OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1938-39 / 1938-07-08

Chocorua, N. H. 8. Juli

Seit Sa. vor. Woche hier & ganz zufrieden. Die Gegend ist hübsch, es ist ruhig, preiswert, nur zu viele alte Frauen. Am 30. in N. Y. kam ein Kabel von aus London: Remembering, Longing Love Mimi! – Und ob ich mich auch erinnere. "Fourth Floor, Madam?"! Und Carnet de Bal, Duchess of Kent, usw. usw.- Was wird nur endlich weiter werden. Ich schreibe Mimi nicht; zur Strafe, weil sie mir nicht schreibt, habe ihr aber noch ein Kabel wegen der Naftolen-Sache geschickt und ehestes Kommen geraten. – Ich dachte bis zum 11. hier zu bleiben, dann einige Tage die Burns' zu besuchen, die hier in nächster Nähe wohnen & dann zu John D. 3rd nach Seal Harbour zu reisen, wenn ihm diese Zeit passt. Bis jetzt noch nichts von Eve gehört, ferner soll meine Schreibmaschine kommen, die ich durch die R. Found. billiger bekomme. Dann sind sofort viele Briefe zu schreiben. Wagemann will mir sogar eine Abfindung zahlen, wenigstens einen Teil. Gut.

Heute Brief von Henry Clay aus London: Kienböck ist nicht im Konzentrationslager, sondern unbehelligt. Schacht hat interveniert. Bin ich froh! Nun werde ich ihm schreiben. – Die Eltern sind in d. Ramsau, wie es scheint sehr zufrieden. Hannchen in Wien, ungewiss wann Urlaub ist.

Ich denke über m. Vorlesungen nach. Es wird noch sehr viel Arbeit geben, aber es wird sich machen lassen. Für's erste wird vorgesorgt sein; und dann habe ich ja nichts anderes zu tun. Wie verschieden von dem Wr. Durcheinander! Ich hoffe am 11. VIII. nach Cuba fahren zu können; der Consul hat mitgeteilt, daß es keine Schwierigkeit geben wird. Ich könnte Ende August wieder in Princeton sein. Dann hätte ich im September Ruhe zur Arbeit. Ich muß sehr viel lesen. Diese Woche habe ich es leicht genommen; nur Thomas' Banking gelesen, platt, geschwätzig.

Gestern Tennis gespielt; heute ganz steif. In Princeton werde ich es tüchtig betreiben. Gestern im See geschwommen; sehr angenehm. Ich werde Golf lernen. J. D. 3rd würde gerne mit mir spielen. Es wird aber noch genug Zeit zu alle dem sein. –

Wie einsam ich doch bin; trotz der vielen Bekannten. Hier in USA ist nur Gottfried, der mir am nächsten steht. Man wird es auf die Dauer müde werden so allein zu sein; ohne Frau. Mimi wird sich bald klar entscheiden müssen. – .

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1938-39, Eintrag 1938-07-08
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.22)