|
Soziologie in Österreich |
|
|
||||
|
|
||||||
|
|
||||||
|
|
||||||
|
|
|
|
|
Geschichte |
Lily Weiser-Aall geborene Elisabeth Augusta Jeannette Weiser, verheiratete Aall geb. Wien, Kronland Österreich unter der Enns, Österreich-Ungarn (heute Bundesland Wien, Österreich), am 18. Dezember 1898 gest. Oslo, Norwegen, am 26. Februar 1987 Privatdozentin, Volkskundlerin, Psychologin und Übersetzerin Lily Weiser, Tochter des Rechtsanwalts Hans Weiser (1864–1939) und dessen Ehefrau, der Sängerin und Pianistin Louise Weiser, geborene Hess (1870–1927), wollte ursprünglich Pianistin werden. Nach der Reifeprüfung studierte sie jedoch Germanistik und Volkskunde an der Universität Wien, wo sie aufgrund der Arbeit »Weihnachtsgeschenke und Weihnachtsbaum« am 12. Juli 1922 zur Dr. phil. (Germanistik) promoviert wurde. Schon während des Studiums, 1920, reiste sie nach Schweden, um die Sprache zu erlernen. Wissenschaftlich wurde sie vor allem vom Wiener Germanisten und Prähistoriker Rudolf Much (1862–1936) geprägt. 1923 nahm Weiser vorübergehend eine Stelle als Professorin an einer Mädchenmittelschule in Wien an, entschied sich dann aber für Studienreisen nach Schweden, Italien und Deutschland. Am 5. Juli 1927 wurde Lily Weiser aufgrund der Arbeit »Altgermanische Jünglingsweihen und Männerbünde« an der Universität Wien für Germanische Altertums- und Volkskunde habilitiert und war dort im Sommersemester 1928 als Privatdozentin (Priv.-Doz.) tätig. Am 1. Oktober 1928 heiratete Lily Weiser den Universitätsprofessor für Philosophie Anathon Aall (Nesseby / Unjárga, Norwegen 15. August 1867 – Oslo 9. Januar 1943), mit dem sie drei Kinder hatte, darunter Louise Aall (geb. Oslo 1931), verheiratete Jilek-Aall, später Mitarbeiterin von Albert Schweitzer (1875–1965) in Lambaréné (Gabun), zuletzt Professor of Psychiatry an der University of British Columbia in Vancouver, Kanada. Wegen ihrer Eheschließung sagte Lily Weiser-Aall danach ihre Lehrveranstaltungen an der Universität Wien ab und ließ sich 1930 beurlauben. Da sie keine Lehrveranstaltungen mehr abhielt, erlosch ihre Venia Legendi 1935. 1929 übersiedelte Lily Weiser-Aall nach Oslo, wo sie als Hausfrau und Privatgelehrte lebte. Die Sommer verbrachte das Ehepaar meist in seinem Landhaus in Roa in der Gemeinde Lunner. 1933 erhielt Lily Weiser-Aall für ihre Arbeit »Zum Aufbau religiöser Symbolerlebnisse« die Kongens gullmedalje (Königliche Goldmedaille). In diesen Jahren entwickelte sie auch ihr Interesse an der Psychologie und versuchte, die Gestaltpsychologie in der Volkskunde anzuwenden. 1937 wurde Lily Weiser-Aall Mitglied Det Norske Videnskaps-Akademi (Norwegische Akademie der Wissenschaft). Weiser-Aall unterhielt seit diesem Jahr auch enge Kontakte zur Forschungsgemeinschaft »Das Ahnenerbe« und war Mitarbeiterin an dessen Zeitschrift »Germanien. Monatshefte für Germanenkunde zur Erkenntnis deutschen Wesens« (Leipzig). Da ihr Ehemann bei der Heirat bereits über sechzig Jahre alt war, erhielt sie nach dessen Tod 1943 keine Witwenpension, und sie wurde im Juli 1943 bezahlte Mitarbeiterin und Vertrauensfrau des »Ahnenerbes«, wobei sie vor allem Texte aus dem Norwegischen ins Deutsche übersetzte. Nichtsdestotrotz sah sie sich als entschiedene Gegnerin des Nationalsozialismus und soll verfolgten Juden geholfen haben. 1946 wurde Lily Weiser-Aall Kuratorin eines Projekts des »Norsk Ethnologisk Gransking« (Nordisches Archiv für Ethnologie) in Oslo und war dort von 1954 bis zu ihrer Pensionierung Hauptkustodin (Leiterin) dieses Archivs. 