OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1941-43 / 1941-09-01

Norfolk, 1. Sept. 41

3. Jahr des Krieges beginnt. In einem Jahre wird er noch nicht vorbei sein. Wer weiss ob in 2 oder 3 Jahren –. Ich war auf hoher See in der Champlain; eine Fahrt, die ich nie vergessen werde.

Di – Mittw. bei Rockefellers, die ein anderes, schöneres Haus in Marion hatten. Es war sehr schön & man war sehr freundlich zu mir. Diesmal mit Blanchette gut bekannt geworden. Sie gefällt mir sehr und es scheint, daß sie mich mag, denn sie lud mich wiederholt für ein Weekend nach Tarrytown ein, wo wir alle 3 zus. reiten gehen sollten. Sie liebt Pferde und findet, daß ihre dort nicht so gut sind wie "meine". Ich lud sie für die Jones' ein und viell. kommt sie mit John im Herbst nach Princeton; er hat ja wieder ein Trustee meeting. Die Kinder sind reizend. John sekkiert, ich solle heiraten. Am Mittwoch segelte ich mit Blanchette zum Yacht Club in dem Yankee Boot. Dort trafen wir John & Mr. Peabody (aus Boston) die Golf gespielt hatten. Lunch dort & dann Regatta. Es dauerte fast 3h und war sehr schön in dem starken Wind. Es gibt fortwährend zu tun. Wir waren 4. In einem anderen Boot war Mr. Countway von Lever Bros., den ich seit 1938 nicht mehr gesehen hatte. Kleine Welt. Segeln ist grosser Spass, aber wenn so hoher Wellengang ist (gerade leichte Kappen), ist es möglich, seekrank zu werden. Es ging aber. Wir haben viel geplaudert & in angenehmer Weise. Ich soll J. Marquand kennen lernen, der mit Blanchettes Schwester verheiratet ist. Sie leben im Winter in N.Y. Das kann nett werden. Ich schätze ihn sehr, bes. Apley. Pulham habe ich noch immer nicht fertig gelesen. –

Jetzt werde ich zu Schumpeter nach Taconic fahren, zum Tee. Ich denke viel an meine Arbeit, bes. Theorie. Ich muß dringend einige Notizen zur Nachfragekurve machen. Sehr tief liegende Verwickelungen. Ich habe nichts geschrieben, aber beharrlich Mengenlehre studiert. Jetzt bei den linearen Punktmengen, sehr interessant. Es ist wirklich nur Fleiß & ich werde es nicht fehlen lassen. Bin schon sehr begierig, Johnny wieder zu sehen. Viell. hat er nun einige Noten geschrieben. Ich werde sehr viel zu tun haben die ganzen Nachträge hinein zu komprimieren. Aber es wird sich sehr lohnen!!

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1941-43, Eintrag 1941-09-01
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.24)