Fr. 8. Aug. 41
Schon längere Zeit ohne Nachricht von den Eltern. Ich glaube, daß dies u. A. ein Zeichen für beginnende Desorganisation in Deutschland ist. Das wird immer schlimmer werden. Man hört jetzt auch über deutsche Verluste; was immer gelogen sein mag, sie müssen einige 100 000 Tote haben und das wird sich fühlbar machen. Dazu die brit. Luftangriffe. Gestern wurde Berlin von den Russen bombardiert; das muß auch als arge Überraschung kommen, nach dem die deutschen angeblich die russ. Luftwaffe schon vor Wochen völlig vernichtet hatten! Ich habe einmal etwas Napoleonische Geschichte nachgelesen; sehr aufschlußreich. Das russ. Radio soll sehr wirksam sein; begreiflich, denn die Russen verstehen etwas von Propaganda & es gibt genug Witwen, an die sie sich jetzt wenden können. Natürlich können die Nazis noch immer militärisch ganz siegen, (in Russl.), aber politisch? Und strategisch?
Ich bin sehr neugierig, ob sich Roosevelt & Churchill wirklich getroffen haben. Das würde sehr viel bedeuten.
Lovasy muß also operiert werden. Es geht ihr elend. Der Wr. Arzt Bachrach, der ihr das schon vor Monaten gesagt hatte, drängt darauf. So sagte auch Dr. Belfort, dem ich nur allg. erzählt hatte. Ich hatte sie gestern mitgenommen n. N.Y.
Diana getroffen, Dinner (schlecht & teuer) im Aiglon (ihre Idee) & dann, auf ihren Wunsch zu Life with Father. Sehr amüsantes Stück über Clarence Day, glänzend gespielt. Ich sehe sie ganz gerne gelegentlich, aber sie lässt mich ganz kalt als Frau; ich fürchte, sie mag mich mehr als ich sie und ich möchte sie nicht verletzen. Ich fange an zu glauben, daß Frauen mich mehr mögen, als ich sie (wenigstens anfänglich). Mich interessiert aber meine Arbeit fundamental viel mehr als alles andere; natürlich habe ich gern eine angenehme Bettgenossin und auch Seelenfreundin. Aber es geht mir nicht so nahe. Das war einmal.
Broschüre etwas weiter. Es ist wohl ausschließlich eine Frage des Fleisses. Gestern rief mich Johnny an; mein MS hat ihm gefallen und es ist fast ganz in Ordnung. Das freut mich sehr. Jetzt weiss ich wenigstens, dass ich entlang dieser Linien weitergehen soll. Es war ja nicht leicht für mich, seine math. Theorie vereinfacht und richtig darzustellen. Er arbeitet ununterbrochen; es ist fas unheimlich. Bei mir sehe ich, daß ich einfach genug Sitzfleisch haben muß & den Willen etwas zu tun. Ich muß eben dabei bleiben. Jetzt habe ich die Spiele & die Broschüre & ich werde mich nicht beirren lassen. Es ist sehr wichtig für mich. Es wird auch meinen Namen in Amerika festigen, wenn ich mit beidem herauskomme, auch weil es 2 so weit entfernte Gebiete sind.
Heute zu einem Cocktail bei DeWald & dann mit Neumanns zum Dinner. Es ist schön & heiss (trockene Hitze, gute Abkühlung nachts).
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.24)


