OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1941-43 / 1942-04-20

20. IV. 1942

Sa. wurde Tokio bombardiert. Es fängt also an mit der Offensive. Auch die RAF ist sehr tätig gewesen. DeWald sagt mir, daß Köln und Lübeck zum grössten Teil zerstört sein sollen. Essen kann auch nicht viel besser ausschauen. Man braucht ja nur zu lesen, wie viele Tonnen Bomben abgeworfen wurden. Was sie treffen, ist eine andere Sache.

Freitag bei Mimi, die wohl noch 1 Woche auf Bescheid wird warten müssen. Sie ist vom Board als polit. unbedenklich anerkannt worden, aber sie muß arge Feine haben. Sie ist aber sehr gefasst & im besten Sinne "philosophisch". Ich glaube, daß sie enorm an Lebenserfahrung gewonnen hat. In ihrem Interesse hoffe ich es; es würde ihr ganzes Leben leichter machen.

Ich schreibe wieder einen Aufsatz, warum man War-Bonds kaufen soll. Pres. Dodds bat mich um einen Text.

Do. war ich reiten; es war sehr schön & es ging viel flotter, weil der Grund etwas fester war. – Mi. in N.Y., eine ganz interess. Sitzung im Ntl. Bureau. Der War Prod. Board will gewisse Studien von uns. Ich nachtmahlte mit Garr im Lotos Club; er kam gerade aus Charleston zurück. Wir sprachen über Kartelle, & ich fand so viel Bestätigung & Illustration unserer "Coalitionen", "Compensations" etc. Johnny war sehr erfreut. Wir wollen ihn einmal beide zus. systematisch ausfragen. Er kommt viell. einmal hierher. Unsere Arbeit geht wieder weiter. Jetzt sind die neuen Seiten im I. Kap. eingeschaltet; die Axiomatik ist dargelegt, aber der Beweis nicht gegeben. Jetzt kommt Kap. VIII. an die Reihe, wo uns die Beispiele von n = 4 Schwierigkeiten machen; der Rest ist wieder klar. 2 Monate werden sicher noch vergehen; aber es wird schon werden. Jetzt haben wir ca. 470 S. & ca. 150-200 noch zu schreiben!

Der Grad. Curs geht wieder besser (Cl. Long war ein Schwätzer); wir haben E. Dehn's Kritik an Keynes diskutiert & interess. gefunden.

Freitag kam Madeline zu Loutze. Sa. waren wir im Kino (Jungle Book; miserabel) & So. war ich bei Morse's zum Dinner. Am Abend war sie hier & es kamen noch Wheaton Lane & Neumanns. Das war nett. Sie ist sehr hübsch, aber sie interessiert sich gar nicht für meine Arbeit (ist eifersüchtig auf sie (sic!)) & das & anderes macht es schwierig. Ich glaube, wir haben eben zu wenig gemeinsames, bes. an Interessen, obwohl sonst Anziehung vorliegt. Ich hoffe, ich werde ihr nie weh tun.

Do. kommt J. Viner ("Econ. planning"). Ich sehe etwas immer mehr: Es wird mir gleichgültiger, was die anderen tun. Zu einem "Abschluß" oder "System" kommt man nicht. Also soll man die Sachen ernstlich erledigen, wo man wirklich etwas machen kann. Das ist ja jetzt mit Johnny der Fall. Der Abgrund, im Wesen unserer Theorie, gegenüber der herrschenden, wird mir nun auch psychisch immer bewusster. Aber es ist im eigentlichen im Sinne einer Erleichterung. –

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1941-43, Eintrag 1942-04-20
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.24)