Infrastrukturanlagen der Textilfabrik Marienthal 1930
Es handelt sich
dabei um einen Bestand von dreizehn Gebäuden (2.266,08 m2
verbaute Fläche auf 1.856,16 m2
verbauter Grundfläche) mit zusammen vierzehn Anbauten und Nebengebäuden
(528,57 m2
verbaute Fläche auf 483,01 m2
verbauter Grundfläche), zusammen 2.794,65 m2
verbaute Fläche auf 2.339,17 m2
verbauter Grundfläche; dazu kommen eine Kinderspielwiese, ein Fußball-
und ein Tennisplatz. Diese Objekte stellte die
Textilfabrik Marienthal
ihren Angestellten, Arbeitern und Arbeiterinnen vor allem für soziale
und kulturelle Zwecke zur Verfügung. Nicht besprochen werden hier zwei
außerhalb Marienthals, im Bauerndorf
Gramatneusiedl gelegene Gebäude der
Textilfabrik Marienthal: die
Kinderbewahranstalt und eine
Scheune. Ebenfalls außerhalb Marienthals, angrenzend an Neu-Mitterndorf
(Gemeinde
Mitterndorf an der Fischa), liegt der zumindest teilweise von der Textilfabrik Marienthal bereitgestellte Sportplatz. Weitere
Bauinformationen finden sich in der »Gebäude-Schätzung 1926« aus dem Jahr 1926, weshalb hier bei den
beschriebenen Objekten auch die Ordnungszahlen dieser für den Baubestand
wichtigen Quelle angegeben werden.
Der
»Lageplan«
erleichtert die rasche Verortung des Gebäudes, der »Grundriss« (nach einem Plan aus dem Jahr 1896) ermöglicht einen Überblick über die Gebäudeanlage, das »Bild«
einen ersten optischen Eindruck (weitere Bilder gibt es im umfangreichen
Bildarchiv des Virtuellen Archivs »Marienthal«). Zur leichteren Identifizierung auf alten Plänen werden bei den Gebäuden auch die alten Hausnummern
angegeben.
Zum raschen Auffinden von Gebäuden, Gebäudeteilen und Grünanlagen benutzen Sie, bitte, das
Register, für einen optischen Überblick den kommentierten
»Plan Fabrik Marienthal«
und die
»Bildansicht Fabrik«.

1) Der
Consum
Gramatneusiedl, vor Hauptstraße 64, zwischen dem Hof vom
Arbeiterwohnhaus Altgebäude
und der Straße gelegen, an die
Holzlagen II des
Arbeiterwohnhauses Altgebäude
nordöstlich angebaut.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
≡
Bild
Erbaut 1864;
Erdgeschoss, im Mitteltrakt auch Halbstock; Nordtrakt 5,00 X 3,05 m =
15,25 m2,
Mitteltrakt 6,00 X 5,75 m = 34,50 m2,
Südtrakt 5,00 X 3,05 m = 15,25 m2,
insgesamt 65,00 m2
verbaute Grundfläche; Gebäude-Schätzung 1926, Ordnungszahlen 188, 189 und 190.
Das Gebäude
ließ die Fabrikleitung für den von ihr finanziell unterstützten »Consum-Verein
Marienthal« der Marienthaler Arbeiter und Arbeiterinnen
errichten. Es befanden sich im Mitteltrakt ebenerdig das Verkaufslokal
und im Halbstock ein Magazin, im Nord- und im Südtrakt je ein Magazin.
Vor dem Gebäude gab es einen größeren
Platz mit
einem
Brunnen, beliebter
Treffpunkt der Marienthaler Arbeiterschaft. Nachdem der »Consum-Verein
Marienthal«
1932 in ein neu erworbenes Gebäude, die erhalten gebliebene
Warenlegerei und das Magazin des ehemaligen
Bleiche- und
Appreturkomplexes der
Textilfabrik Marienthal, übersiedelte, stand das
Gebäude leer. Nach 1945 wurde es vorübergehend wieder vom »Consum-Verein
Marienthal«,
danach einige Zeit als Parteilokal der »Kommunistischen Partei
Österreichs« (KPÖ), Ortsgruppe Gramatneusiedl, genutzt.
Besitzer: »Actien-Gesellschaft der
Baumwoll-Spinnereien, Webereien, Bleiche, Appretur, Färberei und Druckerei zu Trumau und Marienthal«, seit 1942 im Privatbesitz,
seit 2002 »Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft
Neunkirchen reg. Gen.m.b.H.«.
Zustand im
Juni 2008: Das Gebäude wurde im Juni
2008 geschleift. Am selben Ort wurde 2009 das weitgehend originalgetreu
rekonstruierte Consum-Gebäude wiedererrichtet; darin wird in Kooperation von
Marktgemeinde Gramatneusiedl und
Archiv
für die Geschichte der Soziologie in Österreich 2010/11 das
Museum Marienthal eingerichtet.
Eine am 26. November 2009
enthüllte Gedenktafel der
»Gemeinnützigen Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft Neunkirchen reg. Gen.m.b.H.«
erinnert an das ehemalige Gebäude.

