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tagebücher / 1943-44 / 1943-10-17

So. 17. Okt. 43

Gestern erzählte mir Herzfeld, was Einstein ihm über Flexner gesagt hat: "F. sei ein Lügner & Pferdedieb, aber mit gutem Herzen; Aydelotte sei unantastbar, aber ohne jedes Herz." Typisch Einstein: richtig & boshaft. –

Die Vorlesungen sind in Gang gekommen & es wird alles natürlich weitergehen. Am Anfang einer Serie fühle ich mich immer unbehaglich & glaube, es würde mir der Stoff ausgehen.

Gestern viel mit Johnny beisammen; er kam mich auch Freitag besuchen. Sehr nett wie immer. Wir haben viele Fahnen ("galleys".) erledigt. Johnny sagte, jetzt wisse er was es heisse: chained to galleys".! Die letzten waren schlecht; es ist die sect. über Perfect-Information, wo sie solche Formeln wie … nicht getroffen haben. Leider ist das z. T. Kusakas & auch meine Schuld. Ich hätte noch viel mehr Hilfen angeben müssen. Aber das geht nur über 2 ½ galleys. Bei allen anderen Fehlern sind sie selbst schuld. Dies ist die schwierigste Partie des ganzen Satzes.

Bruning ist übrigens auf den Pabst (Pacelli) sehr böse. Er sagt (privat!), daß Pacelli ihm übel mitgespielt habe; der Pabst sei ein "adventurer". So redet man in den ganz streng kathol. Kreisen untereinander über die anderen. Ich habe dasselbe in Wien gehört.

Gestern waren Lutz's kurz hier. Er ist recht eigenartig geworden; noch feindseliger, bes. scheint er das Buch zu hassen. Es wird viell. vorbei gehen. Er ist sehr bestrebt, sich zu festigen, eine Position zu schaffen, aber das scheint mir nicht der rechte Weg. Er hätte seine Geschichte der Kapitalth. fertig schreiben sollen, das hätte ihm mehr Befriedigung geboten. Natürlich ist das ein abscheuliches Thema.

Stigler ist voll pathologischen Hasses gegen Böhm-Bawerk. Ich muß ihn einmal etwas frozzeln. Er ist auch ganz ungerecht.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1943-44, Eintrag 1943-10-17
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.25)