirklich
werth sey ist, und da ferner, wenn Haas wirklich tiefer graben darf, beständigen Reibungen nicht auszuweichen seyn wird, und da noch weiters durch die Tiefergrabung die Wiese sowohl an Quantitat als auch Qualitat einen immer größeren Schaden erleiden müßte, somit also auch die Kirche, – so
trugen die drey Kirchenvorsteher dem Philipp Haas die Kirchenwiesen zum Verkaufe an, wenn es die hohe Regierung bewilligen würde.

Seite
390:
[1845]
Grammatneusidl
Kleinkinderbewahranstalt Unterm 22 April wurde der
Stiftsbrief-Entwurf der Pfarre mit der Weisung übergeben darüber die allenfälligen Bemerkungen mitzutheilen oder zu unterfertigen. Am 6 May die Beistimmung an die
Herrschaft Gr[ammatneu]sidl eingesendet. Am 14 May
bestellte der Hofrichter [Franz] Gutherz eine ledige Person als Wärterin mit Namen Pumperl [recte Anna Bumberle;
Anm.
R.M.], seitdem wird die Anstalt von kleinen Kindern besucht.

Seite
391:
[1845]
Eisenbahn. wurde am 22 May angefangen den Damm zu legen bis an die
Fischa war der aus der Schottergrube unter
Grammatneusidl links von der Straße mit vielen
tausend Fuhren aufgeführt.
Die Direction bezahlte für die
□ Klafter [d.s. Quadratklafter; Anm.
R.M.]
von den Krautgärten 1 f[lorin]
15 kr[euzer] M.M. [d.i. Konventionsmünze;
Anm.
R.M.].
für die Schottergrube je □ Klafter.
Die Brücke bei der
Kibitzmühle
ruht auf 240 St[ück] Bürsten, auf welchen Roste liegen. 7 Schuh beiläufig fand man Sandgrund. Bis Weihnachten war diese u[nd] die ganze Brücken über
die
Fischa außer dem Grunde heraus. Es wurde Tag u[nd] Nacht gearbeitet.
Im Sommer wurde das Arbeitsgebäude der
Fabrik um 12 Fenster u[nd] das Wohngebäude um 7 Fenster verlängert.
Im Herbst kaufte Totesco
[d.i.
Max Todesco;
Anm.
R.M.] vom Franz Löffler die
Ladenmühle
ab um 70,000 f[lorin] M.M. [d.i. Konventionsmünze;
Anm.
R.M.]. Franz Löffler kaufte 1840 die Rothmühle zu Rannersdorf [heute zu Schwechat;
Anm.
R.M.], u[nd] gab die
Ladenmühle seinem Bruder Valentin bis Ende 1845. in Pacht.

Seite
392:
[1846]
Zu
Grammatneusidl wurde bei der
Fabrik die von ihr von Stein gebaute und mit starken Archbaumenen
Bäumen [d.s. Bäume aus Eichenholz; Anm.
R.M.] belegte neue Brücke am 12 Jänner eröffnet.

Seite
396 bis 397:
[1846]
Am 3ten Juny fand der Eisenbahnwächter des Häuschens, welches nach Velm gehört in der früh ein in schlechte Lumpen eingewickeltes neugebohrenes gesundes Kind. Er brachte es zur Herrschaft Velm. Da man die Mutter nicht ausfindig machen, und
überhaupt keine Spur einer vorgefallenen Geburt im Orte selbst finden konnte, so wurde das Kind am 5ten Juny als Findelfund gesendet.
[…]
July am 20 der erste Eisenbahn Train mit Materialien von Wien nach
Grammatneusidl gefahren.
[…]
Am 4. Nachmittags starkes Donnerwetter mit Platzregen. 10ten ganzen Tag starken Regen. 19 in der Nacht, 20 mit hartem Donnerwetter den ganzen Tag Samstag den 22 bis Sonntag früh 23 schwerer anhaltender Regen. Sonntags den 23 Abends die ganze
Nacht, den 24 Tag und Nacht bis Dienstag den 25 früh furchtbarer Regen mit wie
[397]
Wolkenbruch. Die
Fischa brach bei Eggendorf [Niederösterreich;
Anm.
R.M.] der Damm durch und ergoß sich in die Fischa, verursachte eine
ungeheure Uiberschwemmung, wie seit 1813 noch keine war, u[nd] macht man glaubt, dass d sie noch größer war als jene von 1813. Die ganze niedere Umgebung stand unter Wasser. Die Kommunikation mit
Mitterndorf [an der Fischa;
Anm.
R.M.], Schranawand [zu Ebreichsdorf, Niederösterreich;
Anm.
R.M.],
und Unterwaltersdorf [zu Ebreichsdorf;
Anm.
R.M.] war unterbrochen wenigstens zu Fuß durch beinahe 3 Wochen. Erdäpfel, Kraut Grummet und auch noch Heu großer Schaden.