2) Fabrikgasthaus
Gramatneusiedl,
Hauptstraße 70 (alte Nummer 51), an den
Tanz- und
Theatersaal sowie das Pissoir nordöstlich angebaut.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
≡
Bild
Erbaut 1866;
Erdgeschoss, ein Stockwerk und Dachboden; 36,30 X 11,30 m und 10,30 X 1,30 m = 423,58 m2 verbaute Grundfläche; Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 162.
Das
Fabrikgasthaus, auch »Traiteurie« (eine Ableitung vom französischen »traiteur«,
Speisewirt, Leiter einer Großküche), »Fabriksrestaurant«, »Restauration«
beziehungsweise »Fabriksgasthaus« genannt, wurde von der Fabrikleitung
verpachtet; belegt sind für 1896 Stöckle, seit 1898 Schödl und seit 1919
Robert Schlick. Das Fabrikgasthaus verfügte über eine Küche und drei große Gastzimmer, von
denen eines ausschließlich den Angestellten der Fabrik vorbehalten war,
während die beiden anderen den Arbeitern und Arbeiterinnen zur Verfügung
standen; dazu kamen mehrere kleine Nebenräume. Zur
Gesamtanlage gehörte im
westlich gelegenen Hof ein
Gastgarten.
Das Gebäude war mit dem Tanz- und Theatersaal durch zwei Türen
verbunden.
Vorläufer:
Schon die zweite Textilfabrik Marienthal verfügte über eine Großküche für die Arbeiterschaft der Textilfabrik Marienthal, doch ist deren lokale Unterbringung nicht bekannt. Der erste Traiteur ist für das Jahr 1832 belegt: Josef Rösner (1788–?). Auch die dritte Textilfabrik Marienthal
betrieb eine Werkskantine mit einer Köchin, 1850 vom Traiteur Anton Hönig (1815–?) und dessen Frau Elisabeth Hönig (1807–?) geleitet. Auch hier ist deren Standort unbekannt.
Besitzer: »Actien-Gesellschaft der
Baumwoll-Spinnereien, Webereien, Bleiche, Appretur, Färberei und Druckerei zu Trumau und Marienthal«, seit etwa 1930 im Privatbesitz.
Zustand im
April 2006: Nach Schließung der Textilfabrik Marienthal wurde das
Fabrikgasthaus als Gasthaus von
Karl (und Emilie) Bürgermeister weitergeführt, die auch im Erdgeschoss, an der
Straßenseite des Südteils, ein Geschäftslokal vermieteten: Hier waren
zunächst eine
Großschlächterei und Wurstfabrik, später eine
Drogerie
untergebracht. 1980 bis 1985 wurde das Gasthaus von Sergei Forche gepachtet. 1985 wurde das Gebäude von Paul Humann (geb.
1943) gekauft
und ist heute als Café-Restaurant Paul Humann (junior) in Betrieb. In
den Räumlichkeiten der ehemaligen Drogerie befindet sich heute ein Café
(»Café Ali Baba«). Vor der Renovierung des Gebäudes 1988 wurden in den
Räumen des Fabrikgasthauses 1987 die Innenaufnahmen zum Film
»Einstweilen
wird es Mittag…«
gedreht.
Das Gebäude hatte einen
Anbau und fünf Nebengebäude (insgesamt 139,65 m2
verbaute Grundfläche):

2.a)
Sommerschank
Gramatneusiedl, südwestlich im Hof
von
Hauptstraße 70
gelegen, an den
Tanz- und Theatersaal nordwestlich angebaut.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
Erbaut 1881;
Erdgeschoss; 5,80 X 2,80 m = 16,24 m2 verbaute
Grundfläche; Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 163.
Die
Sommerschank, ein offener, auf Holzsäulen mit Lattenbrüstungen ruhender
überdachter Anbau, wurde um 1931 abgerissen. An dieser Stelle befindet
sich heute unbebautes Hofareal.

