OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1941-43 / 1943-03-09

Mi. 9. III. 43.

Gestern hatten wir Geburtstagsfeier für Fetter: 80. Man glaubt es ihm nicht. Ich habe nie einen Mann dieses Alters in solch blendender Form gesehen. Voller Pläne, Ideen, hervorragendes Gedächtnis, gesund – alles, was man sich wünschen kann. Wir waren 21 Personen; Dodds kam auch. Die ganze Stimmung war sehr nett, gar nichts steifes. Die Briefe der verschiedenen Univ. wurden verlesen; es hatte gut geklappt.

Heute den Rest des MS über Stock Markets nach N.Y. zum Abschreiben.

Eben ein Air Raid Alarm – . D.h. es war eine kurze Übung. –

Ich habe Sa. Mrs. Weber engagiert, um das MS abschreiben zu helfen. Sie schreibt Kap. IX. & übermorgen beginnt Miss Whiteman mit Chp. X. Miss Blake kommt langsam vorwärts. Aber nun sollte es nicht mehr so lange dauern. Die Zeichnungen müssen noch von Mrs. Brown gemacht werden & Kusaka unterstreicht alle Formeln. Ein ziemlicher Betrieb. Mitte April kann alles an die Press abgeliefert werden. Aydelotte fragt jedesmal nach dem Buch. Auch sonst redet alles davon, es ist fast komisch. Es ist "das" Buch. Dies bedeutet natürlich nicht, daß es von vielen Leuten gelesen werden wird!

An Johnny geschrieben. Er dürfte Ende April, Mitte Mai zurückkommen & dann wird er hoffentlich hier bleiben.

Der Krieg geht hin & her. Es wird mir viel zu viel von der Nachkriegszeit gesprochen. Die Russen haben im Donetsbasin verloren. Es könnte sogar sein, daß sie auch Karkov verlieren werden. Das alles zeigt, daß Hitler nicht mehr kommandiert, sondern daß die Generäle zurück sind. Ich zweifle, daß sie sich das Heft wieder aus den Händen nehmen lassen. Es wäre besser, wenn Hitler weiter am Ruder bliebe. Jetzt sieht man auch den Charakter des Zeit-gewinnen-wollens bei Rommel immer deutlicher. Es wird noch manche arge Geschichte geben.

Freitag fahre ich nach Philadelphia zum Ohrenarzt. Mittag (falls es klappt) nach Wilmington zum Lunch bei Mimi & Besichtigung der Fabrik. Sie werden übrigens noch eine bauen.

Das ist alles für heute. – Ich habe über vieles intensiv nachgedacht; nicht immer schlüssig.

P.S.: Einkommensteuer $ 1.611,-; ich hatte mich auf $ 1.900,- vorbereitet gehabt.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1941-43, Eintrag 1943-03-09
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.24)