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tagebücher / 1941-43 / 1942-11-16

Mo. 16. Nov.

Grosser amerik. See-Sieg in den Salomons. Japs verlieren 1 Schlachtschiff, 6 Kreuzer, 8 Transports (mit ca. 25 000 Mann!) etc. 1 weiteres Schlachtschiff beschädigt. Das wird sich schon fühlbar machen & bald wird die am. Flotte noch viel stärker sein. In Afrika geht es weiter gut. Bizerte & Tunis wird man sicher erobern, aber es wird etwas mehr Blut kosten. Italien wird es dann sehr zu spüren bekommen. Wer weiss, ob Mussolini zu Neujahr noch existiert. Er wird plötzlich einen Schlaganfall kriegen oder Selbstmord begehen.

Sa. einen lieben Brief von Madeline; sie kommt erst am 23. zurück. Ich freue mich, daß sie eine so schöne Abwechslung hat. Ich werde So. nach Wash. fahren & Di. früh von dort direkt n. N.Y., so daß wir uns dann sehen können. Hoffentlich kommt sie dann das Wochenende nach Thanksgiving her – .

Von Sa. bis heute 2h war Johnny hier. Gestern & heute gearbeitet & nicht weniger als 25 Seiten geschrieben. [Jetzt haben wir ca. 900!] Er war sehr froh, daß weitere Hindernisse gefallen sind. Jetzt muß noch die v Function bei ? ? 0 diskutiert werden & dann kommen die Beispiele an die Reihe. Danach wird das letzte Kapitel abgeschlossen, dem noch ca. 30 Seiten hinzuzufügen sind. Das laufende Kap. ist wieder sehr schön geworden. Es ist eine phantastisch umfassende & durchgreifende Theorie, obwohl noch so im Anfang. Nachher wird viel Kleinarbeit kommen, bes. wegen des grossen Umfanges. Wir wissen jetzt schon manchmal nicht, ob wir Sachen nur besprochen oder geschrieben haben & wo sie stehen. Man würde jetzt schon ein Sachverzeichnis brauchen.

Vorigen Do. ein Dep. Dinner & Vortrag Graham's "Ethic & Economics". Interessant, aber fruchtlos. Er, und in Diskussion Fetter, plagten sich mit Dingen ab, die in unserem Buche vorkommen, z.B. "Fairness" etc. & sie kamen zu nichts, weil es eben an der Theorie & dem quantitat. Ausdruck fehlte. Aber Graham ist intellektuell ehrlich. Und ein netter Mensch unter der rauhen Schale.

Sa. bei Mary Smith. Sie ist unbefriedigt & redet zu viel, und dabei doch sehr nett. Es ist schade um sie; sie sollte etwas tun. Elinor Bohnenblust gefällt mir gut. Beide sind sehr nett; sie ist auch sehr hübsch. Madeline müsste sich gut mit ihr stehen.

Do. vor 8 Tagen war ich mit Weyls in der Inn zum Dinner & dann bei mir. Michael & Margareta kamen nach. Es war ganz nett, obwohl sie immer zu ästhetisch ist & er der deutsche Professor. Bei einem so bedeutenden Mann nimmt man das aber in Kauf. Ich glaube aber nicht, daß er an Johnny heranreicht. Einstein hat übrigens neulich gesagt, daß Johnny der einzigste Math. sei, der in Washington am richtigen Platz sei & er sei der wichtigste von allen dort.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1941-43, Eintrag 1942-11-16
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.24)