Die Cholera in der Gegend von Gramatneusiedl 1831
Eintrag von Anton Schallerl (1780–1862), geschrieben um 1835, in:
Denkbuch d[er] Pfarre Moosbrunn. Band 1, S. 325–326.
Transliteration:
Reinhard Müller.
325
Die Cholera morbus
oder asiatische Brechruhr.
Aus dem tiefsten Asien
drang sie 1801 in Rusland u[nd] Pohlen, u[nd] obwohl gegen diese Länder
militärische Cordone um ihr Eindringen in Ungarn u[nd] Gallizien zu
verhindern, gezogen wurden, so zeigte sie sich doch schon am 25 Juny im
Beregherer Commitate [d.i. Komitat Bereg / Berg; heute Ukraine um Beregove / Берегове und Ungarn im Komitat Szabolcs-Szatmár-Bereg;
Anm.
R.M.) in Ungarn, u[nd] lieferte den abermahligen
Beweis daß Pestcordone keinen Schutz gegen diese Krankheit gewähren.
Sehr viele politische,
polizeyliche medicinische u[nd] viehliche Anstalten wurden getroffen
ihren Einbruch zu verhindern, oder bey denselben Hülfe zu verschaffen.
Am 7 July wurde der
Militärcordon gegen die Cholera, welche nun schon in Ungarn eingetretten
war u[nd] auch in Gallizien, an der ganzen Grenze zwischen Oesterreich
u[nd] Steyermark gegen Ungarn gezogen. Es blieben nur
3 Einbruchesstazionen in unserer Gegend offen, Bruck an der Leitha,
Wampersdorf u[nd] W[iener] Neustadt. Jedermann durfte herüber der mit
einem Gesundheitspaß versehen war. Das Vieh wurde durch die Leitha
geschwemmt. Am 22 July aber Abends 9 Uhr wurden die Einbrüche geschloßen
und Jedermann der nach Oesterreich herein wollte, mußte 20 Tage Contumaz
halten.
Das ganze Viertel wurde in
Districte eingetheilt, u[nd] diese wieder in Sectionen. Jeder District
erhielt eine polizeiliche Leitungs Commission
326
und Districtsartz, u[nd]
jede Section einen Abtheilungs und Sections Commissar. In jeder Gemeinde
mußte ein eigener Cholera Leichenhof eingeplanckt u[nd] vom Pfarrer
eingeweihet werden, entfernt vom Orte u[nd] auf Kösten der Gemeinde. Zu
Moosbrunn wurde ein Theil des Leichhofes gleich links vom Eingangsthore,
zu Velm dort wo 1831 der neue Gottesacker ist versandet, u[nd] zu
Grammatneusidl in der
Viehtrieft gegen das Goldwaldl zu.
Spitäler sollten errichtet
u[nd] die nöthigen Krankenwärter aufgenommen werden u[nd] zwar bis zum
10 August, u[nd] zwar hier in Moosbrunn für 36 Kranke, wozu von
Leitungscommisar Syndicus von Himberg Zoos u[nd] Districtsartzt von
Himberg Ploier bald der Pfarrhof bald das Schulhaus in Vorschlag kamen.
Hier [in Moosbrun;
Anm.
R.M.] von Abtheilungs Commissär u[nd]
H[errschaft]lichen Schullehrer Ludwig Stobier, in Velm der dortige
Verwalter Fuchs, zu
Grammatneusidl der Director der
Fabrick [d.i. Johann Dienert; Anm.
R.M.], u[nd] 4 Nachbarn, Sections Commisare, welchen
jedem eine bestimmte Anzahl Häuser zugetheilt war.
Unterm 16 August ertheilt
jede Gemeinde Anweisungen nach welchen sich die Vorsteher der Gemeinde
in jenen Fällen zu verhalten haben, wenn die Cholera in der Nähe
herrscht, oder aber in ihrer Ortschaft ausbricht.
Es sollten eigene
Reinigungsanstalten für alle von Cholera Kranken gebrauchten Effecten,
Todtenkammern, u[nd] Reconvalscenten Häuser errichtet werden – ferner
eigene Gewölben oder Magazine, in welche Gegenstände in Koffern
aufbewahrt würden welche zum täglichen Gebrauche entbehrlich. – Die
Kranken sollen von den Gesunden gänzlich abgesondert, nebst den
Krankenwärtern auch 2 besondre Träger bestellt etc etc die Leichen ohne
alle Kleidung, Sang u[nd] Klang begraben, u[nd] binnen 8 Tagen Bericht
über die genaue Befolgung dieser Anordnung eingesendet werden.
Zur leichteren Bestreitung
der dazu nöthigen Auslagen mußte in jeder Gemeinde abgesammelt, die
Leute zum Krankendienste, u[nd] Armenheimen u[nd] zur Bildung von
Armenheimen u[nd] Beschäftigung b arbeitsloser Leute aufgefordert
werden.
Moosb[run]n, Velm u[nd]
Grammatneusidl wurde dem Districte Himberg zu getheilt
Hier in Moosb[run]n wurden
zwey Zimmer im Armenhause mit Betten u[nd] vorgeschriebenen
Einrichtungsstücken auf Kösten der Gemeinde u[nd] mit dem Absammelgeld
eingerichtet
Faksimile:
325,
326.
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