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tagebücher / 1943-44 / 1944-01-09

So. 9. Jän. 44.

Die Russen haben die Odessa-Lemberg Eisenbahn bereits unter Feuer. Wenn sie die wirklich schneiden & halten, dann gibt es eine deutsche Katastrophe, von der sich die Nazi nicht mehr erholen können. Diese Woche wird sich sehr viel ereignen! Der Tag an dem ein deutscher General Hitler erschlagen wird, rückt gewaltig näher.

Mit dem MS ganz gut weiter gekommen. Die Forward Rates machen mir Schwierigkeiten. Aber es wird viell. interessant werden & könnte noch sehr ausgebaut werden. Über die Max. komme ich mir immer mehr ins Klare. Da man die Goldpunkte berücksichtigen muß, aber sie nicht kontinuierlich kennt, ergeben sich weitere Verwickelungen. Aber es sind wenigstens neue Dinge. Jetzt werden die 2. Max. berechnet & ich bin neugierig. Soweit wir sahen, haben sie wirklich grosse Stabilität. Ich war Freitag in N.Y.; kurz bei Alb. Hahn. Er möchte eine Aufsatzsammlung hier bei der Press erscheinen lassen. Lunch mit Moore, Stigler etc. St. etwas über das Buch gesagt, das er mit Misstrauen erwartet & das ihm ganz gegen den Strich gehen wird.

Eine grässliche Geschichte: Kozlik wollte illegal nach Mexico!! Jetzt ist er als draft dodger verhaftet. Wie konnte er nur so etwas machen. Er stellte sich vor, er hätte nach Öst. können, um gegen die Nazis zu arbeiten. Was für ein Jammer um diesen Menschen; er wollte ja nichts böses. Aber er ist in seiner Entwicklung stecken geblieben. Viell. hätte man sich um ihn kümmern sollen. Aber ich habe ihn seit 1 ½ Jahren nicht gesehen; obwohl er öfters in P. gewesen ist, ging er mir immer aus dem Wege. Ich weiss nicht, was man nun machen soll. Ich werde mich mit Fredell beraten, der viell. davon weiss. Viell. kann man ihn in die Armee stecken, & er würde sich so in Ordnung bringen. Es hätte ihm schon lange gut getan, in der Armee zu sein.

Morgen kommt Johnny wieder her, um Korr. zu lesen. Er besuchte mich gestern.

Heute von Weyls in die P. Inn eingeladen gewesen. Er war im Spital in N.Y. gewesen Asthma Untersuchung. Er war in sehr guter Verfassung & es war sehr nett.

Sonst hat sich nichts bes. zugetragen. Do. kam ein Polizist her, wegen meiner Staatsbürgerschaft, Routine-Fragen. Viell. wird es doch im Feb. werden.

Ich werde übrigens bis Ende Feb. keinen Unterricht haben. Hurrah! Da werde ich fleissig fürs N.B. arbeiten. Und auch vorwärts kommen. Es ist nun auch so weit, daß es mich wirklich fesselt. Ich bin nun so in der Materie, dass sie mich ganz hält & ich an nichts anderes denken kann & mag. Mir ist das Recht.

Gestern Lutz kurz besucht.. Es war nett; wir waren allein & haben uns von uns. Arbeiten erzählt. Er findet meine Pläne vernünftig und interessant. Man müsste mehr darüber diskutieren. – Viell. können Johnny & ich die Ansätze für die Fourier Analyse ansetzen, ehe er verreist, damit im Feb. die Maschin-Arbeit gemacht werden kann. –

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1943-44, Eintrag 1944-01-09
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.25)