2.b)
Speisekammer
Gramatneusiedl,
südwestlich im Hof
von Hauptstraße 70
gelegen, an den
Tanz- und Theatersaal nordwestlich, an das
Eishaus südöstlich angebaut.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
Erbaut 1883;
Erdgeschoss; 5,30 X 3,20 m = 16,96 m2 verbaute
Grundfläche; Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 166.
Der
Gebäudetrakt wurde 2005 abgerissen. An dieser Stelle befinden sich heute
Garagen.

2.c)
Eishaus
Gramatneusiedl,
südwestlich im Hof
von Hauptstraße 70 gelegen,
an die
Speisekammer nordwestlich, an den
Stall südöstlich angebaut.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
Erbaut 1883;
Erdgeschoss und ein Stockwerk; 6,80 X 6,70 m = 45,56 m2
verbaute Grundfläche; Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 167.
Der
Gebäudetrakt wurde 2005 abgerissen. An dieser Stelle befinden sich heute
Garagen.

2.d)
Stall
Gramatneusiedl,
südwestlich im Hof
von Hauptstraße 70 gelegen,
an das
Eishaus nordwestlich, an die
Wagenremise
und den Stall südöstlich angebaut.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
Erbaut 1883;
Erdgeschoss; 5,30 X 3,30 m = 17,49 m2 verbaute
Grundfläche; Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 168.
Der
Gebäudetrakt wurde 2005 abgerissen. An dieser Stelle befinden sich heute
Garagen.

2.e)
Wagenremise und Stall
Gramatneusiedl,
südwestlich im Hof von
Hauptstraße 70 gelegen,
an den
Stall nordwestlich angebaut.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
Erbaut 1883;
Erdgeschoss; 5,90 X 6,00 m = 35,40 m2 verbaute
Grundfläche; Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 169.
Der
Gebäudetrakt wurde 2005 abgerissen. An dieser Stelle befinden sich heute
Garagen.

2.f)
Pissoir
Gramatneusiedl, an das
Fabrikgasthaus,
Hauptstraße 70, westlich, an die
Warenlegerei und das Magazin
des
Bleiche- und Appreturkomplexes nördlich
angebaut.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
Erbaut 1890;
Erdgeschoss; etwa 2,00 X etwa 4,00 m = etwa 8,00 m2
verbaute Grundfläche; Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 161.
Der
Gebäudetrakt wurde um 1931 abgerissen. An dieser Stelle befindet sich
heute unbebautes Hofareal.

3)
Südliches Gewächshaus
Gramatneusiedl, im
Herrengarten, nordwestlich vom südlichen Ende des Westrakts
vom
Arbeiterwohnhaus Altgebäude gelegen, an die
Holzlagen III des Arbeiterwohnhauses Altgebäude
nordwestlich angebaut.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
≡
Bild
Erbaut 1870;
Erdgeschoss; 13,43 X 4,35 m = 58,42 m2 verbaute Grundfläche;
Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 192.
Es befanden
sich darin nordwestlich ein großer beheizbarer Raum und südöstlich ein
kleiner Raum für die Heizanlage. Das Gebäude diente der Züchtung und
Aufbewahrung von Pflanzen für die Grün- und Gartenanlagen der
Textilfabrik Marienthal. Erhalten ist auch noch der am südöstlichen Ende
des Gewächshauses stehende Baum des Herrengartens: eine
Platane.
Besitzer: »Actien-Gesellschaft der
Baumwoll-Spinnereien, Webereien, Bleiche, Appretur, Färberei und Druckerei zu Trumau und Marienthal«, seit 1930 im Privatbesitz.
Zustand im
April 2006: Das Gebäude wurde um 1956 abgerissen. An dieser Stelle
befinden sich heute ein Parkplatz und eine Grünanlage.

