2. Juni. Sonntag.
Herrliches Wetter. Mimi kam gestern & ist Gast bei Weyls, wo ich um 1h zum Essen bin. Sie macht mir mehr Sorge als jemals; sie sieht auch sehr angegriffen aus .
Whittlesey geht also nach Penn. U., was niemand versteht. Ich war Freitag bei Fetter zum Nachtmahl & er meinte, Ray sei zu eifrig gewesen eine Professur hier zu bekommen & habe sich in eine unmögliche Position manövriert. Psychisch wird es ihm ja wohl tun können, bes. weil er von Graham getrennt ist. Mc Alpin, mit dem ich Do. ausritt, erzählte mir, daß unter den Trustees grosses Missvergnügen über das Ec. Dep. bestehe; ich würde mich nicht wundern, wenn sie einen neuen Chairman suchten. Howard scheint davon nichts zu wissen. Haberler traf neulich John D. 3rd, der eben bei einer Sitzung des Curriculum Com. gewesen war, wo er so viel über mich gehört habe. John sei ganz eingenommen von mir etc. Viell. könnte man meine Stellung um oder im Herbst in eine dauernde umwandeln. Viell. kommt das noch zurecht, ehe sich die amerik. polit. Lage sehr zuspitzt. Eigentlich müsste es nicht schwer sein. Fetter meinte, ich habe keine Feinde & die Studenten hätten meine Vorlesungen sehr gerne, was sie vielfach erzählten. Auch Howard dankte mir neulich für die feinen Vorlesungen & die Mitarbeit.
Morgen oder Di. fahre ich nach N.Y.; Di. Lunch mit Diana. Nächste Woche werde ich viell. zu ihnen nach Norfolk fahren. Ich habe noch immer keine Sommerpläne; es wäre schon verlockend nach dem Westen zu fahren, aber ich möchte doch möglichst in Ruhe arbeiten können. So lange als möglich bleibe ich in Princeton.
Do war Gottfried hier. Es war sehr nett mit ihm, obwohl er auch bedrückt & müde ist. Er dürfte Freitag wieder durchkommen, wenn er mit Frau nach dem Westen fährt.
Gestern bekam Weyl ein Kabel von Schrödinger, der in Ireland ist; er möchte auch kommen. Und so beginnt die Welle der westlichen Refugees zu steigen. Man hört auch von vielen anderen sonst. Viel schlimmer ist es wohl um die bestellt, von denen man nichts hört & viell. nie mehr hören wird .
Ich glaube, daß die Zerstörungen in Europa noch phantastische Ausmasse erreichen werden. Man wird auch das Getreide am Halm verbrennen, die Wälder. Die Verluste an Menschen sind jetzt schon gewaltig, aber nur ein Bruchteil dessen, was noch kommen wird. Dann Hungersnot, Epedemie. Manchmal wünschte ich, ich würde des Morgens aufwachen & könnte das alles wie einen bösen Traum abschütteln.
Zu Weihnachten soll ich in N. Orleans auf der Tagung der AEAss. einen der Hauptvorträge halten. Über die Arbeitslosigkeit 1940-50(!). Das wird Gelegenheit geben, über Kriegswirtschaft zu sprechen. Während des Sommers zu überlegen. Ferner denke ich an einen Aufsatz für die R. Ec. Stat. & die Hicks-Rezension; alles bis zum Herbst. Es gäbe aber noch so viele andere Sachen auszuarbeiten. Jedoch etwas mehr innerer Friede wäre nötig. Und ein Kamerad. Ich bin sehr einsam. Bald muß ich mich entscheiden, ob ich diese Einsamkeit bewahren will dann wohl für immer oder ob ich wieder suchen soll. So steht es heute. Und am Donn. sind es 10 Jahre daß ich Mimi traf. Warum hat sie bloß dies getan? Ich fürchte immer mehr, daß es irreparabel ist, soweit es uns angeht. Dabei ist mir ganz klar, daß es mit Maxwell auch nicht gehen wird, selbst wenn er den Krieg heil übersteht. Ich spreche möglichst nie von ihm zu ihr; denn dann kommt meine Wut hoch.
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.23)



