Samstag, 26. Dez. 36.
Wieder eine Zeit mit vielerlei Dingen. Mit Mimi einige schöne Stunden verbracht, so vor einer Woche, oder am Sonntag bei ihr (!) & dann Spaziergang; am Montag kam sie spät am Abend wieder. Immer war sie bes. lieb zu mir.
Di. war intermin. Commission. Es war ein grosses Theater, wie der arme Referent Juranek die Glasanalyse bestätigen mußte. Kienböck hat nicht nachgegeben & wir beide nahmen den Mann tüchtig vor. Er sah aber selbst alles ein. Kienböck ist wirklich glänzend. Mittwoch p.m. war ich bei Kienböck; wir sprachen uns wieder ausgezeichnet. Er begründete, warum er den Kaffeezoll nicht senken liess; ich glaube, daß man es schon hätte tun können. Es ist aber ein gutes Druckmittel auf die Zuckerleute, noch weiter herunterzugehen. Ich präsentierte ihm den Brief an die N.Bank wegen 10000.- Sch. Beitrag. Er nannte mich einen Raubersbuam; wird aber sicher mehr zahlen. Über den Fin. Min. sprach er im gleichen Sinne, wie ich denke: brav, aber Beamter; kein Kämpfer. Als ich fragte, was er von Taucher denke, lehnte er sich vor, sah mich streng an & sagte: Ein Vaserl! Von dem erwarten Sie sich gar nichts (i. puncto W.politik). Er, K., ist sehr enttäuscht, obwohl er zugibt, daß er Kenntnisse hat, honorig ist etc. zu denken, daß T. sich die Regelung des Kammergesetzes von Neustädter wegnehmen liess. Jetzt versucht man, das wieder rückgängig zu machen. Aber was sind das für Sachen! Wenigstens hat man jetzt (z.T. durch meine Denkschrift) erreicht, daß die Zoll & Verbotsliste zurückgestellt worden ist. Kienb. fährt nach Lugano zu einem Schiedsgericht. Wir wollen uns aber bald wieder sehen; zwischen uns entwickeln sich wirklich freundschaftliche Beziehungen.
Do. war heiliger Abend. Von Mi eine Lederweste, schöne neue Pfeife, Tabak, russ. Eau de Col. (Atkinson) & Zerstäuber, div. Bücher. Ich gab ihr den Mistelzweig aus Bergkristall (Brosche) & die Seehunde. - Von den Eltern Likörgläser, Tablett, Keksdose, China-Buch, etc. Also sehr schön alles. Gestern fuhr Mi Ski-laufen. Hoffentlich erholt sie sich, was dringendst nötig ist. Ich war gestern bei Voegelin, der sehr hübsch wohnt. Gulik Fam. kamen zu den Eltern zum Tee. Er hat noch nichts wegen meiner Einl. nach Calif. gehört. Dagegen kam ein lakonischer Brief von Haberler, er sei über mich gefragt worden, und ob ich dauernd nach US kommen möchte. Er könne sich schon denken, um was für eine Stelle es sich handle. Er weiss es also auch nicht sicher; sagt aber nichts. Ich habe natürlich keine Ahnung. Viell. Yale, Cornell? Es wird schwer sein, den richtigen Entschluß zu treffen. Wenn vorher noch Carnegie käme, wäre es das beste. Aber ich habe noch nichts gehört; Davis dürfte kurz vor Weihn. gekommen sein.
Ich fahre Montag Abend nach Rom zu De Viti. Ich freue mich sehr; ich habe mit Gini wegen Zus.arbeit der Institute im Sinne der Pariser-Sitzung vom Nov. zu sprechen.
Schmerzlich ist, daß Menger nun auch auf 1 Jahr nach US geht (Notre Dame Univ.). Hoffentlich kommt er wieder. Ich bin immer mehr der Einsamkeit hingegeben & immer mehr auf mich allein gestellt.
Neulich grosse Sitzung in der Verkehrssektion wegen LKV. Etwa 40-50 Personen. So merkwürdig. Ich hatte bald die ganze Sache in der Hand. Alle meine Vorschläge wurden angenommen. Fuchs & Gruenebaum sind lächerliche Figuren; Rauscher saß mit bitterbösem Gesicht da. Seine Rona II ist durch den Lauf der Dinge zu Fall gebracht worden. Das ist ihm natürlich unangenehm.
Bei Taucher war ich auch neulich. Meine Tätigkeit hat er um ¼ Jahr verlängert & will ihr dann irgend eine definitivere Form geben. Im übrigen brachte das Gespräch nichts wesentliches zu Tage. T. ist nett, aber farblos.
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.21)




