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tagebücher / 1943-44 / 1943-10-10

So. 10. Okt. 43.

Vorige Woche erkältet gewesen, sogar 2 Tage bettlägerig & ich mußte zum ersten Mal in über 5 Jahren eine Vorlesung wegen Erkrankung absagen.

Immerhin war ich Montag in NY. wo wieder etliche Fortschritte mit der Broschüre zustande kamen. Ich hoffe nun bald fertig schreiben zu können.

Inzwischen kommen die Korrekturen des Buches; ca 10% bisher. Man wird mir 40 & 60 galleys (= 2 x so viele Seiten pro galley) per Woche geben. Also dürfte das Buch in 5-6 Wochen abgesetzt sein. Der Umbruch wird nicht länger als 4 Wochen dauern. Aber dann kommen noch Index etc. –

Johnny wird dringendst von den Engländern angefordert & wird viell. bis Weihnachten gehen. Shangri-Là & Wash. & Aberdeen wollen ihn auch alle haben. Das bedeutet, daß er nicht übermässig lange bleiben wird. Klari ist wieder sehr aufgeregt; es ist ein Jammer. Er ist aber in bes. guter Form (& das scheint sie zu stören, daher deutet sie ihn als hypernervös aus etc. Dabei weiss er ganz genau was er will.).-

Das Program für die 2 Area Kurse ausgearbeitet. Der I. Kurs wird wiederholt, der 2. könnte ganz interess. werden. Silberner & Tesoro werden auch Vorlesungen halten müssen. Ich nehme noch 2 Precepts & bekomme 4h "Credit" im nächsten Semester.

Haberler schrieb mir, daß Keynes "ganz übergeschnappt" & sehr arrogant sei. Er sagte "After the war not only saving but also work will be a social crime". Keynes ist einer der grössten Charlatane, die je in der Ökon. aufgetreten sind. Und alles liegt vor ihm auf dem Bauche. Morgen spricht P. Joseph hier über "Intern. Condit. for Full Employment". Das wird arg werden. Man müsste wirklich einmal gegen Keynes auftreten. Er ist brillant, sehr intelligent & die Widersacher, die er hat, sind ihm nicht gewachsen.

Gestern eine Cocktail Party gegeben: 2 Buoncompagni-Ludovisi, 2 Graham, 2 Labatut, 2 Thomas, Mimi, Battan, Fong, 2 Morse, Oppenheim etc. Es war gelungen. Jeder einzeln & unabhängig machte mir Komplimente, über die Wohnung; auch daß sie so gut gehalten sei etc. – Mimi wohnte bei Mary Smyth. Vorher waren wir noch bei Herzfeld, was nett war.

Heute nachmittag machten wir mit gespartem Benzin einen Ausflug zur Farm, dann zu Wash. Crossing, New Hope. Es war herrl. Wetter & schönste Aussicht vom Turm, wo wir Paulis begegneten. (Niels Bohr ist übrigens erwartet).

Morgen Tee im Instit., wo Bruning sein wird. Ob er wie Sforza zurück will. Ich soll übrigens der Regierung verlässliche Leute in Ital., Öst. etc angeben.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1943-44, Eintrag 1943-10-10
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.25)