OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
[home]––[info]––[tagebücher]––[personenverzeichnis]––[impressum]
diary-page
diary-page
diary-page
tagebücher / 1940-41 / 1941-05-13

Di. 13. Mai

Vieles geschieht; auch viel verwirrendes. Sonntag vor 8 Tagen war Mimi hier. Sie sagte, daß ihre "Ehe" wohl in die Brüche gehe, weil Maxwell Einspruch gegen ihre Einwanderung hier & gegen 1st papers erhebt. Was sind das für Dinge. Ich wünsche ihr so sehr Glück. Es scheint mir, als ob sie noch mehr für mich empfindet, als ich für Sie. Ich frage mich, ob ich ihr vertrauen könnte & da zögere ich sehr mit der positiven Antwort, nach allem. Es ist sehr schwierig für mich auch. Sie tut mir sehr leid. Aber was sie jetzt mitmacht hätte sie wohl voraussehen können.

Wieder 2 x reiten auf Prince, der einfach wunderbar ist. Wenn ich könnte, würde ich ihn gleich kaufen. Obwohl viel lebhafter als alle anderen, die ich je ritt, nicht schwer zu handhaben, weil so weichmäulig. Jetzt bin ich schon öfters mit ihm gesprungen. Schon über 2 Bars. Er geht so leicht darüber. Von dem Stallmeister Tom, ein netter Ire, habe ich sehr viel gelernt & er nimmt sich meiner sehr an. Mr Jones lernte ich So. kennen. Ein hard-boiled Bus.man; New Deal Hasser etc. Aber er hat wenigstens etwas zustande gebracht.

Myrdal war Sa. hier. Wir lunchten & am Abend kam er nebst Riefler, 3 Schweden … hierher. Erzählt so interess. von Russland. Es muß dort furchtbar sein. Er ist pessimistisch & sieht nicht, wie der Krieg gewonnen werden könnte. Es führt zu weit, hier über ihn zu berichten. Ein gescheiter, aufgeschlossener Mann, von der Art, wie man viele sehen möchte.

Johnny hielt Do. seinen Vortrag: Remarks on Math. Econ.; 30 Leute kamen & waren fasziniert. Er war glänzend. Was für ein Unterschied gegenüber den anderen; eben ein wirkliches Genie. Ich kannte natürlich alles, was er sagte. Im Herbst sollte er über die Spiele sprechen.

Am Buch weitergeschrieben & im Sem. darüber gesprochen. Es ist noch viel zu sagen und ich will weiterschreiben. Noch diese Woche Vorlesungen, dann nur Prüfungen. Jetzt klärt sich auch, was mit der Ntl. B.-Broschüre zu machen ist. Es wird etwas daraus werden und sollte bis Sept. fertig sein.

Vorigen Mittw. mit Madeline beisammen. Wieder Café de la Paix & Canari d'Or, wo es ihr unbeschreiblich gefällt. Sie war entzückend. Gestern wieder in N.Y. Cocktails mit ihr & Haberlers (die vor Neugierde zerplatzten) & Dinner im Richelieu (mässig). Wir 2 waren noch in Radio City & ich brachte sie heim. Sie war fast unersättlich. Sicher liebt sie mich sehr und ich habe sie auch sehr gerne und bin gern mit ihr beisammen. Sie ist wirklich entzückend. Je besser ich sie kennen lerne, desto mehr mag ich sie. Jetzt wird sie in Power's Agentur – wo sie schon ist – die Schule übernehmen & ausbilden. Sie kommt also gut vorwärts. So. kommt sie viell. her.

2 Briefe von zu Hause, es scheint passabel zu sein. Ich habe öfters geschrieben.

Ich fühle mich wohl, aber schwankend und habe daher Sorgen aller Art. Ich möchte mehr Ruhe und scheue sie wieder. Sowie ich hintereinander am Buch arbeiten kann, werde ich wieder alles hinausschieben können, was natürlich grundsätzlich nichts nützt.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1940-41, Eintrag 1941-05-13
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.23)