Seite
399
bis 402:
[1846]
Grammatneusidl 8 August legte eine Teichgräber Arbeiterin ihr Kind weg bei der Eisenbahn ihr Kind außerhalb Grammatneusidls weg. Sie wurde aber entdeckt. Das Kind war gesund, wurde am 8 August in der Pfarre [Moosbrunn;
Anm.
R.M.] getauft, heißt Franz Borgia [recte Borja;
Anm.
R.M.] Schönböck und die Mutter Agnes. Wurde in Criminaluntersuchung gezogen.
Da der Altar sammt Tomba, Bild-Tabernakul-Thürl in einem traurigen Zustand sich befand, so ließ man vom Historienmahler u[nd] Portraitmahler [Johann] Ziegler in Wien einen Uiberschlag für ein neues Bild u[nd] Tabernakul Thürl
anfertigen. Er verlangte 390 f[lorin] C[onventions] M[ünze] dies Jahr Landesstelle bewilligte mit Dekret vom 3ten May 1846 Z[ahl] 25006 Kreisämliches Intimat 1846 Z 9/9228/544 349 f M.M. [d.i. Konventionsmünze;
Anm.
R.M.] mit dem Auftrag entweder mit dem Uibertragsteller oder einem andrn erprobten Künster [!] zu accordiren gegen Haftungsdauer u[nd]
10 % Caution.
Unterm 10 Juny wurde mit Herrn Ziegler accordirt, daß er nicht nur das Tabernakel-Thürl u[nd] das Altarbild sondern den ganzen Altar so herstellen wolle daß das Ganze in guten Einklang steht, um die bewilligten 340 f. M.M. Unvorgesehene Umstände
verhinderten, daß der Hochaltar und die Thomba im Jahre 1846 nicht vollendet sondern nur grundirt wurden werden konnten. Am heiligen Weihnachtfeste wurde das neue Tabernakelthürl eingehängt.
Im Monathe May am 10 1847 wurde das neue nebst der neu vergoldeten Rahmen neue Altarbild der h[eiligen] Apostel Peter u[nd] Paul von Zigler [!] gemahlet nebst den neu vergoldeten Rahmen vom Mahler Ziegler aufgemacht und hinter demselben 1 Schuh
entfernt eine hölzerne Wand, um es vor Feuchte zu schützen, und dasselbe am 20 May bei Gelegenheit der Schulvisitation von Herrn Dechant Amand Mohn von Au [am Leithaberge, Niederösterreich;
Anm.
R.M.] eingeweiht. Der Hochaltar und Tabernakel
marmoriert um 25 f[lorin] Die Statuen und Engeln aus abgeschabet, vom Vergolder Franz Jeschke in
Wien um 50 f M.M.* (welche Kosten der Mahler trug) Das Presbyterion gefärbet um 12 f. Die Lampe versilbert und der
* u[nd] neu gemahlen.
400
Kelch vergoldet um 10 f.
Die Monstranze ebenfalls von der Gemeinde bezahlt um 16 f M.M.
Quaste und Schnur zur Lampe gab Mitnachbar Johann Saifner [recte Seifner;
Anm.
R.M.] nro. 20 [heute Oberortsstraße 15;
Anm.
R.M.] um 5 f 20 kr[euzer]. Die h[eilige] Dreyfaltigkeit am Fries des Hochaltars bezahlte der Mitnachbar Sch Schuch Mathias
nro. 4 [heute Bahnstraße 9;
Anm.
R.M.].
Dem obigen Ma Vergolder um 12 f M.M.
Das Chor mit der Orgel bezahlte die Kirche für das Mahlen mit 14 f mit Oehlfarbe, das Speisegeländer Marmoriren mit Oehlfarbe, und Weihbrauch-Kessel mit 8 f M.M. Für das Vergolden des Kreuzes auf dem Tabernakul 4 f 40.
399
[1846]
Fabrik In diesem Jahre wurde
das neue Wohngebäude auf 40 Wohnpartheyen, auf Säuberstorfer [d.i. Seibersdorfer,
heute
Reisenberg; Anm.
R.M.] Grund, das
neue Fabriksgebäude auf dem Grunde, wo die
Ladenmühle stand erbaut.
Eisenbahn wurde eröffnet feierlich am 12 September,
mit 15 Vaggons mit 500 Gästen u[nd] 2 Locomotiven. Zu der Velmergränze [d.i. Grenze zu Velm;
Anm.
R.M.] ein Triumpfbogen im alterthümlichen Styl in
Grammatneusidl 2 errichtet von der Direction mit
Pöllerschüßen. Es war ein Sonnabend. Am 13 allgemeine Eröffnung.
400
Die ganze feierliche Eröffnung Hin und Zurückfahrt ist beschrieben in der Theaterzeitung
nro. 221 Seite 882 vom 15 September.
Die
Station zu Grammatneusidl ist eine der wichtigsten, daher auch in der Anlage die größte dieser Linie. In dem Flußgebieth der
Fischa liegend, wird sie den Verkehr aller der zahlreichen Fabriken u[nd] Mühlen längs dem Laufe dieses Gewässers an sich ziehen. Sie bildet die Mittelstation der Linie von Wien nach Bruck
[an der Leitha; Anm.
R.M.]. Hier ist daher auch der Wechsel der sich kreuzenden Trains, u[nd] es ist hier das
Polizeikommissariat zur Besichtigung der Pässe der Reisenden stationirt. Unter diesen Verhältnissen ist auch auf dieser
Station die Einrichtung eines Wasserstation-Gebäudes, einer Locomotiven Remise, eines Heitzhauses, für eine
Reserve-Locomotive, eine Reparaturwerkstätte etc etc nöthig geworden, durch welches alles dieser Stationsplatz ein sehr statthaftes Aussehen gewann.
Die Länge der Bahn von der
Personenhalle in Wien bis an das Ende des Geleises im Bahnhof zu Bruck
beträgt 21878 Kl[a]fter. Davon 21482 auf oesterreichischem Boden, 393 auf ungarischem. Der Bahnhof zu Bruck steht auf ungarischem Boden
[in
Királyhida (heute Bruckneudorf, Burgenland); Anm.
R.M.], jedoch gehört der
