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Franz Joseph I. von
Habsburg-Lothringen
d. i. Franz Joseph Karl von
Habsburg-Lothringen
An meine Völker!
in: Wiener Zeitung (Wien), Nr. 175
(29. Juli 1914), S. 1.
Seine k. und k. Apostolische Majestät
haben das nachstehende Allerhöchste Handschreiben und Manifest
allergnädigst zu erlassen geruht:
Lieber Graf Stürgkh!
Ich habe Mich bestimmt gefunden, den
Minister Meines Hauses und des Äußern zu beauftragen, der königlich
serbischen Regierung den Eintritt des Kriegszustandes zwischen der
Monarchie und Serbien zu notifizieren.
In dieser schicksalsschweren Stunde ist es
Mir Bedürfnis, Mich an Meine geliebten Völker zu wenden. Ich beauftrage
Sie daher, das anverwahrte Manifest zur allgemeinen Verlautbarung zu
bringen.
Bad Ischl, am 28. Juli 1914.
Franz Joseph
m. p.
[Karl Graf von] Stürgkh
m. p.
An Meine Völker!
Es war Mein sehnlichster Wunsch, die
Jahre, die Mir durch Gottes Gnade noch beschieden sind, Werken des
Friedens zu weihen und Meine Völker vor den schweren Opfern und Lasten
des Krieges zu bewahren.
Im Rate der Vorsehung ward es anders
beschlossen.
Die Umtriebe eines haßerfüllten Gegners
zwingen Mich, zur Wahrung der Ehre Meiner Monarchie, zum Schutze ihres
Ansehens und ihrer Machtstellung, zur Sicherung ihres Besitzstandes nach
langen Jahren des Friedens zum Schwerte zu greifen.
Mit rasch vergessendem Undank hat das
Königreich Serbien, das von den ersten Anfängen seiner staatlichen
Selbständigkeit bis in die neueste Zeit von Meinen Vorfahren und Mir
gestützt und gefördert worden war, schon vor Jahren den Weg offener
Feindseligkeit gegen Österreich-Ungarn betreten.
Als Ich nach drei Jahrzehnten segensvoller
Friedensarbeit in Bosnien und der Hercegovina Meine Herrscherrechte auf
diese Länder erstreckte, hat diese Meine Verfügung im Königreiche
Serbien, dessen Rechte in keiner Weise verletzt wurden, Ausbrüche
zügelloser Leidenschaft und erbittertsten Hasses hervorgerufen. Meine
Regierung hat damals von dem schönen Vorrechte des Stärkeren Gebrauch
gemacht und in äußerster Nachsicht und Milde von Serbien nur die
Herabsetzung seines Heeres auf den Friedensstand und das Versprechen
verlangt, in Hinkunft die Bahn des Friedens und der Freundschaft zu
gehen.
Von demselben Geiste der Mäßigung
geleitet, hat sich Meine Regierung, als Serbien vor zwei Jahren im
Kampfe mit dem türkischen Reiche begriffen war, auf die Wahrung der
wichtigsten Lebensbedingungen der Monarchie beschränkt. Dieser Haltung
hatte Serbien in erster Linie die Erreichung des Kriegszweckes zu
verdanken.
Die Hoffnung, daß das serbische Königreich
die Langmut und Friedensliebe Meiner Regierung würdigen und sein Wort
einlösen werde, hat sich nicht erfüllt.
Immer höher lodert der Haß gegen Mich und
Mein Haus empor, immer unverhüllter tritt das Streben zutage,
untrennbare Gebiete Österreich-Ungarns gewaltsam loszureißen.
Ein verbrecherisches Treiben greift über
die Grenze, um im Südosten der Monarchie die Grundlagen staatlicher
Ordnung zu untergraben, das Volk, dem Ich in landesväterlicher Liebe
Meine volle Fürsorge zuwende, in seiner Treue zum Herrscherhaus und zum
Vaterlande wankend zu machen, die heranwachsende Jugend irrezuleiten und
zu frevelhaften Taten des Wahnwitzes und des Hochverrates aufzureizen.
Eine Reihe von Mordanschlägen, eine planmäßig vorbereitete und
durchgeführte Verschwörung, deren furchtbares Gelingen Mich und Meine
Völker ins Herz getroffen hat, bildet die weithin sichtbare blutige Spur
jener geheimen Machenschaften, die von Serbien aus ins Werk gesetzt und
geleitet wurden.
Diesem unerträglichen Treiben muß Einhalt
geboten, den unaufhörlichen Herausforderungen Serbiens ein Ende bereitet
werden, soll die Ehre und Würde Meiner Monarchie unverletzt erhalten und
ihre staatliche, wirtschaftliche und militärische Entwicklung vor
beständigen Erschütterungen bewahrt bleiben.
Vergebens hat Meine Regierung noch einen
letzten Versuch unternommen, dieses Ziel mit friedlichen Mitteln zu
erreichen, Serbien durch eine ernste Mahnung zur Umkehr zu bewegen.
Serbien hat die maßvollen und gerechten
Forderungen Meiner Regierung zurückgewiesen und es abgelehnt, jenen
Pflichten nachzukommen, deren Erfüllung im Leben der Völker und Staaten
die natürliche und notwendige Grundlage des Friedens bildet.
So muß Ich denn daran schreiten, mit
Waffengewalt die unerläßlichen Bürgschaften zu schaffen, die Meinen
Staaten die Ruhe im Inneren und den dauernden Frieden nach außen sichern
sollen.
In dieser ernsten Stunde bin Ich Mir der
ganzen Tragweite Meines Entschlusses und Meiner Verantwortung vor dem
Allmächtigen voll bewußt.
Ich habe alles geprüft und erwogen.
Mit ruhigem Gewissen betrete Ich den Weg,
den die Pflicht Mir weist.
Ich vertraue auf Meine Völker, die sich in
allen Stürmen stets in Einigkeit und Treue um Meinen Thron geschart
haben und für die Ehre, Größe und Macht des Vaterlandes zu schwersten
Opfern immer bereit waren.
Ich vertraue auf Österreich-Ungarns
tapfere und von hingebungsvoller Begeisterung erfüllte Wehrmacht.
Und Ich vertraue auf den Allmächtigen, daß
Er Meinen Waffen den Sieg verleihen werde.
Franz Joseph
m. p.
[Karl Graf von]
Stürgkh m. p.
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