Emil Lederer: Der Massenstaat | |
Emil Lederer, 1882 in Pilsen geboren und 1939 in New York gestorben, zählt zu den bedeutenden deutschsprachigen Sozialwissenschaftlern der Zwischenkriegszeit. Nach den Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in Wien und ersten Berufsjahren im österreichischen Verbandswesen wirkte er seit 1911 an der Universität Heidelberg. Mit seinen bahnbrechenden Arbeiten zur Soziologie der Angestellten und Analysen zur Wirtschaftsdynamik der modernen Industriegesellschaft hatte der vom Austromarxismus wie auch von der österreichischen marginalistischen Lehre beeinflusste Sozialist prägenden Einfluss auf mehrere Generationen von Studenten in den zwanziger Jahren gehabt. Fast alle Repräsentanten dieser sogenannten "Heidelberger Schule" wurden von den Nationalsozialisten aus Deutschland vertrieben. Lederer gehörte 1933 zu den Mitbegründern der einzigartigen "University in Exile" an der New School for Social Research in New York, der späteren Graduate Faculty of Political and Social Science, als deren erster Dekan er bis zu seinem plötzlichen Tod wirkte. Mit dem zweiten Band der "Bibliothek sozialwissenschaftlicher Emigranten" wird Emil Lederers 1940 in New York posthum erschienene Studie "State of the Masses" erstmals in deutscher Übersetzung der deutschsprachigen Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Weniger an Fachkollegen adressiert, wollte sie einen breiteren Leserkreis vor den Gefahren des totalitären Massenstaates in Europa warnen. Denn das Ordnungsmodell des Faschismus hatte in der Wirtschaftskrise der dreißiger Jahre auch in einflussreichen Schichten der amerikanischen Gesellschaft zahlreiche Anhänger gefunden. Wissenschaftshistorisch zeigt dieses Werk zugleich den Erfahrungszuwachs eines europäischen Emigranten, der in der neuen sozialen Welt der USA seine bisherigen theoretischen und politischen Gewissheiten einer vorbehaltlosen Korrektur unterzog. Lederers Analyse des Massenstaates reflektiert diesen Lernprozess und dokumentiert nicht zuletzt damit seine noch heute erstaunliche Aktualität. Wer etwa nach den Gründen für den Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus in der jüngsten Zeit sucht, wird in diesem Buch einige originelle Anregungen finden. |
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Inhaltsverzeichnis |
9-40 |
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Einleitung |
41-44 |
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I. Massen und soziale Gruppen |
45-58 |
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Soziale Gruppen Die Gruppenpsychologie Menschenansammlungen Massen Massenhandeln und Führerschaft "Abstrakte Massen" Der totalitäre Staat: Der Massenstaat |
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II. Der Hintergrund des Faschismus |
59-72 |
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Der neue Mittelstand Neue Ideologien und objektive Wissenschaft Das Zerbrechen der Autorität im Weltkrieg Ungelöste wirtschaftliche Probleme Der Rückzug der Demokratie aus der Politik Die Angst vor dem Bolschewismus Einige Anmerkungen zu Japan |
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III. Die Entstehung der modernen Massen: Italien |
73-89 |
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Massen im 19. Jahrhundert Die Zerstörung der Gesellschaft durch den Faschismus Exkurs I: Die religiöse Gemeinschaft Exkurs II: Das Massenheer Die Ersetzung der Gesellschaft durch die Massen im Faschismus Der italienische Faschismus |
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IV. Die Entstehung der modernen Massen: Deutschland |
91-110 |
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Die Reduktion der deutschen Gesellschaft zur Masse Die Wirtschaftspolitik des deutschen Massenstaates Die "Volksgemeinschaft" |
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V. Gesellschaft und Sozialismus |
111-134 |
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Der historische Hintergrund des modernen Sozialismus Marxismus: Der Klassenkampf und die klassenlose Gesellschaft Die Notwendigkeit des Klassenkampfes Die Diktatur des Proletariats Die Zukunft des Sozialismus Die Fehler der Arbeiter Die Fehler der Kapitalisten Der realistische Sozialismus |
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VI. Wie lange kann der Massenstaat existieren? |
135-151 |
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Die Intellektuellen Die Untergrundbewegung Wirtschaftliche Interessen Die Bürokratie Die Armee Die Partei Imperialismus |
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VII. Massenstaat und Sozialismus |
153-160 |
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Anhang |
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I. Über Gruppenpsychologie und magisches Denken |
163-165 |
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II. Zur Frage der "Massenseele" |
167-168 |
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III. Über das Verhalten latenter und aktiver Massen |
169-171 |
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IV. Das Verhalten aktiver Massen nach Le Bon |
173-175 |
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V. Über Massen- und Gruppenführer |
177-180 |
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VI. Über die Propaganda |
181-184 |
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Anmerkungen |
185-189 |
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Reinhard Müller: Auswahlbibliographie |
190-209 |
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Index |
210-214 |