Grund der Stadt Bruck.
Merkwürdig ist, daß von Fürbach [d.i. ein Bach durch Reisenberg;
Anm.
R.M.] nächst
Grammatneusidl eine Linie von mehr als 2 Meilen (8676 Klafter) bis Bruck ist.
Am 7ten Oktober Abends ließen die Ungarn keine Reisenden mehr in den Bahnhof hinein, sondern nur die Locomotive mit den leeren Vaggons. Die Reisenden müßen in Wilfleinsdorf [heute zu Bruck an der Leitha, Niederösterreich;
Anm.
R.M.] absteigen. Im Bahnhof war das Zollamt, und die Zollwache, wo Gepäcke, Waaren für
die Reisenden untersucht wurden. Da wurde auch ein ungarischer Graf Zychy [recte Zichy;
Anm.
R.M.] untersucht, ob er keinen Tabak habe, und Abends wurde gewaltsam die Einfahrt verwehrt. Am 17 März 1847 wurde wieder eröffnet.
401
Vom 13 September bis 8 Dezember gingen täglich vier Personen und vier gemischte Trains von Wien nach Bruck u[nd] von Bruck nach Wien. Allein wegen geringer Anzahl der Personen, hörten vom 18 Dezember die Personen-Trains ganz auf, und gehen täglich nur zwey
gemischte Trains von Wien nach Bruck u[nd] von Bruck nach Wien. Auch gingen an Sonntagen bei günstiger Witterung zwey ein Trains nach Bruck Vormittag um halb 10 Uhr und um halb 7 Uhr Abends zurück. U[nd] am 12 März 1847 wurde auch das Reservelocomotive beseitiget, und mehrere
Arbeitsleute als Schloßer, auch der Portir versetzt.
An Gründen wurden abgegeben. Von Velm 68 Parzellen. 11 Joch 30 □ Kl[a]fter [d.s. Quadratklafter;
Anm.
R.M.] Acker 9 □ Kl[a]fter
Weide, zusammen 11 J[och] 389 [recte 39;
Anm.
R.M.]
□ Kl[a]fter u[nd] erhielten dafür 4574 f[lorin]
25 kr[euzer] M.M. [d.i. Konventionsmünze; Anm.
R.M.]
Von
Grammatneusidl 119 Parzellen. 12 Joch 1392 □ Kl[a]fter Acker.
Kraut oder Gemüsegarten 1 Joch 1081 □ K[la]ft[er]
754 □ K[la]ft[er]
Wiese. 1 J[och] 668 □ K[la]ft[er] Weide
zusammen 16.692
erhielten 8383 f 15 kr M.M.
Von Wien bis Bruck 1898 Parzellen. 294 Joch IIII □ Kl[a]fter Grund. 142,509 f 47 M.M. (laut Cultur-Ausweis sämmtliche Gründe der Wiener-Brucker Trace)
Der Jahresbericht der Gesellschaft am Ende März 1847 besagt:
Die Gesellschaft hatte mit äußerst nachtheiligen Hemmnißen
zu kämpfen. Ungeachtet diese Bahn schon am 31 July in ihrer ganzen Länge befahren worden ist, so mußte die Eröffnung derselben, wegen der erst 14 August erfloßenen hohen Hofkanzley-Bewilligung,
u[nd] die darauf eingetrettenen außerordentlichen
Uiberschwemmung der Brucker Umgebung durch die Wildwasser der Leytha [d.i. Leitha;
Anm.
R.M.] bis zum 13 September 1846 verschoben werden.
Das Wieselburger Comitat [heute Komitat Győr-Moson-Sopron, Ungarn, sowie Teile in Österreich und der Slowakei;
Anm.
R.M.] erhob keinen Anstand gegen die Gesellschaft bezüglich der Verwendung des in ungarischen Gebiethe liegenden Brucker-Bahnhofes u[nd] der
Fahrten. Allein am 5. Oktober rief ein von der General-Congregation gefaßter Beschluß Schwierigkeiten hervor, welcher die Zollbehandlung am Brucker Bahnhof unmöglich machte. Von der h[ohen] Landesstelle wurde die Gesellschaft in Kenntniß gesetzet, daß unter solchen Verhältnißen die Fahrten auf der
Wiener-Brucker Eisenbahn eingestellt werden müssten. Die Lage der Gesellschaft war um so peinlicher, weil von der störenden Austragung dieser Angeleggenheit eine Abhülfe nicht gehofft werden konnte. Die hohe Regierung erlaubte zwar die Fahrt jedoch nur bis Bruck, die ungarische Zwischenzoll Linie in
Bruck aber durfte nicht überschritten werden. Wir waren somit von unserm
[402]
Endbahnhof abgeschnitten und gezwungen, trotz des herannahenden Winters den Aufnahmsplatz nach dem zunächstgelegenen oest[erreichischen] Wächterhause unter freiem Himmel zu verlegen.
Die Weiterführung der Bahn bis Raab [heute Győr, Ungarn;
Anm.
R.M.], Stuhlweißenburg [heute Székesfehérvár, Ungarn;
Anm.
R.M.] und Essek [d.i. Eszék / Essegg, Ungarn, heute Osijek, Kroatien;
Anm.
R.M.] ist von Seite der königlichen ungarischen Staathalterei im Februar 1846 bewilliget allein die
allerhöchste Bewilligung war am Ende März 1847 noch nicht herabgelangt. Die Gesellschaft soll monatlich 2000 f C[onventions] M[ünze] zusetzen müssen.
Ferner geht die Sage, daß die Fortsetzung so lange nicht erlaubt wird, bis nicht die ungarische Centralbahn am linken Donauufer hergestellt seyn wird, und die Ursache dieses Verbothes soll seyn: »Es haben viele große ungarische Cavaliere, insbesonder Graf
Sandor [d.i. gróf Moric Sándor von Slavnicza (1805–1878);
Anm.
R.M.] der Schwiegersohn des Fürsten [Klemens Wenzel Lothar] Metternich bedeutende Actien bey der Central am linken Donauufer einliegen, um diese also vor Schaden zu wahren, darf die Bruckerbahn nicht weiter geführt werden.[«]

