Sa. 23. III: 40.
Es war keine Zeit für Eintragungen. Aber das Wichtigste: vor 8 Tagen kam Mimi & wir gingen ins Theater: Lady in Waiting. Eine lustige Farce; gut gespielt. Sie amüsierte sich sehr. So ein Spaziergang bei herrlichem Wetter entlang der Allee am Kanal, Lunch bei Weyls (wo noch ein Math. Dr. Bussermann(?) (Vater Dir. von Krupp) Spazierfahrt (Skillmann etc), zu mir & Mi heim. Gut gesprochen, aber doch schwierig & für mich sehr entmutigend. Mimi tut mir so leid; die Arme ist unglücklich & man weiss nicht, wie ihr zu helfen ist. Wenn sie wenigstens nicht die Schwierigkeiten in ihrer Firma hätte, wo die Zustände grotesk sind; die Francis Dupont hat eintreten lassen.
Dienstag 1h holte ich Diana in Trenton ab. Das Wetter war schön & ziemlich warm; wir lunchten in Wash. Crossing Inn, bestiegen den (2.) Bismarckturm; fuhren hierher, besichtigten; Cocktail-Party bei mir (Whitton, 2 Riefler 2 Beck, Robertson, W. Stewart, Thomas). Dann im Listening Center, Peacock Inn; bei mir & um 9h fuhr Diana von der Junction heim, offensichtlich bester Stimmung. Sie war sehr nett, freundlich & heiter. Mehr als ein Zeichen, daß wir uns sehr mögen. Und noch mehr war später zu sehen.
Mittw. in N. Y., Nat. Bureau; Tee mit Noël, recht kurz; die Arme sieht krank aus. Mimi traf ich um 1h, wir assen zus. im New Hungaria, sahen einen Kurzfilm & um 10 fuhren wir, Hannay & Post nach P. Mi übernachtete & fuhr um 9h weiter.
Gestern wieder in N.Y. mit Rappard hinaufgefahren, der Do. einen etwas merkwürdigen Vortrag Why Peace failed gehalten hatte. Er behauptete, daß der Versailler Vertrag tatsächlich die Wilsonschen Ideen ausgedrückt hätte!!
Gestern Lunch mit ihm & einigen anderen. Er erzählte, daß Hitler sich Burckhardt gegenüber beklagt habe, daß die Engländer ihm niemals einen Botschafter geschickt hätten, mit dem er habe reden können (sowohl deutsch, als auch dem Tone nach). Recht bemerkenswert. Heute las ich Sir Nev. Hendersons Memoiren in Life. Einfach grässlich, wie er selbst dabei herauskommt. Wie er sich beklagt, daß Hitler ihn nur einmal angelächelt habe! Der Idiot.
In N.Y. holte ich Diana ab; wir fuhren zu ihr, hatten einen Aigh-Ball & unterhielten uns etwa 3/4h. Sie sah reizend aus & war freundlicher als je. Morgen bin ich bei ihren Eltern zum Easter-Dinner; wo sie auch kurz hinkommt. Von ihr zu Gev. Roberts (Nat. City Bank) (2 Sokal, 2 Beckhart, 2 Tirana, 2 Riddle, 2 Graham (stor & Stability), Gayer etc.) Recht nett. Ich fuhr um ½ 11 heim.
Heute kam Opie zu mir. (Er hatte gestern hier gesprochen.) Er ist jetzt ökon. Berater der brit. Botschaft in Washington. Wir waren bei Lunch & Dinner beisammen. Es war sehr angenehm. Was für ein Kontrast zu meinen hiesigen Kollegen: belesen, sprachgewandt, etc etc . Und unsere Erinnerungen: Harvard 1927 (Allyn Young!), Wien, Oxford. In was für traurige Zeiten wir gesetzt sind; die Besuche in Wien erschienen uns in glänzendem Lichte . Er ist recht pessimistisch, glaubt an langen Krieg & gibt zu, daß für die Allierten wenig Aussicht auf Sieg besteht.
Was für ein Leben. Als ob die Welt es wüsste & es nicht Frühling werden lassen will weil es ja nicht dafür steht.
Von den Eltern ein Brief; vom 29. Feb. Kälte & andere Unbillen. Von mir seit Dez. keine Nachricht (ausser 2 Kabel). Heute von Brief von J. Meinl jun. Er will doch herüberkommen & ich muß ihm bald schreiben.
Wie wenig doch Spaß macht, wenn man so gelegentlich etwas umfassend denkt & fühlt! An das Unglück der Millionen zu denken (Polen, Finnen etc ).
War of Idiocy against Insanity. (Villard) Kann es besser gesagt werden? Aber: gibt es überhaupt ein nachher, einen Frieden? Eine neue Weltordnung, Moral, Menschenwürde? Wie sehr muß man nicht streben, einen kleinen Kreis von Freundschaft & Liebe zu haben, um sich halten zu können .
Selten habe ich das Gefühl einer zerbrechenden Welt so deutlich gehabt, als während der beiden Besuche von Myrdal & Opie. Jeder zweifelte, ob er sein Land je so wieder sehen würde, wie er es kennt & liebt; jetzt, wo alles getan werden muß, um es ganz zu wandeln, fruchtlos, furchtbar. Der Schatten, der über uns in Wien lag, reicht jetzt in ihr Leben - & das aller dortigen.
Morgen ist Ostern. Auferstehung?
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.23)



