OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1941-43 / 1942-07-22

Frei., 22. Juli

Seit 2. Juli haben wir ca. 100 Seiten geschrieben; das Kapitel über directe Summe ist fast fertig. Es gab auch noch eine Einschaltung über Isomorphißmen etc. Wir sind wirklich fleissig gewesen. Bis 1. Sept. können wir so weiter arbeiten; aber dann übersiedeln Neumanns nach Washington. Johnny hat eine wichtige Stellung bei der Navy angenommen. Es ist sehr schade, aber das ist der Krieg. D. Buch wird nicht fertig sein; aber wir werden es fertig machen. Wir hoffen alles bis zum 1. Sept. zu besprechen. Jetzt sind wir ca. bei S. 650 (!!). Sicher noch 200 weitere nötig. Wer wird das Lesen (und drucken?). – Es ist aber sehr schön geworden, bes. die direkte Summe.

Ich habe ferner einen grossen Teil des Occ. Paper geschrieben. Es ist das MS sogar zu lang. Aber ich bin froh, wenn etwas zustande kommt. Die Seminare in Columbia erfordern keine Vorbereitung; wiss. sind sie nicht anregend, weil die meisten Studenten nichts wissen. – Es ist etwas anstrengend, wegen Hitze, später, schlechter Zug, etc.

Einladung vom Board of Econ. Warfare. Ich werde Freitag hinfahren. Sproul teilte mir gestern mit, daß das State Department sich auch für mich interessiert. Ich soll dort mit … Max Thornberg konferieren. Beim State Dep. wird es wohl eine Rolle spielen, daß ich noch nicht Citizen bin; dagegen kann man Consultant beim BEW… werden. – Riefler ist auch dort. Er ist aus England zurück, soll aber bald wieder hinfahren. Er findet die Leute müde; die Zerstörungen so gross, daß noch 2-3 Monate Bombardement England erledigt hätten. Aber die Nazis haben es nicht tun können & nun können es, umgekehrt, auch scheinbar die Engländer nicht. Ich finde auch die Wahl der Objekte schlecht. Eisenbahnen sind die Hauptsache!! Den Russen geht es sehr schlecht. Bald werden die Nazis am Caspischen Meer stehen. In Wash. rechnet man mit Japan. Angriff auf Russland binnen 2 Wochen.

Mir ist die Kriegführung der Unit. Nations ein Rätsel. Man sieht keinen Plan, keine Energie, überall Zersplitterung. Dazu noch die abscheuliche Behandlung der Inflationsgefahr. Und so viel widerwärtige Binnenpolitik.

Ich hätte schon gern einige Tage Urlaub. Aber das Buch geht allem vor. Es wird eine gewaltige Sache. – Wir haben uns vorgestern etwas über Geld überlegt; die Idee eines "Vektorgeldes" gefasst & kurz besprochen. Wir könnten auch das ausarbeiten.-: "Kurz ist das Leben & ewig die Kunst". Jetzt fange ich zu sehen an – .

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1941-43, Eintrag 1942-07-22
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.24)