OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1944-45 / 1944-10-07

Sa. 7. Okt.

Heute sehr warm, sonnig, feucht.

Eben hörte ich, daß die Am. Offensive bei Aachen plötzlich vorwärts gekommen ist & daß der deutsche Widerstand bricht. Das wird, falls ausgenützt rasch enorme Weiterungen haben.

Die Russen sind nur 90 Meilen von Budapest entfernt. Es wird nicht lange dauern, bis sie dort sind – und in Wien. Öst. soll von allen 3 Mächten gemeinsam besetzt werden. Ich hoffe, daß es dabei bleibt, denn dann kann ich wegen Eltern & Hannchen beruhigt sein & ihnen viell. auch Pakete etc schicken. Gestern kam eine Nachricht von ihnen, (April); aber früher als die letzte, die vom Juni war. Sie klang auch zuversichtlich. Sie bestätigten meine vom 15. Sept. 43.-

Mit Dodds noch nicht gesprochen. Er war bis heute krank; aber viell. Montag, wann übrigens meine Vorles. anfangen. (5h, währ. Okt.)

Habe meist Bericht gelesen & gestern nichts geschrieben. Gestern kam mein MS; das IV. Kap. dürfte Montag zurück kommen. Eine Masse Arbeit bereits, das alles zu lesen, zu ordnen etc; insbes. die vielen Tabellen richtig zu placieren etc.

Einen Brief von Flexner über unser Buch. Er staune, wie wir es zustande gebracht hätten, dies im Kriege zu schreiben & zu publizieren. Ich wundere mich auch, wenn ich an die Zeit zurück denke. Es war schon eine phantastische Arbeit, schon einmal das rein manuelle. Heute Abend kommt Bloomfield her; er schrieb, er habe schon vieles über das Buch gehört. Bin neugierig.

Gestern mit Clari in der Inn & im Kino; ganz nett: Der junge Birkhoff war bei ihr. Er sei mit irgendwelchen math. Dingen im Buche nicht einverstanden, aber sie konnte nicht sagen, was es sei. Nun wird es also interessant werden. Auch was Haberler am Freitag sagen wird. Graham hat scheinbar nichts gelesen bisher. Lutz ist merkwürdig freundlich & höhnisch, wie meist. Kenne mich da nicht aus. –

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1944-45, Eintrag 1944-10-07
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.26)