Seite
404:
Einige Nachbarn hatten im Herbst Amerikanischen Waitz gebaut nämlich im Herbst 1846, er ging aber nicht aller auf, das Klima hier scheint ihm nicht tauglich. Er machte wohl große Aehren und große Körner, diese aber waren dickbalkig, und die Müller lobten
das Mehl nicht.

Seite
405
bis 406:
[1848]
12 Jänner Fuhrwesen Corps mit einem Lieutenant Johann Nep[omuk]
Alger hier [d.i. Moosbrunn;
Anm.
R.M.], Velm u[nd]
Grammatneusidl einquartirt. Da Aufruhr-Rotten am 14 März in der Gegend von Wien u[nd] auch Himberg [406]
die Maschinen in den Kottondruck-Fabricken zerstörten (in Himberg Nachmittags um 3 Uhr, sie ließen ihre Ankunft in der Früh ansagen) so ließ der Offizier im Einverständniße mit der Gemeinde die Mannschaft von Velm Wienerherberg Ebergassing
Grammatneusidl
hierher zusammenziehend u[nd] zwar am 15 Abends. Zum allenfalles nöthigen Schutz. Auch der Pfarrhof nahm Mann. Sie mußten aber am 18 März früh nach Wien abmarschiren. Als am 20 März Ordnung u[nd] Sicherheit hergestellt war, so rückten sie zu Mittag hier wieder ein, aber am 31 März wieder nach Wien
zurück.