4) Tanz-
und Theatersaal
Gramatneusiedl, Anbau im Hof von Hauptstraße 70 (alte Nummer 51), an die
Speisekammer und die
Sommerschank südöstlich, an das
Fabrikgasthaus südwestlich, an den
Heizvorbau nordöstlich
angebaut.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
≡
Bild
Erbaut 1881;
Erdgeschoss und Dachboden; 29,50 X 11,20 m und 4,50 X 3,00 m = 343,90 m2
verbaute Grundfläche; Gebäude-Schätzung 1926, Ordnungszahl 164.
Das mit dem
Fabrikgasthaus durch zwei Türen verbundene Gebäude, meist nur
»Tanzsaal« genannt, war Spiel- und Heimstätte der 1866 gegründeten, von
der Direktion der
Textilfabrik Marienthal unterstützten
»Dilettanten-Bühne
in Marienthal«.
Der Saal wurde nicht nur für Theater-, sondern auch für Tanz- und
sonstige festliche Veranstaltungen genutzt, der Dachboden diente als
Depotraum.
Besitzer: »Actien-Gesellschaft der
Baumwoll-Spinnereien, Webereien, Bleiche, Appretur, Färberei und Druckerei zu Trumau und Marienthal«, seit etwa 1930 im Privatbesitz.
Zustand im
April 2006: Nach 1945 wurde der Saal zunächst wieder für Veranstaltungen
genutzt, 1962 bis 1969 als
Näherei der »Felina
Miederfabriken Wien, Greiling & Co.«
(Außenstelle von Wien), welche zuvor im ehemaligen
Direktorenwohnhaus Herrenhaus
untergebracht war, 1969 bis 1973 als
Näherei
der »Chamella,
Strickerei, Wirkerei, Konfektion« (Zweigniederlassung
des
Wiener Unternehmens) und 1973 bis 1975 als
Näherei
der »Bally,
Wiener Schuhfabrik Aktiengesellschaft«
(Außenstelle von Wiener Neustadt),
danach wieder bis 1984 als Veranstaltungsraum.
Der Gebäudetrakt wurde 2004
abgerissen. An dieser Stelle befindet sich heute
unbebautes Hofgelände.
Das Gebäude hatte einen
Anbau (insgesamt 16,96 m2 verbaute Grundfläche):

4.a)
Heizvorbau
Gramatneusiedl, an den
Tanz- und Theatersaal südwestlich angebaut.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
Erbaut 1891;
Erdgeschoss; 6,65 X 2,55 m = 16,96 m2 verbaute
Grundfläche; Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 164.
Der
Gebäudetrakt, später vergrößert und in den
Tanz- und Theatersaal
integriert, wurde 2004 abgerissen. An dieser Stelle befindet sich heute
unbebautes Hofgelände.

