OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1940-41 / 1940-04-25

Do. 25. April.

Gestern einmal Sonne, so auch heute z. T. Das tat gut. Ich hatte eine schlechte Nacht mit Kopfweh & offenbar etwas “Sinustrouble“. Es ist aber vergangen. Die Vorlesungen & Precepts in Konj.theorie machen mir mehr Spaß als alle bisherigen Vorlesungen (hier oder in Wien). Allmählich werde ich sie besser ausarbeiten & dadurch endlich einmal wirklich etwas lernen.

Neulich sagte Whittlesey, daß er eine Berufung nach Penn. State habe; ich riet ihm zu, anzunehmen, weil er sich im neuen Milieu viel wohler fühlen wird. Er scheint sich ernsthaft mit dem Gedanken zu tragen. Natürlich kommt es darauf an, was hier geschieht. Lutz könnte seinen Posten hervorragend füllen. Aber ich habe kein Zutrauen zu Howards Kenntnis der Lage & so bin ich pessimistisch. Neulich schrieb ich an Ellis, was eigentlich los sei & habe merkwürdiger Weise noch keine Nachricht. Weyl sagte mir vorgestern, daß Aydelotte demnächst allg. mit mir sprechen wolle; ob er einen Vorschlag machen werde, wisse er nicht. (So weit würde es beim ersten Male ja gewiss nicht kommen). –

In Norwegen eine verworrene Lage; offenbar haben die Engländer ihre erste Niederlage erlitten. Wenn sich die Deutschen dort festsetzen, wird man sie nicht wieder herausbekommen. Es ist sicher sehr gefährlich. Die Alliierten haben eben keine Luftbasis & es scheint, daß die Flugwaffe eben doch viel wirksamer ist als angenommen. – An die Eltern geschrieben; von Gottfried schon lange nichts gehört. – 1h vorgestern war ich reiten; Blackie ist merkwürdig, brummt oft vor sich hin. Hat aber angenehmen Gallopp.

Sonst nicht viel zu berichten; nur noch 2 Wochen & dann fahre ich auf 3-4 Tage nach Washington zum 8. Am. Scient. Congress. Dort werde ich Roosevelt hören. Über die Lovasy ärgere ich mich, weil sie mir eine Sauwirtschaft zurückgelassen hat & auch gar nicht schreibt.-

Das wird für jetzt genügen. Morgen früh hoffe ich Diana zu erreichen & kann viell. etwas mit ihr vereinbaren. – Ich bin einer der wenigen, der überhaupt keine Sommerpläne hat. Ich muß jetzt wieder sehr sparen; habe eine rechte Misswirtschaft. Aber eine Wohnung einrichten war doch keine Kleinigkeit. –

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1940-41, Eintrag 1940-04-25
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.23)