Seite
407
bis 408:
Bis Ende 1848 sollte der
Zehent gegeben, Robboth geleistet werden. Der Pfarrer hatte gegründete
Ursache zu glauben, daß auch die Gemeinde Moosbrunn den Zehent geben
werde. Doch am 4 July als die höchste Zeit zum Einführen da war,
berichtete der Richter, daß sie [d.i. die Gemeinde; Anm.
R.M.] nicht mehr geben werde als die sechzehnte
Garbe, und wollte man sich damit nicht begnügen, so würde sie gar keinen
Zehent herabreichen. Es herrschte im ganzen Lande eine obwohl unblutige
Anarchie. Es bestand wohl eine Obrigkeit, aber sie konnte und durfte ihr
Amt nicht ausüben, u[nd] somit mußte man zugreifen, um doch etwas zu
haben.
408
An andern Orten ging es viel ärger zu, besonders in Gebirgsgegenden. Viele Gemeinden gaben gar keinen Zehent.
Manche 20, 35 50 kr[euzer] ½1 f[lorin] 30 M.M. [d.i. Konventionsmünze;
Anm.
R.M.] zu hoch, manche den halben Zehent. Robboth wurde überall verweigert.
Jene, welche den ganzen Zehent leisten wollten, wurden hart bedrohet. Der Wahrheit zur Steuerung muß man es sagen, die meisten Moosbrunner wollten ihn geben, nur acht Bauern waren ganz besonders dagegen, und bedrohten die übrigen hart, ein Bauer nannte alle jene Schurken, welche ihrer Pflicht
nachkommen würden, und so gaben die Uibrigen nach. – ? – ? – ?
(Auch die
Grammatneusidler verweigerten ihrer Kirche den naturalzehent u[nd] nur mit harter Mühe konnte den latirten Betrag von 25 f M.M. erhalten.)
Auch den Futter Kräuter Zehent auch die Wegzölle mit 16 f
4 kr gaben sie nicht. Eben so ging es auch mit der Jagdt. Die Jagdpächter mußten hohe Pacht bezahlen, den Jäger erhalten, die Bauern aber nahmen darauf keine Rücksicht, sondern hielten Kreisjagdten
u[nd] auch einzelne u[nd] mit Hunden. Wächter durchstreiften das ganze Land, und die Wirthe in den Vorstädten, wo die Bauern einkehrten, hußten sie auf den Zehent u[nd] Robboth nicht zu leisten.
[…]
8 7ber [d.i. 8. September;
Anm.
R.M.] halbzwey Uhr Nachmittags rückte eine Compagnie von Kaiser Infanterie mit 120 Mann und 3 Offiziere ein, blieben hier über Nach[t] und gingen am 9ten Früh halb 6 Uhr nach Gumpoltskirchen
[d.i. Gumpoldskirchen, Niederösterreich; Anm.
R.M.] wegen Waldfrefel in den Herrschafts Wäldern zu bestrafen und ferneren zu verhindern.
[…]
In der ganzen Gegend Nationalgarden errichtet in den 3 Gemeinden der Pfarre [d.s. Moosbrunn,
Gramatneusiedl und Velm; Anm.
R.M.] keine.

