OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1941-43 / 1941-08-14

Do. 14. VIII.

Das Dinner war sehr nett. Wir gingen nachher zu DeWald; er sang sehr viel & Nurkse begleitete. Meist er Strauss & Brahms (z.B. die 4 ernsten Gesänge. Wunderschöne, sehr geschulte Stimme. Das dauerte bis Mitternacht und jeder freute sich.

Di. kam Johnny am Vormittag auf über eine h her mit meinem MS und wir gingen es durch. Er will meist Erweiterungen. Allen allg. Bemerkungen stimmte er zu, meint nur, daß manches noch ausführlicher gemacht werden solle, weil wir es wohl verstünden, andere viell. nicht. Auch die Darstellung der Spielth. sagte ihm zu, wo ebenfalls einige Erweit. Ich habe bereits etliches aufgeschrieben, noch eine Bemerkung neu gemacht (über die angebl. Nicht-Verwendbarkeit der Physik & ihrer Methoden als Vorbild). Heute nahm er das ganze MS zurück um einige Zeilen hier & dort anzufügen, die ich dann hineinarbeiten werde. Dieser Teil wird wohl auf 60 Seiten anwachsen. Dann erst kommt die Tauschtheorie. Mir ist durch diese Besprechung wieder bewusst geworden, wie wichtig für mich diese Arbeit ist. Vieles, was ich mir schon lange klar gemacht hatte, wird nun von ihm bestätigt. Ich hoffe, daß dadurch alles auch überzeugender klargelegt werden kann. Er meint, man werde nur wenige gewinnen. Viele werden nicht hören wollen, andere nicht verstehen. Wir machen uns auf die törichsten Einwände & Bemerkungen gefasst. – Viell. werden wir doch im Okt. fertig; dann könnte der Aufsatz schon in der Dez. oder Feb. Nr. erscheinen. Mein Buch MS von ca 100 Seiten liegt herum, aber ich glaube, daß es viel gewinnen wird von der jetzigen Untersuchung und dann auch in absehbarer Zeit geschrieben werden kann.

Di. brachte ich Lovasy ins Spital. Sie wurde gestern operiert & Frau Sallmann sagte mir, es sei gut gegangen, sie schlafe die ganze Zeit. Hoffentlich kommt sie gut darüber hinweg. Sie konnte so einf. nicht weiterleben.

Ich traf Madeline, die Mr. Mooney Jr. mitbrachte. Wir gingen in den Stork Club & fuhren dann in einem Cab zum Astor-Kino zu einem Film. Es war sehr komisch. Sie sah ganz entzückend aus, bes. unter den anderen Models. Sie ist eben auch viel gescheiter als die anderen. Wir tranken noch ein Bier bei Luchow & ich fuhr sie heim. Sie war so nett & ich mag sie wirklich sehr. Sie scheint mich auch sehr zu mögen.

Grosse engl. Luftangriffe, mit 800-1000 Flugzeugen. Das muß doch, bes. wenn es weiter geht, in Deutschl. stark wirken. Jetzt haben sie auch grosse Tagesangriffe auf Köln gemacht. Berlin hat es in den letzten 6 Tagen 5 x bekommen, 4 x von den Russen. Der Krieg ist fürchterlich.

Konf. Churchill – Roosevelt hat also stattgefunden. Viele milit. Mitarbeiter waren auch dabei. 8 Punkt-programm beschlossen (betreffs Frieden). Ich habe aber noch nichts darüber gelesen, nur kurz im Radio gehört.

Heute, bei schönem, kühlem Wetter reiten. Prince war in bester Form. Nach 15 Min. war er wieder ganz willig & ruhig genug. Sehr genossen & ich fühle mich so wohl. Miss Jones war mit & der neue Tom. Vielleicht gehe ich morgen wieder; ich muß nun wieder Exercise haben und in bessere Form kommen. Ich bin etw. blass & war öfters müde. – Genug.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1941-43, Eintrag 1941-08-14
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.24)