OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1935-38 / 1936-04-19

Sonntag, 19. IV.

Gestern Abend war Mimi hier & es war ein sehr schöner Abend. Sie war recht lieb. Viel Plage hat sie. Die Semperit scheint sabotieren zu wollen, um das ganze Geschäft allein zu machen. Aber ich bin schon der festen Ansicht, daß Mimi sehr viel aus ihrer Erfindung herausholen wird können. Aber es wird noch manche Nuß zu knacken geben.

England hat bisher eigentlich die grösste diplomatische Niederlage seit Jahrzehnten erlitten. Ich zweifle, daß sich das Blatt noch wenden wird. Es ist aber eine Schande, daß Mussolini machen kann, was er will. Sein Verbündeter ist die allg. Furcht vor einem europäischen Kriege. Aber einmal wird sich jemand wiederum so verhalten & einmal wird er dann doch nicht mehr aufzuhalten sein.

Wenn ich mich frage, worin ich eigentlich meine Hauptaufgabe der Arbeit an ökon. Problemen sehe, so ist es wohl die Einführung wirklich exakten Denkens & wirklich exakter Methoden. Ein Abstecken der Grenzen, Festlegung der Mittel & Versuch zum wirklich wiss. Auf- und Ausbau. Daher schreibe ich auch nicht über Dinge, über die sich zwar so allg. sehr viel sagen läßt, wo sich aber das was ich sagen möchte noch nicht wesentlich von der bisherigen Art zu diskutieren unterscheiden würde.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1935-38, Eintrag 1936-04-19
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.21)