Seite
409
bis 410:
Wien u[nd] Ungarn in Belagerungsstand erklärt. Am 6. Oktober der Kriegsminister [Theodor] Graf [Baillet von] Latour schmächlig ermordet. Die Grenzen abgesperrt also auch der Verkehr. Die Ungarn glaubten und man befürchtete derowegen eine ungewöhnliche
Theuerung.
Am 9. Oktober kamen die
Kroaten unter ihrem Ban Jelaschütz [d.i. Josip grof Jelačić de Bužim;
Anm.
R.M.] mit k[aiserlich] u[nd] k[öniglichen]-monthuren nach Schwadorf, und zogen von da und über Ebergassing und Himberg vor Wien in langen
Zügen. Am 10ten ging von Wien die Eisenbahn nicht mehr nach Bruck [an der Leitha;
Anm.
R.M.]. In Himberg Lager der Croaten. Hielten teuflische Manneszucht. Die Ungarn schon bei Bruck. Am 10ten verbreitete sich hier ein großer Lärm, daß 70,000 Ungarn unter [Lajos] Kossuth in Fischament [d.i. Fischamend;
Anm.
R.M.] angekommen wären, und Alles was Wegtragen können mit sich nehmen, auch das ander Geschlecht arg behandeln. Daher am 11 u[nd] 12 allgemeine Flucht von Weibern, Kindern und Habseligkeiten in die Gebirge, und Vergrabung der Habseligkeiten. Große Furcht. Indessen bei den Radikalen, die es auch hier
wie überall, besonders unter den
Fabricksleuten, Freude über die Erscheinung der Ungarn. Die Schwarz-gelben (Conservativen) mußten schweigen, wenn sie nicht mißhandelt werden wollten.
Am 11 fingen die
Vorspannen und Lieferungen an Vieh, Salz, Brod Heu, Stroh und auch
Kerzen etc. an, sie waren stark und drückend, besonders was die Vorspann
betrifft. Indessen blieb der Körnerpreis mäßig. Waitz W[iener] W[ährung]
9 f[lorin] 45.
Roggen 6.15
Gerste 4.18
Hafer 3.36
Waitz Schaube 8 f Roggen 12 f. 30.
Futterstroh das Mandl 1 f 9.
Erdäpfel 2 f. Der Wein sehr gut.
Es wurde für die Lieferung ins Lager Vergütung versprochen. Am 18 und 21 hörte man hier und bei der Cholera Kapellen
[in Moosbrunn; Anm.
R.M.] eine furchtbare Kanonade, selbst Kleingewehrfeuer von Wien her. Am Abend der Himmel blutig roth vom Brand in Wien. Am 29. kommen die Ungarn
nach Wienerherberg, Rauchenwart bis Ebergassing. 30. Mittags Schlacht gegen sie, furchtbare Canonade war hier zu hören bis Abends. Von 30 bis 31 früh wilde Flucht derselben. Sie berührten aber nicht Moosbrunn u[nd]
Grammatneusidl. 31. Wien mit heftiger Canonade eingenommen. Von allen Waffengattungen
wurde hier u[nd] in der Umgegend requirirt.
410
31 Abends 4 Uhr hier Einquartirung bey 250 Mann leichte Dragoner von [Karl] Baron Kreß [von Kressenstein]. Stab in
Grammatneusidl, Feldpater lag bei Johann Biberhofer Nro. 32 [heute Oberortsstraße 24;
Anm.
R.M.]. Er hieß Georg Roschitz, Weltpriester der
Zengger Diözese [Ungarn; heute Senj, Kroatien; Anm.
R.M.]. Die Offiziere speiseten, nehmlich die in
Neusidl lagen, in der
Fabrick, kamen aber aus Umgegend viele noch dahin. Auch in Velm starke Einquartirung
lauter Cavallerie.
Dezember 11ten nach Moosbrunn 190 Mann Dragoner vom Fiquelmont [d.i. Karl Ludwig Graf Ficquelmont;
Anm.
R.M.] Regiment. Im Pfarrhof lag einquartirt Herr Oberstwachtmeister Petitsch, gebürtig von Oedenburg [heute Sopron,
Ungarn; Anm.
R.M.] mit 4 Mann und 6 Pferd u[nd] einer Kalesche. Am 13. Abend 8 kam noch ein Batterie Geschütz hier an mit Bespannung endlich am 14. ½7 Uhr alles nach Ungarn abmarschirte aus allen 3 Gemeinden. Zum Glück die Felder von Schnee frei und trocken, auch nicht kalt, so konnte das Vieh auf die
Saaten getrieben werden, bei der Nacht mußte es in Scheuern u[nd] Schuppen stehen, und viel Kälte leiden während die Militar P[f]erde in den Ställen standen. Großer Futterstrohmangel da das Militar sehr viel für ihre Pferde verbrauchte u[nd] alles hernahm was es nur fand, da war also der Umstand, daß
die Saaten offen u[nd] trocken lagen u[nd] es beim Tage nicht kalt war, ein wahres Glück.

Seite
412
bis 413:
[1849]
Am 26 August Anfang der Cholera in der
Fabrick.
Franz Grießmüller Mitnachbar zu
Grammatneusidl Nro. 31 [heute Oberortsstraße 26;
Anm.
R.M.] und seine Ehewirthin Theresia (gestorben am
10 Juny) haben der
Filialkirche zu Grammatneusidl eine
ganz neue Glocke verehrt. Es hat sie gegossen der k[aiserlich] k[önigliche] Hof und bürgerliche Glockengüßer zu W[iener] Neustadt Ignaz Hilzer. Sie wiegt 6 Zentner
20 Pf[und]. Das Pf zu 45 f[lorin] M.M. [d.i. Konventionsmünze;
Anm.
R.M.]
Am 2ten 7ber [d.i.
2. September; Anm.
R.M.] am Feste der heiligen Schutzengeln wurde diese Glocke auf freiem Platze vor dem Sakrystey Fenster feierlich eingeweiht, vom Herrn Bezirks Dechant
[413]
Ignatz Wenzel, der eine herrliche Anrede hielt, unter Assistirung des Hochw[ürdigen] Herrn Dechant [Franz] Treiber von Himberg, des Herrn Pfarrer von
Mitterndorf [an der Fischa;
Anm.
R.M.], des Herrn Josef Hollubeck zu Velm und der beeden Pfarrgeistlichen,
nach der Weihe und glücklichen vollendeten Aufziehung der Glocke hielt Herr Treiber ein feierliches Hochamt daselbst. Der Wohlthäter gab im
Gasthaus ein Mittagsmahl in 3 Zimmern, welches 100 f. M.M. kostete.

