OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1940-41 / 1940-03-15

Freitag 15. III.

Heute Einkommensteuer. (5499.-; Steuer ca. 135.-; man denke an 37% in England; oder was die Eltern zu zahlen haben!) Gerne geschehen, hier in US. –

Dienstag war strahlendes Wetter, wenn auch kalt. Mittag traf ich mich mit Diana im Rest. Stockholm (27W5I), wo wir gut assen & uns glänzend sprachen. Sie hatte Zeit & es lockte uns hinauszufahren. Via Hudson Parkway, immer weiter, bis ich Bear Mountain vorschlug, worauf sie gerne einging. Vom Berg oben herrliche Aussicht. Die Wolkenkratzer von N.Y. konnte man nicht nur sehen, sondern viele identifizieren. Dabei sind sie ca. 50 Meilen entfernt! In der Tun nahmen wir Café & fuhren auf der Jersey Seite zurück. Um 615 setzte ich Diana beim Rock. Center ab; sie ging zu einer Cocktail Party, die sich nachher als „lousy“ herausstellte. Ich fuhr zum Pol. Ec. Club, hörte Lerner’s Unsinn über Balancing the Budget & fand es ebenso lousy. Wie viel besser, wenn wir beisammen geblieben wären, bes. da wir uns so gut gesprochen haben. Diana nahm meine Börse aus Versehen mit & ich hatte gestern einen netten, zerknirschten Brief. Heute tel. ich mit ihr & es dürfte sein, daß sie mich Dienstag hier besuchen kommt; dies ist zufällig auch ihr freier Tag. Mit Diana stellt sich ein sehr inniger Kontakt her & ich glaube, daß wir schon recht gute Freunde geworden sind.

Viele Vorlesungen, aber es ging ganz gut. Manche Studenten fragen sehr intelligent. Frau Fried (von Hans F.) ist jetzt hier & sah neulich einige meiner Studenten, die ihr erzählten, daß meine Vorlesungen zwar schwierig aber gut seien & ich sei „a fine fellow“.

Finnland hat „Frieden“. Was für ein trauriges Schicksal. Die Idioten im Westen -. Ich habe eine solche Wut, daß ich mich gar nicht äussern kann.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1940-41, Eintrag 1940-03-15
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.23)