5)
Fabrikspital mit Apotheke, Badeanstalt und Totenkammer
Gramatneusiedl, Hauptstraße 43 (alte Nummer 67).
Lageplan
≡
Grundriss
1896
≡
Bild
Erbaut 1882;
Erdgeschoss, ein Stockwerk und Dachboden; 30,00 X 15,00 m = 450,00 m2
verbaute Grundfläche; Gebäude-Schätzung 1926, Ordnungszahl 222 (falsche Datierung).
In dem
Gebäude, gleichsam eine Institution des 1864 gegründeten
fabrikeigenen »Kranken-Vereins
mit Kranken-Casse Marienthal«,
befanden sich im Erdgeschoss die Wohnung des Fabrikarztes sowie eine
Badeanstalt mit zehn Badewannen, zehn Brausen und einem Dampfbad mit
zwei Kabinen, im ersten Stock die Apotheke die Krankensäle und die
Wohnung der Krankenwärterin, am Dachboden ein kupfernes Wasserreservoir
für die Badeanlage. Es gab eine Küche mit zwei aufgesetzten Küchenherden
und vier Fayenceklosetts mit Wasserspülung. Rund um das Fabrikspital war
eine Grünanlage, der
Spitalsgarten. Hingewiesen sei auf den noch erhaltenen
originalen, mittlerweile restaurierten
Zaun um das ehemalige Fabrikspital, wie er ursprünglich
von der
Textilfabrik Marienthal vielfach für die Fabrik und Arbeiterkolonie Marienthal benutzt wurde. Im
Inneren des Hauses befindet sich ein ebenfalls restauriertes
Stiegengeländer, wie es in
mehreren Gebäuden der Textilfabrik Marienthal verwendet wurde. Über dem
Fenster des straßenseitigen Eingangs befand sich die
Aufschrift »Fabrik’s Spital«.
Besitzer: »Actien-Gesellschaft der
Baumwoll-Spinnereien, Webereien, Bleiche, Appretur, Färberei und Druckerei zu Trumau und Marienthal«, seit 1931
Marktgemeinde Gramatneusiedl.
Zustand im
April 2006: Das Gebäude wurde nach Schließung der Textilfabrik
Marienthal 1931 von der Gemeinde Gramatneusiedl erworben, da hier die einzige öffentliche Badeanstalt des Ortes untergebracht war. Der Rest der Räumlichkeiten wurde zu einem Wohnhaus
umgebaut. 1991 wurde im Zuge eines Dachgeschossausbaus auch die
Bäderanlage abgerissen. Das Gebäude ist noch vorhanden, wurde 1999
renoviert, dient weiterhin als Wohngebäude und wird heute zur so
genannten
Arbeitersiedlung Marienthal gezählt.
Das Gebäude hatte zwei
Nebengebäude (insgesamt 75,43 m2 verbaute
Grundfläche):
Altes Fabrikspital:
Schon die zweite Textilfabrik Marienthal verfügte vermutlich seit 1832 über eine
Krankenkasse mit eigenem Statut, wobei damals noch
der Arzt aus dem Nachbarort Moosbrunn täglich die Fabrik besuchte und deren Arbeiterschaft zur Verfügung stand. Für die dritte Textilfabrik Marienthal wurde 1850 ein Krankenzimmer im
Stall- und Magazingebäude des
Bleiche- und
Appreturkomplexes eingerichtet. Erste Krankenwärterin war die Witwe Katharina Meithner (1805–?). Ergänzend dazu richtete die Fabrikdirektion 1851 einen »Arbeiter-Unterstützungsfonds
Marienthal« ein, dessen Ausschuss unter beratender Beiziehung eines
Arztes Arbeiter und Arbeiterinnen bei lang andauernder oder unheilbarer Krankheit finanziell unterstützte. Seit 1864 verfügte die Fabrik über
ein eigenes vollkommen eingerichtetes Spital mit Dampf- und Wannenbadeanstalt sowie über
einen eigenen Fabrikarzt, der zugleich Doktor der Medizin und der Chirurgie war.
Es befand sich Hauptstraße 68 (1864 bis 1881 alte Nummer 52), genau an
jener Stelle, wo sich heute der straßenseitige, südliche Teil des 1881
errichteten
Arbeiterwohnhauses Spitalhof befindet (siehe
Lageplan und
Katasterausschnitt 1869 Nummer 52).

5.a) Totenkammer und Waschküche
Gramatneusiedl, nordöstlich des
Fabrikspitals im
Spitalsgarten gelegen.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
Erbaut 1882;
Erdgeschoss; 7,30 X 6,00 m = 43,80 m2 verbaute
Grundfläche; Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 223 (falsche Datierung).
Es
befanden sich darin nördlich die Waschküche und südlich der Raum zur
zwischenzeitlichen Aufbewahrung von Leichen.
Das
Gebäude ist noch vorhanden und wurde als Abstellgebäude grundlegend renoviert.

5.b)
Eishaus beziehungsweise Stall
Gramatneusiedl, östlich des
Fabrikspitals im
Spitalsgarten gelegen.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
Erbaut 1882;
Erdgeschoss; 5,75 X 5,50 m = 31,63 m2 verbaute
Grundfläche; Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 241 (falsche Datierung).
Das
Gebäude, zunächst als Eishaus und später als Stall benutzt, wurde in den
1930er Jahren vergrößert und nach 1945 abgerissen. An dieser Stelle
befindet sich heute eine begrünte Hofanlage.

6)
Nördliches Gewächshaus
Gramatneusiedl, im
Herrengarten, in der nördlichen Ecke des Parks, nördlich des
Haupteingangs gelegen.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
Erbaut 1889;
Erdgeschoss; 16,60 X 4,70 m = 78,02 m2 verbaute Grundfläche;
Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 206.
Es befanden
sich darin nordwestlich zwei beheizbare Räume und südöstlich ein Raum
für die Heizanlage. Das Gewächshaus diente zur Züchtung und Aufbewahrung
von Pflanzen für die Grün- und Gartenanlagen der
Textilfabrik Marienthal.
Besitzer: »Actien-Gesellschaft der
Baumwoll-Spinnereien, Webereien, Bleiche, Appretur, Färberei und Druckerei zu Trumau und Marienthal«, seit 1930 im Privatbesitz.
Zustand im
April 2006: Das Gebäude wurde um 1965 abgerissen. An dieser
Stelle befindet sich heute ein privates Wohnhaus mit Garten.
Das Gebäude hatte fünf
Nebengebäude (insgesamt 250,97 m2 verbaute
Grundfläche):

6.a)
Bienenhütte
Gramatneusiedl, nordwestlich
vom Nördlichen Gewächshaus gelegen.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
Erbaut 1889; Erdgeschoss;
etwa 5,20 X etwa 1,20 m = etwa 6,24 m2
verbaute Grundfläche.
Das
Gebäude wurde um 1900 abgerissen. An dieser Stelle befindet sich heute
ein Garten.