Seite
415:
[1849]
In Moosbrunn 3 an der Cholera 2 davon mit derselben zugereiset. In Velm. Eine an der Cholera. […].
Grammatneusidl […]. Die Cholera ausgebrochen in der
Fabrick
Ende August
Im Orte sterben an der Cholera |
2 |
In der Fabrick |
Neugeb[äude] |
28 |
|
Alt– |
13 |
|
|
41 |
Summa 43. |

Seite
417:
[1850]
Die katholischen
Fabricksarbeiter zu
Grammatneusidl haben für ihr
Krankenzimmer ein Kreutz mit Christusbild angekauft. Sie haben es am 11 Sonntag nach Pfingsten 4 August in Prozession nach Grammatneusidl in die
Kirche getragen ich habe ihnen eine Andacht
gehalten, das Crucifix eingesegnet u[nd] darnach ein heiliges Hochamt gehalten.

Einträge von
Josef Knell (1795–1878)
Seite
422:
Einrichtung eines Friedhofes in
Grammatneusidl
Indem im Jahre
1855 die Cholera in
Gramat Neusiedl ausbrach und Viele davon ein Opfer wurden, wurde von Seite der Sanitätsanstalt eine Kommission abgehalten und wurde
für nothwendig erachtet wegen zu weiter Entfernung des Pfarrefriedhofes
[in Moosbrunn; Anm.
R.M.], und zugleich wegen seiner nicht hinlänglichen Größe, einen eigenen
Friedhof in dem Filial
Gramat Neusiedl zu errichten, welcher auch wirklich im Jahre 1856 ins Leben tratt. Am 13ten July 1856 wurde dieser Friedhof von
dem Hochwürdigen Herrn Dechant Johann Bauer unter in Assistenz mehrerer Priester in Begleitung vieler weißgekleideter Jungfrauen wovon die größeren Jungfrauen das himmlische von Gußeisen verfertigte, und
feuervergoldete
Friedhofkreuz auf einer Bahr in Friedhof trugen, feyerlich aufgerichtet, und eingeweiht wurde.

Seite
425
bis 426:
Am 28ten Juli 1861 (das war Sonntags[)] um ½3 Uhr Nachmittags entstand ein ungeheurer Sturm, der den auf dem Felde befindlichen Schnitter als Sabbathsschänder nach Haus jagte. Am 3ten August das war Samstag war Nachmittag der zweite
Sturm, der mehrere Wegen mit Früchten beladen, umstürzte. Diese ungeheuer verheerenden Stürme die die schon größtentheils gemähte Frucht auf den Aeckern zerwarf, und sogar Vieles fortfegete, war die drängende Ursache, daß die Menschen ihre Feldfrucht, Weizen, Korn und Gerste durch maßlose Thätigkeit
in ihre Scheunen brachten. Am 9ten August das ist Freytags war der dritte Sturm, und das war für die Gemeinde Moosbrunn der Feuersturm. Es brach um 11 Uhr Mittags in den Häuseln ein Brand aus, der wegen des wüthenden Sturm Moosbrunn ganz einäscherte. Ich war gerade in der Erfüllung meiner
Amtspflichten in der
Fabriksschule zu Marienthal, wo ein Kind die Schulthüre eröffnete, und mich zu Moosbrunn entließ. Ich eilte nach Hause, und fand bei meiner Ankunft, gerade eine Scheuer, die von Fechsung ganz voll war, in dem
schrecklichsten Feuerroth.
[426]
Ich konnte mein Haus nicht mehr betreten, und musste in der Ferne am Feld bis um 3 Uhr verbleiben. Ein jammervoller und verzweiflungsvoller Anblick. Wegen des heftigen Sturms war keine menschliche Hilfe anwendbar. Die vielen Feuer Spritzen waren umsonst,
und alles musste nun von weitem stehen bleiben, darum war im ganzen Orte kein Haus, was nicht das Feuer ergriff, alle Gebäude, die Schul, Pfarrhof, Kirche, Gemeinde Wirthshaus, welches sogar mit Blech gedeckt war, Alles war vom Feuer zerstört. Der Schaden belief sich auf eine halbe Million. Nichts
blieb verschont; alle Pfarrhofgebäude mit Ausnahme des Wohngebäudes sind lichterloh ausgebrannt. Alle Wirthschaftsgeräthe, Wägen etz. sind eine Beute der Flammen geworden. Diese wehrlose Flamme hat die meisten Häuser leicht ausgebrannt.
Josef Knell Pfarrer den 9ten August 1861.

Seite
430:
[1866]
[…] ein zweites Uebel: den Krieg mit den Preußen, der für Oesterreich ein Schandfleck ist, der schwerlich mehr kann getilgt werden. […] Eine
unerhörte Schande für Oesterreich. Eine Mücke siegte über einen Elephanten.
Schande, ewige, die in keiner Geschichte Bericht aufgefunden werden
kann.

