OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1944-45 / 1944-09-20

Mi. 20. Sept.

Gestern in N.Y. Kapitel III. zum Abschreiben gegeben, plus Einschaltungen in Kap. II. Zus. ca 100 Seiten. Heute mit Kap. IV. begonnen, das aber kurz ist & zur Hälfte schon vorliegt, die nur etwas umgeschrieben werden muß. Kap. V (Max. Differentials), 50 S., liegt schon vor. Es geht also weiter. – Es scheint, daß ich im nächsten Sem. 6h haben werde, ev. 8. Das würde das Schreiben nicht zu sehr behindern: Es wäre natürlich schön, wenn ich überhaupt nicht unterrichten müsste, denn ich sehe nun, was man fertig bringt, wenn man dabei bleiben kann. Aber es wird schon gehen.

Mo. gab ich Fetter ein Buch; gestern eines an Mills, der sich sehr freute. Fetter war auch sehr nett. Gödel bekam seines auch. Ich werde auch Howard eines geben; das kann mir leichtere Teaching Loads bringen! Sonst ist es eine Verschwendung. Chester bekam auch eines; er verlässt mich also nächste Woche. Schade; er war sehr brauchbar. Wird nicht leicht sein jemanden zu finden. Und bis der sich auskennen wird!!

Hayeks "Road to Serfdom" ist erschienen; war heute in der Times besprochen (gutes Photo). Mises "Bureaucracy" ist auch da. Bin neugierig auf Hayek.

Nächste Woche Econ. History Ass. meeting hier. Wir haben ein Dinner. Folgende Woche kommt Ellis her zu Dinner & Vortrag. Viell. wird etwas aus seiner Berufung; ich würde mich sehr freuen. Wäre eine grosse Stärkung für unser Department. Und ich könnte mit ihm zus. arbeiten.

Bald will ich nach Harvard fahren.

Heute wieder Blut gespendet. Diesmal wurde ich nachher ohnmächtig, aber nur für 2-3 Secunden. Ich weiss nicht warum. Jetzt fühle ich mich tadellos & nicht so müde wie letztes Mal. Nie bin ich ohnmächtig gewesen. Eigentlich keine unangenehme Empfindung. Irgendwie etwas enorm elementares, wenn die plötzliche Hilflosigkeit einsetzt und irgend so etwas wie eine schrankenlose Hingabe stattfindet. – Man entnimmt 550 ccm.

Mimi gestern zum Tee getroffen. Wir waren im St Regio, bes. nett. Sie hat mein Elaborat benützen können & scheint Hoffnung zu haben, daß alles klappen wird. Sie hatte schon den Brief von der Press, aber noch nicht das Buch. Sie war sehr nett – .

Morgen abend bei Weyls mit Clari & Siegel. Dürfte nett werden.

Im Kriege gibt es keine "spectacular news". Es wird schwer und entscheidend gekämpft. Ich sehe eine düstere Zukunft als je. Bes. im Hinblick auf die phantastischen technischen Möglichkeiten in 20-30 Jahren; zumal nach den Einzelheiten, die jetzt über die Robotbombs bekannt werden. Und die Zustände in Italien; in Deutschl. wird es noch 10 x schlimmer werden. Wenn ich nur Eltern & Hannchen herüber bringen könnte. Aber ich zweifle; viell. Hannchen in einigen Jahren.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1944-45, Eintrag 1944-09-20
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.26)