M. Mautner [d.i. Marie Jahoda]: Die Intellektuellen und die revolutionäre Bewegung in ÖsterreichIn: Der Kampf. Neue Folge (Brünn [Brno]), 4. Bd., Nr. 1 (1937), S. 16-22.1Die Veröffentlichung auf dieser Website erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Lotte Bailyn, Belmont (Massachusetts). |
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friedigende Funktion ausüben können, die sozialistischen Intellektuellen gewöhnlich versagt ist: die Bildung ideologischer Keimzellen. Der sozialistische Intellektuelle entbehrt diese Möglichkeit in seinem Arbeitsmilieu, er ist isoliert.S. 18
ohne ihr gesellschaftliches Sein und ihre gesellschaftliche Funktion zur Diskussion zu stellen.S. 19
Verteidigungskrieg gegen sie ist aber zumindest heute noch ein weniger aufregendes Problem als die Präventivmaßnahmen ihrer sinnvollen Einordnung in die Bewegung.S. 20
in immer größerem Maße durchsetzen.) Der intellektuelle Mitarbeiter muß sich darüber klar sein, daß er sich nicht auf dem Weg der Erringung höchster Funktionen, sondern nur in intensivster, in der Funktion stets gleichbleibender Arbeit durchsetzen kann.S. 20
Partei noch keine endgültige Stellung bezogen hat, an der Willensbildung mitzuarbeiten. Die geistigen und moralischen Anforderungen an den Referenten sind hier deshalb so besonders groß, weil er der Versuchung widerstehen können muß, in erster Linie für eine eigene vorgefaßte Meinung Anhänger zu werben. Ohne Zweifel kann jeder geschickte und geschulte Intellektuelle vier Arbeitern so lange »ein Loch in den Bauch reden«, bis sie entweder aus Müdigkeit oder weil sie seiner formalen Ueberlegenheit ausgeliefert sind, ja und amen sagen. Diese Form der »Willensbildung« ist aber höchst uninteressant für die Bewegung. Die Willensbildung hat vielmehr in ständiger Wechselwirkung zu verlaufen. Der Intellektuelle verfügt über Wissen, formale Schulung, Kenntnis der verschiedenen Strömungen in der Partei, daneben über Gedanken und vielleicht sogar auch über eine eigene Meinung. Alles das hat er zu konfrontieren mit dem, was er nicht hat: nämlich mit der Kenntnis von der realen Lebens- und Bewußtseinslage der Arbeiterschaft inner- und außerhalb der Betriebe. Erst die Kombination beider Faktoren erlaubt eine politische Meinungsbildung. Der Referent muß also den Zirkel ebenso als Erkenntnisquelle für sich betrachten wie die anderen Zirkelmitglieder. Eine solche Methode erst gestaltet die Schulungsarbeit zu dem, was sie sein soll: nicht nur die Stelle, an der Tatsachen vermittelt werden, sondern die Stelle, an der eine Methode der Weltbetrachtung von allen Zirkelmitgliedern gelernt wird. Tatsachen sind nur an Hand von Kenntnissen und Wissen erkenntnismäßig bewältigbar, Wissen führt nur in ständiger Konfrontation mit den Tatsachen von der Interpretation zur Handlung. Der Intellektuelle ist dazu prädestiniert, das formal geistige Moment beizusteuern.S. 21
Jeder einzelne Intellektuelle hat zu entscheiden, ob er sympathisierender Spezialist, mitarbeitender Spezialist, technischer oder politischer aktiver Mitarbeiter sein will. Es war die Absicht dieser Arbeit, den weiten Rahmen für die Eingliederung der Intellektuellen abzustecken, die Grenzen ihrer Aktionsmöglichkeiten aufzuzeigen. Aufgabe der Organisation ist es, diesen Rahmen mit aktiven Intellektuellen aufzufüllen.