6.b)
Flugdach
Gramatneusiedl, südwestlich
vom Nördlichen Gewächshaus gelegen,
an den Gartenwerkzeugschuppen südöstlich, an die
Mistbeete
nordwestlich angebaut.
Lageplan
Erbaut 1898;
Erdgeschoss; 3,70 X etwa 2,00 m = etwa 7,40 m2 verbaute
Grundfläche; Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 208.
Der
Gebäudetrakt wurde um 1931 abgerissen. An dieser Stelle befindet sich
heute ein privates Wohnhaus mit Garten.

6.c)
Gartenwerkzeugschuppen
Gramatneusiedl, an das
Flugdach nordwestlich, an die
Gartenwerkzeughütte nordöstlich angebaut.
Lageplan
Erbaut 1889;
Erdgeschoss; 5,50 X 3,70 m = 20,35 m2 verbaute
Grundfläche; Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 209.
Der
Gebäudetrakt wurde um 1931 abgerissen. An dieser Stelle befindet sich
heute ein privates Wohnhaus mit Garten.

6.d)
Gartenwerkzeughütte
Gramatneusiedl, an den
Gartenwerkzeugschuppen südwestlich
angebaut.
Lageplan
Erbaut 1898;
Erdgeschoss; 4,55 X 1,60 m = 7,28 m2 verbaute
Grundfläche; Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 210.
Der
Gebäudetrakt wurde um 1931 abgerissen. An dieser Stelle befindet sich
heute ein privates Wohnhaus mit Garten.

6.e)
Mistbeete
Gramatneusiedl, an das
Flugdach südöstlich angebaut.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
Erbaut 1912;
209,70 m2 verbaute Grundfläche;
Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 207.
Die
beiden Mistbeete mit auf Holzrahmen ruhenden Glaslichten wurden nach
1945 abgerissen. An dieser Stelle befindet sich heute ein privates
Wohnhaus mit Garten.

7)
Geflügelställe
Gramatneusiedl,
im
nördlichen Teil vom
Fabrikspark, südwestlich der ehemaligen
Gasglocke gelegen.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
Erbaut 1890;
Erdgeschoss; 5,30 X 3,40 m und 5,40 X 2,05 m und 2,10 X 2,85 m und 2,50 X 2,45 m = 41,21 m2 verbaute Grundfläche; Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 116.
Besitzer:
»Actien-Gesellschaft der
Baumwoll-Spinnereien, Webereien, Bleiche, Appretur, Färberei und Druckerei zu Trumau und Marienthal«.
Zustand im
April 2006:
Die vier aus Holz errichteten
Geflügelställe wurden um 1931
abgerissen. An dieser
Stelle befindet sich heute
Fabrikareal der »Para-Chemie«.

8)
Hühnerhof
Gramatneusiedl,
im
nördlichen Teil vom
Fabrikspark, nordwestlich der ehemaligen
Gasglocke gelegen.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
Errichtet
1890; 6,00 X 5,40 m und 8,00 X 4,30 m = 66,80 m2 eingezäunte
Fläche; Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 116.
Besitzer:
»Actien-Gesellschaft der
Baumwoll-Spinnereien, Webereien, Bleiche, Appretur, Färberei und Druckerei zu Trumau und Marienthal«.
Zustand im
April 2006: Der Hühnerhof mit zwei Geflügelausläufen wurde um 1931
aufgelassen. An dieser Stelle befindet sich heute
Fabrikareal der »Para-Chemie«.