1955 wurde sie Mitglied der Kungl. Gustav Adolfs-Akademi (Königl. Gustav Adolfs-Akademie) in Uppsala und 1956 der »Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde«. Der Nachlass von Lily Weiser-Aall befindet sich in der Handschriftensammlung der Nationalbibliothek in Oslo. Selbstständige Publikationen ● Weihnachtsgeschenke und Weihnachtsbaum. Wien 1922, Maschinenschrift. Philosophische Dissertation an der Universität Wien 1922. Erschien unter dem Autorinnennamen Elisabeth Weiser. Druckfassung: ◊ Jul. Weihnachtsgeschenke und Weihnachtsbaum. Eine volkskundliche Untersuchung ihrer Geschichte. Stuttgart–Gotha: Friedrich Andreas Perthes 1923, VII, 92 S. Erschien unter dem Autorinnennamen Lily Weiser. ● Altgermanische Jünglingsweihen und Männerbünde. Ein Beitrag zur deutschen und nordischen Altertums- und Volkskunde. Bühl (Baden): Verlag der Konkordia A.G. 1927 (= Bausteine zur Volkskunde und Religionswissenschaft. 1.), 94 S. Erschien unter dem Autorinnennamen Lily Weiser. Zugleich Habilitationsschrift an der Universität Wien 1927. ● Volkskunde und Psychologie. Eine Einführung, Berlin–Leipzig: Walter de Gruyter 1937, VIII, 132 S. ● Vassbæring i Norge. Oslo: Norsk Folkemuseum 1953 (= Småskrifter fra norsk etnologisk gransking. 1.), 66 S. Norwegisch: Wassertragen in Norwegen. ● Juletreet i Norge. Oslo: Norsk Etnologisk Gransking, Norsk Folkeminnelag 1953 (= Småskrifter fra norsk etnologisk gransking. 2.), 67 S. Norwegisch: Der Weihnachtsbaum in Norwegen. ● Julehalmen i Norge. Oslo: Norsk Etnologisk Gransking, Norsk Folkeminnelag 1953 (= Småskrifter fra norsk etnologisk gransking. 3.), 66 S. Norwegisch: Das Weihnachtsstroh in Norwegen. ● Julenissen og julegeita i Norge. Oslo: Norsk Etnologisk Gransking, Norsk Folkeminnelag 1954 (= Småskrifter fra norsk etnologisk gransking. 4.), 91 S. Norwegisch: Der Weihnachtsmann und die Weihnachtsziege in Norwegen. ● Menn med øreringer i Norge. Oslo: Norsk Etnologisk Gransking, Norsk Folkeminnelag 1957 (= Småskrifter fra norsk etnologisk gransking. 5.), 71 S. Norwegisch: Männer mit Ohrringen in Norwegen. ● Weihnachtszeit. Von Weihnachtsbäumen und Weihnachtsbräuchen einst und heute. [Von] Walter Escher, Lily Weiser-Aall und Robert Wildhaber. Bern: Paul Haupt [1960] (= Hochwächter-Bücherei. 43.), 14 S. & 12 Bildtafeln. ● Svangerskap og fødsel i nyere norsk tradisjon. En kildekritisk studie. Oslo: Norsk Folkemuseum 1968 (= Småskrifter fra norsk etnologiske gramsking. 6/7.), XIII, 303 S. Norwegisch: Schwangerschaft und Geburt in der neueren norwegischen Tradition. Eine quellenkritische Studie. ● Omkring de nyfødtes stell i nyere norsk overlevering. I. Det nyfødte barnets første føde. II. Hexenmilch der Neugeborenen. Kildekritiske studier. Oslo: Norsk Folkemuseum 1973 (= Småskrifter fra norsk etnologiske gramsking. 8.), 110 S. Norwegisch: Über die Stellung des Neugeborenen in der neueren norwegischen Tradition. I. Des Neugeborenen erste Nahrung. II. Hexenmilch der Neugeborenen. Quellenkritische Studien. Herausgeberin von Zeitschriften ● Temenos. Studies in comparative religion. Presented by scholars in Denmark, Finland, Norway and Sweden (Helsinki), 1.–23. Bd. (1965–1987), Mitherausgeberin. Festschriften ● Lily Weiser-Aall in honour of her 80th birthday, 18th December 1978. Lund: Folklivsarkivet 1978 (= Ethnologia Scandinavica. A journal for Nordic ethnology. 1978.), 228 S. Literaturtipps ● Andreas Ropeid: Lily Weiser-Aall 1898–1987, in: Ethnologia Scandinavica. A journal for Nordic ethnology (Lund), 17. Bd. (1987), S. 149–150. ● Anne Moestue: Lily Weiser-Aall og spørrelistearbeidet ved Norsk etnologisk gransking. Oslo: Norsk etnologisk gransking 1998, 24 S. ● Anne Moestue og Reimund Kvideland (red.): »Verden var hennes tekst«. Forskeren Lily Weiser-Aall. En minnebok 1898–1998. Oslo: Norsk etnologisk gransking Norsk folkeminnelag 1998 (= Småskrifter fra Norsk etnologisk gransking. 11. / Norsk folkeminnelags skrifter. 144.), 144 S. ● Brigitte Fuchs: Weiser-Aall, Lily, in Brigitta Keintzel / Ilse Korotin (Hg.): Wissenschaftlerinnen in und aus Österreich. Leben – Werk – Wirken. Wien–Köln–Weimar: Böhlau Verlag 2002, S. 799–801.
Copyright © 2013 Reinhard Müller, Graz |