Mo. 14. Juni
Ich war Mi.-Freit. in Washington und es war recht lohnend. Ich wohnte bei David McAlpin im Hotel Lafayette (Sally war in N.Y.). Am 1. Abend besuchten wir 2 John Rockefeller & es war sehr nett. Wir hatten uns seit über 1 Jahre nicht gesehen. Er ist auch in der Navy; etwas unglücklich, daß man ihn jetzt ins "College Departm." gesteckt hat. Aber die Offiziere, die nicht aus Annapolis kommen, haben gar nichts zu reden; ganz anders als bei der Armee. Blanchette war mit den Kindern in Tarrytown.
Ich habe also eine lange Unterhaltung mit W. Gardner gehabt, der mich wieder zum Fed. Res. Board haben möchte. Die erste Arbeit ist in vollem Gang & wäre nicht so besonders interess. gewesen. Jetzt sollen sie aber fürs War & State Dep. etwas neues machen: Bestimmung der Währungsverhältnisse bei Invasion & Nachher. D.h. Besatzungsdollar, Kurs der lokalen Währung, der Reichsmark; was geschieht mit Clearings etc.? Viell. kommen noch Haberler & Ellis hin, die ich vorschlug. Es wäre wirklich eine Sache der Währungspolitik, nicht nur Tatsachenfeststellung. Alles soll sich in den nächsten 2 Wochen entscheiden. Ich bin ziemlich geneigt, ein Angebot anzunehmen, obwohl es sehr unbequem sein wird. Aber ich würde viel sehen; Wash. ist schliesslich die Hauptstadt der Welt. Viell. würden Johnny & ich zus. wohnen (er dürfte in wenigen Tagen kommen!).
Die Alternative hier ist nicht sehr verlockend: 5h Theorie & 6h "Area" Studenten (Soldaten). Letzteres würde wissensch. nichts bedeuten & doch viel Arbeit machen. Es täte mir leid um die Arbeit im Ntl. Bureau, die ja auf alle Fälle leiden würde. Ich werde mir das alles sehr genau überlegen. Es wird auch eine Geldfrage sein; die Wohnung hier will ich nicht aufgeben.
D.H. Robertson seit 1937 das erste Mal wiedergesehen. Er war sehr nett; bleibt noch 2 Monate. Roll war 5 Wochen in England gewesen. Lionel Robbins konnte ich nicht habhaft werden. Machlup, Nourse, Hamay gesehen.
Sehr nett war es mit Somarys. Erst hatte ich Lunch mit ihr & dann Tee mit beiden. S. redet mir zu (ich erinnere mich, wie er mir Dez. 1937 zuredete, mich gleich in Amerika nach etwas dauerndem umzusehen!). Er meint, man könne doch wirklich nützlich sein. Auf alle Fälle würde es interessant. Die Schweizer zerbrechen sich den Kopf, was sie machen sollen, wenn eines Tages Mussolini bei ihnen landet. Vom Keynes-White Plan hält er nichts. Wir diskutierten die Besatzungswährungen etc. Von Wien n. Zürich geht jetzt ein Zug in der Woche!
Freitag sah ich Otto von Habsburg, der im Broadmoor lebt. Er war sehr nett & einfach, wie immer. Er glaubt, daß Benesch, sein Hauptgegner, hier nicht so gut abgeschnitten habe, z.T. weil er hier war als Churchill da war, z.T. weil er eine defensive Haltung einnehmen mußte, denn das State Dept. habe es ihm übel genommen, daß er sich in London in österr. Angelegenheiten einmische (?). Die Russen haben angeblich (sagt Otto) eine österr. Regierung in Moscau zus.gesetzt, die sie im gegebenen Moment direkt nach Wien fliegen wollen (das habe ich mir schon immer gedacht, auch für andere Staaten). Der österr. Widerstand steige, aber die Führer lassen sich erwischen, was die ganze Sache gefährde. Das OSS sei eine Quelle der grössten Indiscretionen. OPA sei auch grässlich. Ich traf auch die Grafen Czernin & Degenfeld, letzterer der Bruder des Wr. Prof. Ob er gescheiter ist als er, weiss ich nicht, aber er machte einen ganz netten Eindruck. Otto hofft, daß ich nach W. komme. Er hat aber gar nichts von mir gewollt & sieht nun wohl, daß ich mich an seiner Politik nicht betätigen will.
Freitag hatte ich Lunch mit Diana & ihrem Mann (Laylin). Es war recht nett. Sie schaut gut aus; Landleben. Er ist ganz angenehm, wohl älter als ich (sic!). Sie haben eine Farm, 160 acres, 3 Kühe, 3 Pferde, jetzt wollen sie einen Swimmingpool bauen, kaum die rechte Zeit. Er scheint Geld zu haben. Diana ist offenbar glücklich; hoffentlich bleibt es dabei. Wir sprachen uns sehr gut; ich sehe nun, daß ich nie etwas bes. für sie empfunden habe, dabei mag ich sie in einem allg. Sinne.
Haberler ist am Meer. Er ist schrecklich verdrossen, wankelmütig etc. so daß sich alle Leute fragen, was eigentlich los ist. Man versteht es wirklich nicht. Selbst in Wash. haben mich die Leute gefragt. Ich las, was er hier für den Bericht der Deleg. geschrieben hat. Gut, etwas zu theoretisch; ich machte viele Randbemerkungen. Haberler kann & mag nicht allein sein, das ist das merkwürdigste. Somarys waren böse auf beide.
Heute Lunch mit Walt. Stewart. Plötzlich sieht er alt aus. Arbeitet gar nichts. Es ist eine Schande.
Klari war gestern Abend hier. Diesmal ganz konfus, Minderwertigkeitskomplexe & voller dunkler Andeutungen über Johnny. Leicht wird sie es ihm weiss Gott nicht machen. Wenn man das sieht, bin ich froh, keine Frau zu haben.
Gestern bei Oppenheims. Felix Kaufmann & Fr. waren da. Er hat einen Höhrapparat. Sein Buch soll im Herbst erscheinen. Von unserem hat er durch Haberler gehört (der doch gar nichts inhaltliches weiss). Ich mußte erzählten & ich glaube, daß er einer der wenigen Leser sein dürfte. Er meint, ich müsse einen Aufsatz in einer ökon. Zeitschrift schreiben, um es zugänglich zu machen. Viell. hat man in Wash. Zeit dazu.
Der Krieg geht gut. Pantelleria war ein grosses Experiment. Ich glaube, daß man auch über den Kanal einen Weg machen kann, indem man einen ganzen Streifen 10 miles tief bombardiert & dann landet. Wahrscheinlich kommen viele Landungen auf einmal. Otto glaubt übrigens, daß man 1943 keine Invasion des Kontinents machen wird. Ich teile diese Ansicht nicht. Viell. landet man sogar an der deutschen Nordseeküste & in Südfrankreich auf einmal. Wahrscheinlich kommt bald etwas.
Jim Davis hat auf mein Drängen hin sich wieder an Portraits versucht. Ich soll mir das heute abend ansehen. Er ist ein besonders netter Mensch & wir kommen sehr gut aus miteinander.
Mitt. fahre ich n. N.Y. Freitag war ich in Willington am Rückwege & aß mit Rostlers. Mimi war in N.Y. Die Fabrik wächst fortwährend & sie haben viel Erfolg.
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.24)