9) Neuer
Hundezwinger
Gramatneusiedl,
im
nördlichen Teil vom
Fabrikspark, westlich der ehemaligen
Gasglocke gelegen.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
Erbaut 1890;
Erdgeschoss; 14,75 X 3,42 m = 50,45 m2 verbaute Grundfläche;
Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 116.
Der neue,
mit Bruchsteinmauerwerk erbaute Hundezwinger diente der Unterbringung
der zur Bewachung des Fabrikgeländes nachts eingesetzten Wachhunde. Der
ebenfalls im
Fabrikspark gelegene
alte
Hundezwinger wurde 1896 abgerissen.
Besitzer:
»Actien-Gesellschaft der
Baumwoll-Spinnereien, Webereien, Bleiche, Appretur, Färberei und Druckerei zu Trumau und Marienthal«.
Zustand im
April 2006: Das Gebäude wurde um 1931 abgerissen. An dieser Stelle
befindet sich heute
Fabrikareal der »Para-Chemie«.

10)
Kinderspielwiese
Gramatneusiedl,
nordöstlich der
Holzlagen und Aborte des
Arbeiterwohnhauses Johanneshof, Hauptstraße 49, gelegen.
Lageplan
Angelegt
1893; aufgelassen 1907; 58,16 X 35,96 m = 2.091,43 m2
Wiesenfläche.
Die
Spielwiese, welche die
Textilfabrik Marienthal den Kindern ihrer
Arbeiter und Arbeiterinnen zur Verfügung stellte, wurde 1907
aufgelassen. Damals wurden auf diesem Areal das
Handwerkerwohnhaus Stahl-Haus,
Dr. Löw-Gasse 8,
und der dazugehörige Hof mit den
Holzlagen I, der
Waschküche sowie den
Holzlagen
II errichtet.
Besitzer: »Actien-Gesellschaft der
Baumwoll-Spinnereien, Webereien, Bleiche, Appretur, Färberei und Druckerei zu Trumau und Marienthal«.
Zustand im
April 2006: An dieser Stelle befinden sich heute
das Haus Dr. Löw-Gasse 8 und der dazugehörige Hof.

11)
Musikpavillon mit Kegelbahn
Gramatneusiedl, südwestlich im
Herrengarten, parallel zum Feilbach gelegen.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
≡
Bild
Erbaut 1894;
Erdgeschoss; 26,20 X 2,60 m und 2,50 X 2,40 m und 4,45 X 3,50 m und 6,50 X 8,00 m und 4,60 X 2,60 m = insgesamt 138,26 m2 verbaute
Grundfläche; Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 144.
Der als
architektonisches Glanzstück des Herrengartens geltende Bau war aus
Kirschholz, auf Bohlen aus Eichenholz errichtet, und durfte nur von den Angestellten der
Textilfabrik Marienthal benutzt werden. Das Gebäude, meist nur kurz »Kegelbahn«
genannt, hatte einen turmartigen Dachaufbau und war mit einem
Fayenceklosett mit Wasserspülung sowie mit elektrischer Beleuchtung ausgestattet.
Besitzer: »Actien-Gesellschaft der Baumwoll-Spinnereien, Webereien, Bleiche, Appretur, Färberei und
Druckerei zu Trumau und Marienthal«, seit 1930 im Privatbesitz.
Zustand im
April 2006: Das Gebäude wurde 1931 abgerissen. An dieser Stelle befindet
sich heute
ein Wäldchen mit einem von der »Landjugend
Schwechat«
2005 gestalteten kleinen Park.

12)
Badehütte
Gramatneusiedl, am südwestlichen Eck vom
Herrengarten, kurz nach dessen Beginn am
Feilbach gelegen.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
Erbaut 1894;
Erdgeschoss; etwa 15,00 m2 verbaute
Grundfläche.
Die
hölzerne, achteckige Hütte diente nur den Angestellten der
Textilfabrik Marienthal
zum Umkleiden. Sie war mit einem kurzen Steg versehen, der in das
Bachbett des Feilbaches ragte.
Besitzer: »Actien-Gesellschaft der
Baumwoll-Spinnereien, Webereien, Bleiche, Appretur, Färberei und Druckerei zu Trumau und Marienthal«, seit 1930 im Privatbesitz.
Zustand im
April 2006: Das Gebäude wurde 1930 abgerissen. An dieser Stelle
befindet sich heute
ein Wäldchen mit einem von der »Landjugend Schwechat«
2005 gestalteten kleinen Park.

