OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1940-41 / 1940-11-17

So. 17. Nov.

Einige Worte über Washington, wo ich Do. bis gestern war. Advis. Conf. on Finance im Shoreham Hotel. Die üblichen Leute: Burgess, Roberts, Elliot (Los Ang.), Haberler, Lichtenstein, Ransom, etc etc. Nicht bes. interessant. Riefler sprach langweilig und so die meisten anderen. Am besten ... Hansen, Meisser, Nurkse (den ich hatte einladen lassen). Somary getroffen & Hab. & ich bei ihm zum Lunch. Er ist der Ansicht, Deutschl. werde es nicht aushalten & zum Sommer zus.brechen. (Letztes Mal glaubte er auch Deutschl. werde nicht angreifen in Holland etc!) Er ist aber sehr pessimistisch, was die Nachkriegszeit angeht & denkt eher so wie ich. Ich finde niemanden, der so weit gehen will wie ich. Alle fürchten sich vor dieser, meiner Einstellung. Einige, auch Haberler, sind lächerlich optimistisch & glauben, daß sich Europa sehr rasch erholen werde. Das erscheint mir ganz ausgeschlossen. Ich bin überhaupt etwas missgestimmt wegen der ganzen Allg. Haltung der Ökon., die alle in lächerlichen Details denken oder wilde "Aggregate" gebrauchen & dann zu solchem Optimismus kommen.

Wash. ist ganz erfüllt von Aufrüstung. Riesige Aktvitität. Ich hoffe, es kommt genug heraus dabei. Vieles wird eher zu sehr überstürzt. Opie, bei dem ich mit Hab. & Stolper Dinner hatte (Holden kam nachher) freut sich über die ständig wachsende Hilfe der Amerikaner. Man tut was man irgend kann. Jedermann freut sich, daß es den Italienern dreckig geht. Aber ich bleibe im Grunde so pessimistisch wie immer.

Rückfahrt mit Beckhart & Sh. Morgan. Es war aber nicht sehr unterhaltend. B. ist besonders dumm. Ich fühle mich überhaupt so leicht gelangweilt von Leuten & hasse die leeren "Wiederholungsunterhaltungen". Eben verwöhnt durch Weyles, Johnny etc. Die meisten Menschen nehmen sich so ernst. Zur Erholung von ihnen ging ich eine St. reiten gestern. Kalt, schlammig, aber trotzdem Erholung; ein schönes Pferd ist besserer Umgang.

Mi. rief gestern an, eben aus Chicago zurück – deswegen trafen wir uns nicht in Wilmington. Heute wieder: sie konnte nicht kommen - .

Die Antenne dürfte morgen ankom.; man hat gewartet bis ein verbessertes Modell fertig war. Gestern bei Eisenharts z. Dinner. Noch eine Mrs. Baker, 2 Merrick aus Phila. Nicht interessant, aber es dauerte nicht lange. –

Das MS ist fort an Mills. – Heute beginne ich mit Hicks. Da werde ich auch in Vorlesung & Seminar besser vorbereitet sein. Es ging sehr gut bisher; jetzt komme ich bei den Vorles. – die recht gut gehen & bei den Stud. offenbar Widerhall finden – zu Stellen, wo ich mehr nachdenken will. Meine Notizen mussten ganz neugeschrieben werden. Es gibt jedenfalls immerzu zu tun & ich möchte doppelt so viel Zeit haben.

Jetzt einen Sprung zu Smyth‘s.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1940-41, Eintrag 1940-11-17
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.23)