Sofie
Lazarsfeld
geborene Munk
geb. Troppau, Österreichisch-Schlesien (heute Opava, Tschechische
Republik), am 26. Mai 1881 (fälschlich 1882)
gest. New York
City, New York, am 24. September 1976
Individualpsychologin und Schriftstellerin
Sofie Munks Vater
starb, als sie vier Jahre alt war, weshalb sie dann bei ihrer Mutter,
einer geborenen Böhm, in Schlesien aufwuchs.
Sofie Munk übersiedelte
Ende der 1890er Jahre nach Wien, wo sie den Wiener Rechtsanwalt Robert Lazarsfeld (1871–1940) heiratete. Dieser betätigte sich auch – teilweise
unter dem Pseudonym »Robert Larsfeld« – als Schriftsteller (siehe
Publikationen unten). Aus der Ehe stammen zwei Kinder:
Paul Felix Lazarsfeld (1901–1976), Soziologe, und Elisabeth Henriette Lazarsfeld, verheiratete Zerner (1903–1983), die auch an der »Österreichischen
Wirtschaftspsychologischen Forschungsstelle« mitarbeitete,
später Übersetzerin; sie heiratete 1925 den Physiker »Fritz« Friedrich
(später Frédéric) Zerner (1895–1951).
Der Haushalt Lazarsfeld
war ein bekannter Treffpunkt österreichischer Sozialisten. Bereits 1915
hatte sie Helene Bauer, geborene Gumplowicz (1871–1942),
kennen gelernt, die sie politisch stark beeinflusste und mit der sie
eine enge Freundschaft verband. Helenes Mann, den führenden
sozialdemokratischen Politiker, Ökonomen und Soziologen
Otto Bauer (1881–1938), lernte sie erst nach dessen Rückkehr
aus der russischen Kriegsgefangenschaft 1917 kennen. Zur selben Zeit
entstand auch die Freundschaft zum sozialdemokratischen Politiker und
Ökonomen Rudolf Hilferding (1877–1941) und dessen Frau, der Ärztin und
Individualpsychologin Margarethe Hilferding, geborene Hönigsberg
(1871–1942), welche Sofie Lazarsfeld wohl mit dem Kreis der Wiener
Individualpsychologen bekannt machte, insbesondere mit Alfred Adler (1870–1937),
der bald zu den engsten Freunden zählte. 1924 begann Sofie Lazarsfeld ihre
Schriftstellerkarriere und beschäftigte sich vorwiegend mit
Kindererziehung, Frauen-, Ehe- und Sexualproblemen sowie mit
Individualpsychologie. 1925 gründete sie in ihrer Wohnung in Wien 1., Seilergasse 16, eine individualpsychologische »Erziehungs- und Eheberatungsstelle«, die sie
bis zu ihrer Schließung durch die Nationalsozialisten leitete. Ihre Tochter, Elisabeth Henriette Lazarsfeld, leitete übrigens ein individualpsychologisch ausgerichtetes Erziehungsheim in Wien 13. und vermittelte im Umfeld der Individualpsychologen und Individualpsychologinnen auch Ferienaufenthalte für Kinder und Jugendliche. 1932
organisierte Sofie Lazarsfeld die erste individualpsychologische Sommerschule. Robert
und Sofie Lazarsfeld unterhielten enge Kontakte zu Vertretern der
österreichischen Sozialdemokratie. Im Februar-Aufstand 1934 zur
Verteidigung der Demokratie zeigte sich nochmals das enge Verhältnis zum
Ehepaar Bauer; während
Otto Bauer bereits in die Tschechoslowakei gebracht worden
war, flüchtete Helene Bauer am 12. Februar zum Ehepaar Lazarsfeld, um
dort unterzutauchen. An dem Tag, an dem das Ehepaar Lazarsfeld
vorübergehend verhaftet wurde, konnte Helene Bauer von Genossen ins
Ausland gebracht werden. Ansonsten blieben Robert und Sofie Lazarsfeld
während des Ständestaat-Regimes weitgehend unbeschadet, hielten sich
aber auch von illegaler Parteiarbeit fern, anders als ihre Tochter
Elisabeth Zerner und deren Ehemann Fritz Zerner, der beim illegalen
»Autonomen Schutzbund« aktiv war.