13)
Brunnenhaus
Reisenberg, in der Wiese (»Treer-Garten«)
zwischen
Fischa und
Reisenbergerstraße, südöstlich vom
Turbinen- und Dynamogebäude, bei Reisenbergerstraße 4
gelegen.
Lageplan
≡
Bild
Erbaut 1896;
Erdgeschoss mit Brunnen; etwa 18,00 m2 verbaute Grundfläche;
Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 124.
In dem
achteckigen Holzbau auf rundem Mauersockel befand sich der Brunnen,
welcher alle Gebäude der
Textilfabrik Marienthal mit Wasser versorgte.
Die Textilfabrik Marienthal verfügte zuletzt über 14 Brunnen bei den Wohnbauten und
Infrastrukturanlagen sowie Grünanlagen und fünf teils aufgelassene
Brunnen auf dem Fabrikgelände sowie über 19 Hydranten. Das
Marienthaler Wasser war übrigens für seine außerordentlich gute Qualität
bekannt.
Besitzer: »Actien-Gesellschaft der
Baumwoll-Spinnereien, Webereien, Bleiche, Appretur, Färberei und Druckerei zu Trumau und Marienthal«, seit etwa 1942 im Privatbesitz.
Zustand im
April 2006: Das Gebäude, seit seiner Errichtung mehrfach renoviert, ist
noch als Brunnenhaus vorhanden.

14)
Tennisplatz
Gramatneusiedl, im
Herrengarten südwestlich vom
Südlichen Gewächshaus
gelegen.
Lageplan
≡
Bild
Angelegt vor
1914; 35,00 X 19,00 m = 665,00 m2 Feldfläche.
Der
Tennisplatz wurde nur von den Direktoren und ausgewählten Angestellten
sowie Gästen der
Textilfabrik Marienthal bespielt.
Besitzer: »Actien-Gesellschaft der
Baumwoll-Spinnereien, Webereien, Bleiche, Appretur, Färberei und Druckerei zu Trumau und Marienthal«, seit 1930 im Privatbesitz.
Zustand im
April 2006: Nach Schließung der Textilfabrik Marienthal 1930 benutzte
der
»Arbeiter-Turn- und Sportverein Marienthal«
den Tennisplatz für Veranstaltungen, insbesondere für Radreigen
und Radball. Der Platz wurde 1938 zerstört. An dieser Stelle befinden
sich heute
ein
Parkplatz und eine Grünanlage.

15)
Montessoriheim (Montessorihort)
Gramatneusiedl,
nordwestlich des Westtrakts vom
Arbeiterwohnhaus Altgebäude, südwestlich an den
Herrengarten grenzend,
gelegen.
Lageplan
≡
Grundriss 1896
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Bild
Erbaut 1893;
Erdgeschoss und ein Stockwerk; 11,60 X 8,70 m und 4,00 X 1,65 m =
107,52 m2 verbaute Grundfläche; Gebäude-Schätzung 1926,
Ordnungszahl 196.
Es befanden
sich im Erdgeschoss vier Waschküchen und im ersten Stock ursprünglich
zwei Arbeiterwohnungen. Seit 1922 wurde im ersten Stock der von der
Gewerkschaft »Union der Textilarbeiter Österreichs« und der Gemeinde Gramatneusiedl finanzierte, 1929 geschlossene
Montessori-Kleinkindergarten untergebracht, dem die
Textilfabrik Marienthal
die Räume kostenlos zur Verfügung stellte. Es war dies nach Wien der
erste Montessori-Hort in Österreich und in Relation zur
Bevölkerung des Orts einer der kleinsten weltweit. Leiterin des Montessoriheims
war die Marienthalerin Karoline Teschner
(1877–1939).
Besitzer: »Actien-Gesellschaft der
Baumwoll-Spinnereien, Webereien, Bleiche, Appretur, Färberei und Druckerei zu Trumau und Marienthal«, seit 1942 im Privatbesitz.
Zustand im
April 2006: 1930 bis 1938 wurde im ehemaligen Kleinkindergarten
das so genannte
Ledigenheim untergebracht; junge, unverheiratete
Arbeitslose, die eigentlich noch bei ihren Eltern lebten, übernachteten
hier, um als eigenständiger Haushalt zu gelten und so in den Genuss von
Sozialleistungen zu kommen. Das Gebäude, welches zuletzt leer stand,
wurde 2005 abgerissen. An dieser Stelle befindet sich heute
ein Parkplatz.
Ein Teil der Grundmauern wurde blassen und von der
»Gemeinnützigen Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft Neunkirchen reg. Gen.m.b.H.«
als Erinnerungsstätte gestaltet, wobei eine am 26. November 2009
enthüllte Gedenktafel an das ehemalige Gebäude erinnert.

© Reinhard Müller
Stand: September 2011
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