Seite
431:
Drittes Uebl als Finale des Jahres 1866 war die Cholera mit den September in der Pfarre [Moosbrunn;
Anm.
R.M.] ausgebrochen, und bis zum 16ten Oktober gegen 80 Personen das Leben raubte, und die meisten Tage gegen ihr Ende 4, 5 und 6 Leichen waren,
und meistens in der
Fabrick zu Marienthal wüthete. Viele, die Morgens noch gesund in die in die [!] Arbeit giengen, mußten, die auf Mittag nach Haus zum Mittagmahl giengen, wurden gegen Abend eine Leiche.
Furcht und Zittern erregte dieses Pestübel, wegen dem plötzlichen Ende. Ja, im Jahre 1866 waren 177 Leichen.

Einträge von
Johann
Scheller (1840–1900)
Seite
441
bis 443:
1870
Filialkirche
Grammatneusiedl.
Traurig aber wahr, daß die
Kirche zu Grammatneusiedl im Innern u[nd] Außern eher einem anderen Locale, als einer Kirche gleicht. Von Außen ist das Mauerwerk fast ganz abgefallen u[nd] die Weiße ist in Schwarz verwandelt. Das Kirchendach allseitig bewachsen von Moos, die
Schindeln größtenteils verfault, das ganze Dach löcherig, so daß die Näße, der Regen durch Dach u[nd] Gewölbe im Kirchengewölbe zum Vorschein kommt u[nd] hie u[nd] da große Flächen von Näße nun nicht verschwinden. Im Innern standig das Mauerwerk im argen Zustande. Die Mauer großenteils von der Näße
abgefallen u[nd] abgeschunden, Alles voll Staub u[nd] Spinnerweben, die Fenster von Schmutz undurchsichtig. Mit Einem Worte wer halbwegs etwas besseres gesehen, der fühlt sich in dieser Kirche förmlich unheimlich. Die Bilder, Altäre, Meßkleider suchen vergebens ihresgleichen.
Was nun anfangen? Die Kirche arm wie eine Kirchenmaus, Wohlthäter sind selbst mit einer Diogeneslaterne nicht zu finden.
442
An einem Sonntage während der Osterzeit hielt ich
nach vorhergegangener Predigt eine Ansprache an die Andächtigen, schilderte ihnen den traurigen Zustand der Kirche, u[nd] alles dessen was zur Kirche gehört u.s.w. u[nd] die Armut der Kirche, die sich selbst
nicht helfen kann, wenn nicht durch milde Gaben u[nd] Wohlthäter ihr geholfen wird. Da nun die Gemeinde, wie ich mehrseitig erfuhr auch eine große Kirchenfahne haben wollte u[nd] für Neuanschaffung gerne etwas besteuern wollte, so versprach ich heute nachmittags mit einem Kirchenvater von Haus zu Haus
zu gehen u[nd] Gaben sowohl zur Renovirung im Innern der Kirche, als auch zur Beischaffung einer großen Kirchenfahne einzusammeln. Obwohl ich an selben Tage leidend, u[nd] vom Fieber geplagt war, so unterzog ich mich dennoch dieser Last, u[nd]
vergaß alle Schmerzen ob des schönen Resultates bei der Sammlung. Wir
brachten bei 160 Fl[orin] zusammen.
Ich fuhr nach Wien u[nd] bestellte einen großen Kirchenfahn. Ein wahres Prachtstück von rother Seide, mit 6 Quasten, in Mitte der Bahn das Bild u[nd] z[war] an der Vorderseite das Bild des »hl. Petrus u[nd] Paulus« als die Kirchenpatrone auf der andren
Seite die »unbefleckte Empfängnis Mariä« u[nd] obenauf in Goldschrift das Jahr 1870. Diese Kirchenfahne wurde bei der kanonischen Visitation durch den Hochw[ürdigen] Herrn Dechant Josef Faitsch feierlich eingeweiht.
Mit dem von der Fahne noch erübrigte Geld wozu aus der Gemeindekassa das Mangelnde ersetzt wurde, wurde die Kirche im Innern renovirt u[nd] z[war] das Gewölbe oberhalb des Hochaltars wurde himmelblau gefärbt u[nd] mit goldgeben Sternen besät u[nd] der
übrige Theil gefärbelt, das Gewölbe hie u[nd] da mit blauen Risetten versehen. Die Altäre rein abgewaschen, desgleichen die Stühle sämtliche Fenster u[nd] Thüren, so daß dieß Kirchlein im Innern recht nett anzuschauen war. Eine Wohlthäterin aus Mariental ließ an den
[443]
2 kleinen Seitenaltären die Vorderfront marmoriren u[nd] zwei andere Wohlthäter spendeten je ein Bild zur Kirche. Bis vor den hohen Pfingstfeiertagen war das Innere der Kirche wie umgestaltet u[nd] lieblich zu sehen. Die ganze Gemeinde ergötzte sich nun an
der Schönheit. Wie man’s anpackt, so geht’s.
© Reinhard Müller
Stand: Juni 2010
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