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tagebücher / 1938-39 / 1938-10-20

Donnerstag, 20. Okt.

Bei Shepard war es sehr angenehm. Er & seine Frau sind wirklich sehr nett. Sie hatten sogar einen ganz echten Apfelstrudel gemacht! Noch: 2 Beckharts, Mme Murray (?), unterrichtet in Barnard Geschichte (der Mann ist Franzose & Journalist). Mr. & Mrs. Shepardsen (?); er ist Leiter der Central Am. … Ein in jeder Hinsicht interessanter Abend, mit kultivierten Leuten, in einem sehr schönen Heim, wie alles in Europa nicht besser sein könnte. Ich mußte viel an Mimi denken; wie schön, wenn sie hätte dabei sein können. Ich spüre in mir eine steigende Unruhe & Ungeduld; so groß ist jetzt mein Verlangen, sie wiederzusehen, daß ich manchmal gar nicht weiss, wie ich mich zus.nehmen soll. Wie schlimm doch das Leben manchmal ist; dabei mag äusserlich alles ganz passabel aussehen.

Gestern ein netter Brief von den Eltern. Sie müssen sehr bedrückt gewesen sein, scheinen nun aber aufzuatmen. Meine Sachen sind unterwegs. Mimi soll auch einiges beigepackt haben & ich wundere mich, was es wohl sein kann. Sie ist in diesen Dingen so bedacht & liebevoll.

Die nächsten 3 Tage will ich mich sehr konzentrieren. Es war warmes Sommerwetter während der letzten Tage.

Später: Ich möchte Mimi gern ein Buch senden, das sie an Mord in Southampton bekommen sollte. Hoffentlich finde ich etwas passendes. „New York Panorama“ (FWP) könnte recht geeignet sein; wenigstens nach den Rezensionen zu urteilen. Ich werde es mir morgen ansehen. – Jetzt regnet es. Mein Radio ist recht gut. Eben höre ich Big Ben aus London schlagen. Europa höre ich manchmal besser als N. Y.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1938-39, Eintrag 1938-10-20
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.22)