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tagebücher / 1944-45 / 1944-11-03

Fr. 3. Nov. 44.

Noch immer herrliches, warmes Wetter. Heute Vormittag mit Hella Weyl reiten gewesen, war sehr schön. – Morgen & Sonntag Delegation meeting; wird langweilig werden, weil es sich nur um die Revisionen handelt. Haberler kommt her.

Gestern wieder in N.Y. gewesen & 2 Leute interviewed. Es wird wohl eine Miss Elbogen werden (Cechin), sie soll ganz gut sein & hat in Hillside gearbeitet. Sie würde erst Ende Dez. beginnen, was gut wäre, weil ich mit Unterricht so zugedeckt bin. Es werden arge 2 Monate werden; d.h. es geht, wenn man sonst nichts vor hat.

Kaufmann kam mich gestern im Ntl. Bur. besuchen & sprach über die "Games". Aber ich sah schon, daß er trotz allem Enthusiasmus kein klares Bild gemacht hat & es nur ein ½ Verständnis war. Tukey's Einwand läuft nur darauf hinaus, ob man die Gleichheit auch extra axiomatisieren soll. Johnny sagt, es ist Unsinn, & meine Ansicht, die ich Tukey gleich sagte, daß diese Gleichheit genügend klar intuitiv gegeben ist, völlig richtig & hinreichend ist.

Gestern im Inst. eine lange Unterhaltung mit Einstein über seinen Vortrag. Er liess manche meiner Bemerkungen gelten & fand, daß ich die Sache völlig richtig verstanden habe. Meinen Zweifel, warum jetzt nicht Uranium im Weltall entstehen soll, hat er eigentlich nicht entkräftigt; er sagte nur, er glaube das nicht. Wenn es aber der Fall sei, dann wäre es eine ernste Gefahr für seine Schlüsse, gab er zu. Ich hatte auch Borns schöne Brosch. über Experiment Theory in Phys. gelesen. Einstein mochte sie auch.

Siegel war wieder bes. nett. Im Club sassen wir mit Labatut beisammen; S. kennt die Pyrenäen, wo L. herkommt. Siegel arbeitet schwer an automorphen Funktionen & war deprimiert, daß er ein Problem nach langem Nachdenken einfach fand. Da sei es auch nicht viel wert. Er wusste natürlich, was das für ein komisches non sequitur ist. Aber sonst geht es ihm ganz gut & wir sind gerne beisammen.

Rief Mimi gestern an; sie soll sich den Blinddarm nehmen lassen. Wollte ev. heute mich hier besuchen; habe aber weiter nichts gehört.

Die Pres. Wahl am Dienstag wird recht knapp werden. Man glaubt aber, daß Roosevelt gewinnt, ev. erst mit Hilfe der Soldatenwahlen.

Sonst nichts weiter; möchte gerne das Exch. Kap. fertig machen; fehlen nur Einzelheiten – aber ich muß 1-2 Vorlesungen über Ricardo, Marx, Mill ausarbeiten. Dann kommt Thunen, Grenznutzen, Marshall, Lausanne etc. Die pre-Med. Studenten sind interessiert, manche recht intelligent.

Unser Buch wird im Surrealist (!!) Mag. "View" von C. Chevalley rezensiert werden!

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1944-45, Eintrag 1944-11-03
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.26)