OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1940-41 / 1940-06-28

Fr. 28. VI.

Einige kurze Sachen. Willkie ist nominiert. Das passt mir viel besser, als der unsympathische Dewey oder der uninteressante Taft. Ganz trauen tue ich W. nicht. Ich glaube er hat starke fascistische Neigungen. Aber soweit bisher zu sehen, ist er gut, & ich glaube er wird Präsident werden. Mittw abend war ich in Phila, wo ich mit Mimi nachtmahlte. Sie war sehr nett aber wieder scheu, bedrückt, unsicher; die Arme. Ich wünschte, ich könnte ihr helfen. Jetzt werden wir wieder ein Week-End verbringen, viell. hier in P. bleiben. Im Sommer hat sie nur 2 Wochen & will nicht nach dem Westen fahren, was vernünftig ist, bei so wenig Zeit. Wir sahen einiges von der Convention & es war schon höchst eigenartig.

Gestern in N. Y. bei Kittredge, der vor einigen Tagen aus Paris gekommen war. Er meint auch, daß jetzt starke Kräfte am Werk sind, um Frieden zu machen. Bes. in England. Es ist auch durchaus möglich, wenn man an Hoare in Spanien denkt, an Chamberlains‘ leugnen etc.. Lloyd George könnte ihn abschliessen. Andererseits haben die Engländer de Gaulle anerkannt & hoffen – wie K. meint – im Mittelmeer anzugreifen. Aber das klingt zu phantastisch. Die brit. Luftflotte soll jetzt viel stärker sein. Falls die Nazis landen, wird England nördlich der Themse in 2 Teile geschnitten (falls erfolgreich) & dann wäre alles verloren. K. meint, man könne aber gar nichts mehr voraussagen.

Mit Diana lunchte ich im R Center im Freien, & es war bes. animiert. Sie fährt jetzt jeden Di – Mi nach Norfolk, so daß ich sie jetzt weniger sehen werde. – Ich war noch in Hillside mit Hanay, dem es glänzend gefiel – bleibt 1 Woche - & dann bei Mintz, die ich schon lange nicht gesehen hatte. Es geht ihnen ganz gut. Schüller kommt Mitte Juli. M. sucht eine Stellung; viell. kann ich ihm weiter helfen.

Es besteht gute Aussicht, daß der technische Apparat des Völkerbundes hierher nach P. gebracht wird. Das würde ca. 50 Personen bedeuten! Für die Ökon. wäre das glänzend. Whitt. sah ich heute, sagte aber nichts, weil ihn das noch mehr „sour“ machen würde.

Ich hoffe jetzt an dem Aufsatz schreiben zu können. Dann sofort an Hicks, dann den Vortrag für New Orleans. –

Mittw. war ich mit Weyls in der Tow Path Inn zum Lunch. Es war ganz nett; aber er ist schon manchmal schwierig.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1940-41, Eintrag 1940-06-28
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.23)