OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1941-43 / 1943-06-25

Freit. 25. Juni.

Nichts sehr aufregendes bei mir los. Haberlers fuhren Montag ab & alle Bekannten atmeten auf. Ich hätte nicht gedacht, daß dies je so sein werde. Mimi kam So. mittag & fuhr um 7h ab. Mises & Schütz kamen mit demselben Zug & alle + Haberlers kamen zu mir. Etwas Disk. über Spiele; Schütz war sehr interessiert, Haberler skeptisch; machte die Zwischenbemerkung, daß doch freie Konkurr. auch ein richtiges Max.problem sei: Er sprach ohne zu Denken. Aber das wird uns oft vorgehalten werden. – Frau Haberler geht allen auf die Nerven. Eine "Landplage", wie Mimi richtig sagte. Er sollte sich scheiden lassen, denn sonst ruiniert er sein ganzes Leben. Beide so vergnügungssüchtig, Essen etc., und alles mitten im Kriege! Do. vor 8 Tagen war Gödel mit ihnen & Lovasy hier. Haberler hat sich die Gelegenheit entgehen lassen, einmal wirklich etwas mit ihm zu sprechen. So wie mit Alexander, Herzfeld etc. Ein grosser Jammer.

Johnny dürfte bald kommen. Viell. ist er in 8 Tagen da!

Heute mit Gardner vom Fed.Res.Bd. tel.: noch nichts entschieden. Die Gruppe ist noch nicht beisammen, aber in 8-10 Tagen wird sich alles aufklären. Sonntag bei David, er erst heute gefahren ist; er hatte wieder einen Gichtanfall. Sally fährt nach Wyoming.

Es ist sehr heiss; einen zweiten Seersucker gekauft, es ist das einzige, was man tragen kann.

Montag bei Sproul & mit ihm geluncht. Es war bes. nett; wir haben viel diskutiert & er hofft, daß ich nach Wash. gehen werde.

Sehr viel an "1907" gearbeitet. Das Bild klärt sich & Material wird umfangreich. Ich könnte bald zu schreiben beginnen; aber ich werde die ganze Studie wohl fallen lassen müssen. Aber ich möchte wenigstens die short term interest rates fertig machen für ein occasional paper. Das kann ich auch von Wash. aus tun, denn die Abende bleiben mir ja. (Hoffen wir!) – Ich überlege, ob ich das Öst. Buch nicht mit Lovasy zus. schreiben soll. Auf diese Weise käme es wenigstens überhaupt zu Stande.

Das Dept. würde sich nicht freuen, wenn ich nach W. ginge; so knapp vor Beginn. Ich habe noch niemandem etwas gesagt.

Sonst sind nur die üblichen Dinge los, die nicht aufgeschrieben werden brauchen. –

Krieg: in der Luft fürchterlich. Und es wird noch ärger werden & die Deutschen werden es mit immer grösserem Anstrengen noch einige Zeit aushalten. Ich hätte so gerne von den Eltern & von Hannchen gehört. Ich werde wieder eine Red Cross Nachricht senden.

Habe mir etliches über Risiko & Konjunktur überlegt, das in die R. Mappe ging.

Ich möchte gerne einen Aufsatz für Harpers über die Ökon. & "Full employment" schreiben. Habe viel über die Entstehung der "Stagnation" "Theory" gefunden: Löhnis, Leroy-Beaulieu, G. de Lavallaye etc. Darüber könnte man auch eine histor. Note schreiben.

Kusaka ist im Smith Coll. als "Instructor" ab Sept. angestellt. Ich bin froh, daß er etwas hat. Oshima ist eifrig.

Heute früh 7h 1 ½h reiten. Sehr schön, aber warm. –

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1941-43, Eintrag 1943-06-25
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.24)