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tagebücher / 1941-43 / 1943-05-26

Do. 26. Mai

Vielerlei, aber nur ein paar Worte. Eine ganze Menge an 1907 gearbeitet. Ich sehe nun, im allg. wie es gemacht werden muß. Es wird aber sehr viel Arbeit geben, jedoch interessant werden. Der ganze Fragenkomplex wird mich viele Jahre beschäftigen & zu vielen Veröffentlichungen Anlaß geben. Ich möchte schon einen anständigen Beitrag zu descriptiven Ökonomie machen. –

Sa.-So. waren Wilsons hier. Ich fühlte mich nicht ganz wohl, weil ich am Freit. abend crabs gegessen hatte, die mir nicht bekommen waren. Ich hatte Miss Hacek eingeladen (die den Reitstall besitzt; Gräfin). Nachher kamen noch Haberler & Paulis. Es war ganz nett. Sie ist sehr tüchtig & hat Schmiß. Sa. abend ging ich mit W's & Clari zu Lahière, dann zu James Davis, seine Bilder anschauen. Es war ein bes. netter & ungewöhnlicher Abend. So. früh ging ich reiten, auf dem schwarzen "Ritter" oder "Zirkuspferd OK", halb Percheron, halb thoroughbred, das 5 gaits hat, und sehr gut "singelfooted". Ich ritt bei Neumanns ein, zur grossen Überraschung. Dann noch mit Herzfeld etc. insges. 2 Stunden. –

Haberlers sind gekommen; wir waren Mo. reiten. Beides typische Anfänger, die mit ihren Pferden nicht zu recht kommen, aber etwas Talent haben, falls sie lernen wollen. Gottfried stieg von der rechten (!!) Seite auf – ! Ich ritt wieder OK. Mrs. Steel sagte mir, daß ich Grandslam weiter reiten solle, wenn sie ihn nicht braucht & sei meint, daß ich ihm sehr gut tue. Jetzt bietet man mir auch Bob Johnson's Thorougbred Hunter an, den niemand reitet. Das werde ich auch einmal benützen. Nur steht es weiter weg & weil man nicht Auto fahren darf, weiß ich nicht, wie ich hinkommen kann. Es wird sich viell. ein Ausweg finden.

Mo. Abend Nachtmahl mit Clari, Herzfeld & Siegel. Dann bei mir. Es war sehr amüsant. H's Geschichten von dem goldenen Sarkophag, den Eulen etc. waren sehr komisch. Dazwischen eine Auseinandersetzung zwischen ihm & Siegel über Geschichte, Zufall & Gesetzeswissenschaften, die sehr interessant war. H. zog den kürzeren.

Heute in N.Y. Lunch mit Mitchell & Burns. Sehr nett. Jetzt habe ich bald einen provis. Assistenten, Mr. Oshima, ein Nisei, der der beste von den bisherigen zu sein scheint. Ich sollte dann rasch vorwärts kommen.

Gestern Bescheid von der PU Press: sie wollen $ 3000,- Subvention haben ½ vom Inst., ½ von der Univ. – Letztere dürfte zahlen können, aber Aydelotte hat kein Geld & will uns die Am.Phil.Soc. vorschlagen. Aber das passt mir nicht. Ich werde morgen mit Datus Smith sprechen; ev. zahle ich etwas. Johnny schliesst Mitte Juni in London ab & sucht dann um Transport an. Ev. muß man bis zu seiner Rückkehr warten. Es ist ärgerlich, daß es diese Verzögerung gibt, aber das Buch kann es vertragen; es wird eh' Jahre dauern, bis es wirklich eindringen wird.

Überhaupt keine Nachricht von den Eltern. Ich verstehe nicht, warum ich keine Rote Kreuz bekomme. Ich werde wieder eine senden; hoffentlich kommen sie wenigstens an.

Der Krieg nimmt immer gewaltigere Formen an: 2000t auf Dortmund, gestern 1500t auf Düsseldorf; hunderte von Flugzeugen greifen im ganzen Mittelmeer an. Es ist klar, daß dort bald etwas kommen wird. Ich glaube, daß die Bombardierungen eben doch entscheidend sein werden.

Johnny schreibt, daß er viele Grundlagen für Experimente hat, die er hier ausführen lassen will; & daß ihm die angewandte Math. sehr viel bietet. Das ist alles sehr erfreulich.

Ich habe nun 2 sehr schöne aufrechte Sessel bekommen, die laut Berry etwa von 1780 sind & aus dem Hause eines Governers von R.T. stammen. Sie brauchen einen neuen Sitz-Überzug.

Mimi und Maxwell taten mir leid. Es ist ein Jammer, daß alles so gekommen ist; nun ist niemand glücklich. Viell. können es manche wieder werden? –

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1941-43, Eintrag 1943-05-26
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.24)