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tagebücher / 1935-38 / 1936-08-21

Freitag, 21. August.

Ich hatte einfach keine Zeit, Eintragungen zu machen. Ich bin sehr beschäftigt & es ist die interessanteste Arbeit, die man sich denken kann. Sachlich wie persönlich. Psychologisch auch sehr int. Über die vielen Gespräche führe ich eigene Aufzeichnungen in einem Heft. Das ist schon wegen der Kontrolle nötig. Wie z. B. Rauscher versuchte, mich zu beschwindeln! Und wie er dann begriff, daß das nicht so leicht geht. Und diese grotesken Interessentenvertreter. Wie dummdreist manchmal. – Ich habe ein Büro im HMin; vorläufig benütze ich das Zimmer von Grünebaum. Fuchs ist krank & kommt viell. überhaupt nicht wieder, was kein Schaden wäre. Bes. gute Beziehungen knüpfen sich zum Fin. Ministerium, so z. B. zu Pfaundler, Hofer etc. Die Beamten in der Verk Sek. sind freundlich. Mir ist Ob. Bahnrat Dr. Riedl zugeteilt. In den Akten findet sich gar nichts, was auch nur annähernd nach Studium, Untersuchung oder dergl. aussieht. Ist eigentlich trostlos. Und so viele Beamte! Das Exposé wächst jetzt aber heran & wird Mitte nächster Woche fertig sein, so daß es dann vervielfältigt werden kann, samt Zeichnungen.

Eine neue Unterredung mit Stockinger. Er ist sehr nett; vor allem, daß er auch keine Lösung von mir verlangt, die mich ev. nur in ein schiefes Licht setzen könnte. Er hat aber selbst keinen festen Standpunkt, es scheint, daß es ihm auf ein praktisches Kompromiß ankommt.

Vorgestern war ich wieder bei Draxler. Wir sprachen fast 1 1/2h in aller Ruhe. Meine bisherigen Untersuchungen haben ihn sehr befriedigt. Er will keiner Verlängerung mehr zustimmen, um so die Transportsteuer zu erzwingen. Den Rechnungshof hatte er auf die Rona gewiesen, wie ich ihm geraten hatte. Wir werden dann gleich die Postautobetriebe angehen. Ich soll auch die Ausgabenzettl der Bahnen studieren etc. Also sehr viel! Draxler & ich mögen uns auch persönlich gut leiden. Er ist jedenfalls ein guter Fin. Minister.

Es wird wieder von Reg.umbildung gesprochen. Rizzi FinMin.; Jakoncig Handel, Sibik Unterricht. Aber alles ist ungewisss.

Einige Tage musste ich zum Überfluß im Bett bleiben: Eine Infektion am rechten Fuß. Viell. Streptokokken. Die Geschwulst ist weggegangen, aber ob es ganz sicher ist, dass der Herd zerstört ist, weiß ich nicht.

Mimi war in Salzburg. Diese Woche einige Tage in Wimpassing um weiter Gummi zu erzeugen. –

Heute kommen die Eltern. Hannchen ist seit Montag hier. Nicht in guter Verfassung. Es ist ein Kreuz.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1935-38, Eintrag 1936-08-21
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.21)