OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
[home]––[info]––[tagebücher]––[personenverzeichnis]––[impressum]
diary-page
diary-page
diary-page
tagebücher / 1941-43 / 1941-08-04

Mont. 4. Aug.t41

Heute mein MS an Johnny übergeben, etwa 50 Seiten. Er fährt morgen auf 2 Tage fort & wird es unterwegs lesen, Kommentar dazu schreiben, den ich verarbeiten werde etc. Das ganze wird sehr wachsen, sicher 100 Seiten haben. Was wir dann machen werden, bleibt zu sehen. Viell. in 2 Teilen im JPE. Es ist ja wirklich sehr viel zu sagen.

Morgen beginne ich mit dem Occ. Paper. Ich werde es vorwiegend statist. machen; denn die Analyse ist ja ohnehin mau. Ich hoffe, daß ich gut vorwärtskommen werde. Dann die Maximen & die Note über die Nachfragekurve (die sicher sehr wichtig ist & sehr stört.).

Freitag bei der Horseshow in Spring Lake. Es war herrliches Wetter. Prince, Su, Sonny. Prince gewann Sa. ein Ribbon. Andy ritt ihn, aber er brachte ihn nicht in die open jumpers, weil er seiner nicht Herr wurde. Das ist doch interessant. Mit Jones Dinner im Hotel Essex & Sussex. Sie ist sehr nett, er ein pathologischer Roosevelt Hasser. Ich verstehe das nicht. Viell. ist er eben wirklich nur ein gewöhnlicher Kapitalist; manchmal möchte man glauben, er sei Nazi. –

Ich arbeite eine ganze Menge. Mit der Mengenlehre komme ich ganz gut weiter. Jetzt bin ich beim Rechnen mit Kardinalzahlen (transfiniter). Johnny gab mir Hausdorffs Buch, das ich nach Fraenkel vornehmen werde. J. arbeitet übrigens sehr stark. Alles Operationentheorie; er sieht manchmal leidend aus. Und die Geschwindigkeit, mit der es bei ihm geht; es ist wirklich unheimlich. Und dabei ist er so nett.

Gestern um 12 kam Madeline her & fuhr gegen 9h wieder zurück. Sie war reizend; wieder müde, so daß sie von 4-5 schlief. Wir waren bei der Tow Path Inn & dann am Hügel in den Sourland Montains. Schönes Wetter. Eine Stunde sassen wir bei Becks (Dorf-Haus, Hodge Rd.) & schauten dem Tennis zu. Das Haus ist nicht so schön, wie ich gedacht hatte. Zu sehr zerstückelt. Madeline macht wirklich viel mit ihrem Bruder.

Ich bin gern mit ihr beisammen; aber kann ich mir vorstellen mit jemandem, immer oder oft beisammen zu sein? Ich fürchte, ich werde nun doch alleine bleiben müssen; es ist zu spät.

Heute Lunch mit Kakutani, den ich gerne mag. Ein sehr gescheiter Mann; er verehrt Johnny über alle Massen.

Die Nazis kommen in Russland nicht vorwärts. Ihr Fahrplan ist bestimmt umgeworfen; aber sie können noch immer in Moskau ankommen. Ich glaube, wir werden dieses Jahr noch wirkliche Überraschungen erlauben, d.h. Dinge werden sich zutragen, die wir nicht erwarten.

Lutz's sind heute per Auto nach dem Norden gefahren. Viel zufriedener. Wenn ich fahren will, muß ich es wohl so einteilen, vor dem 3. Sept. zurück zu sein, weil dann die Rationierung des Benzins beginnen wird. Ich möchte schon John 3rd besuchen und einen Trip nach Norfolk machen. Do. treffe ich mich nach langer Zeit wieder einmal mit Diana, (die auf Urlaub gewesen war).

Ich müßte dringend Briefe schreiben, aber es langweilt mich & scheint solche Zeitverschwendung; zumindest jetzt, wo ich besseres zu tun habe.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1941-43, Eintrag 1941-08-04
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.24)