Johann Baptist Brendler
Bericht über den
Brand in Velm (heute zu Himberg) am 27. Februar 1813.
Velm, am 1. März 1813
Abschrift des Berichts durch
Anton Schallerl (1780–1862)
um 1835 in:
Denkbuch d[er] Pfarre Moosbrunn. Band 1, S. 296–298.
Transliteration:
Reinhard Müller.
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Bericht des Herrn Verwalters Joh[ann] Bapt[ist] Brendler über diesen Brand an das k[aiserlich] k[önigliche] Kreisamt.
(Von ihm selbst dem Sammler [d.i.
Anton Schallerl;
Anm.
R.M.] mitgetheilt)
Der Unterfertigte hätte die traurige Brandgeschichte des Dorfes Velm gleich nach der unglücklichen Katastrophe pflichtschuldigst einsenden sollen; allein die Ereigniße dieser schrecklichen Nacht setzten mich bis jetzt außer Stand, über das namenlose
Unglück der H[e]rrsch[a]ft u[nd] Gemeinde Velm den gehorsamsten Bericht abzustatten.
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1813.
Den 27 dieses M[onats] Abends halb 9 Uhr kam bei dem hiesigen Unterthan Simon Dunst Halblehner n[umme]ro 7 rückwärts seines Hauses u[nd] des Stadls in einer Strohtriste die separat auf freyem Platze hinter dem Fruchtstadl lag, Feuer aus wie die Beylage ▪/▪ zeigt[.] Wie u[nd] auf welche Art? ist unbekannt; denn die bloßen Gerichte u[nd] Sagen, die bei den Bauern über die Entstehung dieses Feuers ausgesprengt worden können mit Gewißheit nicht angegeben werden folglich getraut sich Unterfertigter auch nicht hierüber ämtliche Aeußerung zu erstatten.
Kaum war die besagte Strohtriste in Flammen, als solche den nächst daran liegenden Stadl, der mit Stroh u[nd] Heu angefüllet war, alsogleich ergriff u[nd] in Feuer setzte. Der mehr einem Sturm als gewöhnlichem Nordwindwestwinde ähnliche Wind, der
zum größten Unglücke sich eben in diesem Augenblicke zu erheben anfing, trieb das Feuer auf das Haus
nro. 7 sowohl als auf die rechts u[nd] links anstoßenden Stadl, Schopen, Häuser u[nd] Remißen, u[nd] wüthete mit solcher Gewalt, daß in Zeit von einer kleinen halben Stunde 31 Häuser in Flammen
standen. Die stockfinstere Nacht, der fürchterliche Sturm, der Mangel an Wasser u[nd] die größte Verwirrung u[nd] Schrecken unter Menschen u[nd] Thieren, stellte eine so gräßliche
Scene dar, daß man alle Besinnung u[nd] Uiberlegung verlor u[nd] bloß auf eigene Rettung bedacht seyn mußte.
Es kammen zwar Feuerspritzen u[nd] Löschgeräth aller Art Gattung von nahe u[nd] fern an, aber Mangel an Wasser, die entsetzliche Hitze sammt Rauch u[nd] Flammen machten jede Annäherung mit Feuerlöschgeräthen unmöglich, u[nd] auf diese Art brannte
es in einem fort, so lange das Feuer Nahrung fand. Von halb 9 bis 10 Uhr sind ein Raub der Flammen geworden 31 halb, viertl u[nd] achtl Lehen Häuser (2 Häuser wurden niedergerißen) ferner die Dachungen des herrschaftlichen Schloßes u[nd] des daranstoßenden Fruchtkastens, des Gärtners, Jägers, der
herrschaftlichen Taferne sammt 7 Inleuthwohnungen; der herrschaftliche Fruchtstadl mit 700 Mandl Korn u[nd] 70 Mandl Hafer ist bis auf den Grund abgebrant
Weiters die herrschaftliche Meyerey u[nd] K Käßmacherey mit allen Remißen, Schopen u[nd] Holzbehältnißen in welchen sich bey
5000 fl[orin] Bau u[nd] Brennhölzer befunden, alles vorräthige Heu, Stroh, Wägen Eggen u[nd] Pflüge kurz alle Acker u[nd]
Feldbaugeräthe der Herrschaft u[nd] Gemeinde wurden von diesem schrecklichen Feuer verzehrt. Von dem herrschaftlichen Schüttkasten ist die Dachung bis auf das Gewölbe niedergebrannt.
Von Menschen ist zwar Niemand verunglückt, aber Kühe, Schafe, Schweine Lämmer u[nd] Federvieh in Menge verbrannt.
Mit größter Betrübniß muß Unterfertigter melden, daß es bey diesem Unglücksfall auch hier wie an andern Orten, die ein ähnliches Schicksal bestunden, niederträchtige elende Mensch
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gab, welche die allgemeine Noth u[nd] Verarmung benutzten, u[nd] dasjenige zu stehlen sich nicht scheuten, was allenfalls noch den Flammen entrißen u[nd] auf das freye Feld, oder in die nächsten Gärten in vermeintliche Sicherheit gebracht worden ist.
Dagegen kann der Gefertigte nicht umhin unter den vielen edlen Menschenfreunden die zur Rettung in dieser schrecklichen Nacht herbeieilten wärmdsten Dank des Herrn Schloßermeister zu Traiskirchen Gatter zu erwähnen welcher mit 20 ihm bey diesem Geschäfte
untergebenen Personen, worunter seine zwey eigenen Söhne sich befanden, die sich auf den gefährlichsten Oertern der Brandstätte bey dem herrschaftlichen Schloße zeigten – das Meiste beytrug, daß in dem Schloße nicht alle Zimmer eingegangen sind, u[nd] vor der wüthenden Flamme doch noch ein Theil
gerettet wurde.
Dieser würdige Menschenfreund munterte durch die ganze Nacht hindurch alle Schloßer u[nd] Zimmergesellen zur Arbeit an, war ununterbrochen bey der Leitung der Feuerspritzen u[nd] trug bey, daß doch noch ein Theil des Schloßes bewohnt werden kann. Dank sey
diesem treusten Mann für seine Hilfleistung in diesen gefahrvollen Stunden gesagt, u[nd] mögen andre Ortschaften, die in ähnliches Unglück gerathen, sich eines so edlen Helfers u[nd] mitleidig Menschenfreundes zu erfreuen haben.
Hiermit wird gebethen um Hülfe etc. 1. März 1813.
Faksimile:
296, 297,
298.
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