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tagebücher / 1943-44 / 1944-03-03

Freit., 3. März 44.

Also mit den Korrekturen spiesst es sich noch, weil Johnny weit zurück ist & einen dringenden Bericht schreiben muß. Aber 2-3 Wochen spielen nun schon keine Rolle mehr. Jetzt möchte er noch 2. Bogenkorrektur haben, was mir übertrieben vorkommt.

Mittw. Telefonierte die Sekretärin von Judge Forman: Mein Fall sei "clear" & ich würde am 23. März eingeschworen als Bürger. Hurrah! So nett von den Leuten, sich so zu bemühen: Ich freue mich sehr. Es wird doch eine gute seelische Wirkung auf mich haben.

Heute die erste Vorlesung (Cycles). Ausser dieser noch 2 Section in McIsaacs Vorles. über Principles (Sophom.) je 2h die Woche. Das ist keine Anstrengung. So ist also mein Programm erträglich. Mo. & Mi. Nachmittags sind ganz besetzt. Dazu kommt noch etwas Junior reading. –

Mit der Bureau Arbeit komme ich vorwärts, aber es wird kompliziert & umfangreich. Ich finde seltsame Unstimmigkeiten, die alle zeigen, daß der Goldstand gar nicht so automatisch war, wie allg. angenommen. Ausserdem, daß viele Leute so vereinfachend schematisch denken, daß man sich arg wundern muß. Das geht z.B. aus dem heutigen Brief von Haberler hervor. – Seine Mutter ist übrigens gestorben, wie er gerade gehört hat. Es tut mir leid; sie war sehr nett & ich habe sie in bester Erinnerung. Meine Mutter mochte sie immer so gut. –

Ich fange an ganz in das neue Buch zu versinken. Gestern in N.Y. Oshima hat wieder angezogen & fleissig gearbeitet. Es ist schade, daß ich nicht mehr im Büro sein kann; es würde alles viel schneller gehen. Es kommt noch sehr viel, aber dieses Jahr sollte ich ein ziemlich grosses MS bekommen. Falls Oshima einberufen wird, hoffe ich Mr. Chester (ein Wiener, math. Statistiker) zu bekommen, der schon dort arbeitet.

Mit Johnny gestern nach N.Y. gefahren. Heute war er 3h hier. Sehr nett wie immer. Ich habe ihm ein neues Spiel gezeigt & er war erst skeptisch. Aber dann stimmte er mir zu, dass es essentiell ist: n personen wetten auf den Eintritt eines Ereignisses. Wer dem Ereignis am nächsten kommt, gewinnt den Einsatz aller. Ich behauptete, dass es hier Koalitionen geben könne & dass das Spiel nicht "einfach" sei. – Johnny diskutierte es, sah es ein & hat es vor 2 Tagen angefangen auszurechnen. Es ist sehr interessant.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1943-44, Eintrag 1944-03-03
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.25)