1938 flüchteten Robert
und Sofie Lazarsfeld gemeinsam mit ihrer Tochter Elisabeth Zerner, ihrem
Schwiegersohn Fritz Zerner und dem Enkelkind Martin Theodor Zerner
(geb. 1932) nach Paris. Elisabeth und Fritz Zerner waren führend an der
französischen Widerstandsbewegung beteiligt. Nach der Besetzung
Frankreichs durch Nazi-Deutschland flüchteten Robert und Sofie
Lazarsfeld nach Montauban (Tarn-et-Garonne).
Nach dem Tod ihres
Mannes emigrierte Sofie Lazarsfeld 1941 in die Vereinigten Staaten von
Amerika, deren Staatsbürgerschaft sie später annahm. Sie versuchte, ihre
individualpsychologische und schriftstellerische Tätigkeit in New York
(New York) fortzusetzen. Sofie Lazarsfeld, die bis zuletzt bei ihrem
Sohn
Paul Felix Lazarsfeld lebte, überlebte diesen kaum einen
Monat.

Selbstständige Publikationen von Sofie
Lazarsfeld
● (Herausgeberin)
Richtige Lebensführung. Volkstümliche Aufsätze zur Erziehung des
Menschen nach den Grundsätzen der Individualpsychologie. Herausgegeben
von Sofie Lazarsfeld. Wien–Leipzig:
Perles 1926–1931, 10 Bände:
1. Band:
Alfred Adler: Liebesbeziehungen und deren Störungen. 1926, 23 S.
2. Band:
Leopold Stein: Die Sprache des Kindes und ihre Fehler. 1926, 24 S.
3. Band:
Anton Hölzl: Der Alkohol, ein Feind richtiger Lebensführung. 1927 [recte
1926], 24 S.
4. Band:
Hilde Krampflitschek: Elternliebe. Ein Brief an alle Eltern. 1927, 24
S.
5. Band:
Sofie
Lazarsfeld: Vom häuslichen Frieden. Mit einem Geleitwort von Alfred
Adler.
1926, 23 S.
6. Band:
Martha Holub: Geschwisterkampf. 1928 [recte 1927], 24 S.
[7]. Band:
Sofie Lazarsfeld: Sexuelle Erziehung.
1931,
23 S.
8. Band: Margret [!]
Hilferding:
Geburtenregelung. Mit einem Nachwort von Alfred Adler: Erörterungen
zum § 144. 1926, 24 S.
9. Band:
[Anonym]: Aus der Schule geplaudert. Von einem Lehrer. 1927, 24 S.
10. Band:
Erwin Wexberg: Seelische Entwicklungshemmungen. 1926, 24 S.
● Vom häuslichen
Frieden. Mit einem Geleitwort von Alfred Adler.
Wien–Leipzig:
Perles 1926 (= Richtige Lebensführung. 5.), 23 S.
● Das lügenhafte Kind.
Dresden: Am andern Ufer 1927 (= Schwer erziehbare Kinder. Herausgegeben
von Otto und Alice Rühle. [14].), 30 S.
● Die Ehe von heute und
morgen.
München: Bergmann 1927 (= Individuum und Gemeinschaft. 8.), 73 S.
● Erziehung zur Ehe.
Wien–Leipzig:
Perles 1928, 95 S.
● (Herausgeberin)
Technik der Erziehung. Ein Leitfaden für Eltern und Lehrer,
herausgegeben von Sofie Lazarsfeld.
Leipzig:
Hirzel 1929, VIII, 344 S.
● Sexuelle Erziehung.
Wien–Leipzig:
Perles 1931 (= Richtige Lebensführung. Volkstümliche Aufsätze zur
Erziehung des Menschen nach den Grundsätzen der Individualpsychologie.
Herausgegeben von Sofie Lazarsfeld. [7].), 23 S.
● Wie die Frau den Mann
erlebt. Fremde Bekenntnisse und eigene Betrachtungen. (Der
kulturhistorische Teil des Buches verdankt Material und Gesichtspunkte
Herrn Doktor Robert Lazarsfeld.)
Leipzig–Wien:
Verlag für Sexualwissenschaft Schneider
[1931], 331
S.

Selbstständige Publikationen von Robert
Lazarsfeld
● (Robert Larsfeld)
Die Phasen des Lebens und der Geschichte. Philosophische Aphorismen.
Leipzig: Schulze 1894, IX, 96 S.
● Das Problem der
Jurisprudenz.
Wien: Manz 1908, 52 S.
© Reinhard Müller
Stand:
Februar 2010
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