OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1935-38 / 1935-12-25

Mittwoch, 25. XII. Weihnachten.

Am Samstag im Burgtheather „Torquato Tasso“. Eine Festvorstellung, zu der Meinl geladen hatte – Sonntag noch mit dem Bericht beschäftigt. Am Abend kam Mimi & war sehr süss. Eine unserer schönsten Liebesstunden.

Am Montag tauchte Haberler auf; wie immer. Wir werden wohl eine ganze Menge diskutieren; er brachte auch einige Schriften, die ich erst lesen werde. Morgen kommt er zum Tee. Am Abend mit Mimi im Volkstheater bei „Liebe – nichtgenügend“, ein ganz passables Stück bei den heutigen Zeiten.

Gestern also Weihnachtsabend. Es war alles sehr schön. Mi. kam zwar verspätet, war aber sehr glücklich. Sie bekam den schönen Koffer, die Longines, Schreibmappe, Feuerzeug, Bluse. Sie freute sich sehr. Sie schenkte mir also wirklich den wunderschönen Ring. Noch nie sah ich einen so herrlichen Siegelring. Sehr schwer (23g!), Platin, einfach, mit hübschem Monogramm. Ich trage ihn am linken Ringfinger & werde ihn immer dort behalten, so Gott will. Sie hat mir damit eine ganz ausserordentliche Freude gemacht & sie freut sich selbst daran nicht wenig. Dann: eine Menge Krawatten, Sportmanschettenknöpfe, 2 Aschenschalen, Schal, Bild, 3-Farbenfüllbleistift, etc. Sie machte die süßeste Liebeserklärung.

Zu Hause war es auch sehr nett & alles war zufrieden. Hannchen bekommt von mir ein Abendkleid (Bon). Mir gab sie die 100 Jahr Ausgabe des Faust; ein prächtiges, sehr willkommenes Buch. Dann eine Pfeife mit Zubehör; eine Reiseuhr (die weckt), sehr praktisch. etc.

Heute war ich lange bei den Eltern. Zur Jause erschienen ...-Frauen (3) & Fr. Wendt.

Mimi fuhr heute früh nach Toblach, trifft Ravà, Macello etc., macht die Überquerung nach Cortina& ist am 2. früh wieder hier. Ich habe bis dorthin sehr viel Arbeit & muß mich zus.nehmen.

Hodge schrieb gestern, daß er nun eine andere Übersetzerin hat (Dr econ. Smith), die jetzt flott weiterarbeiten wird. Also werde ich ihm jetzt den Rest schicken. Ich will bis zum 6. möglichst wenig ins Büro gehen, & statt dessen hier draussen alles schreiben.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1935-38, Eintrag 1935-12-25
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.21)