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tagebücher / 1944-45 / 1945-03-24

Sa. 24. März

Also gestern haben mehrere Armeen den Rhein überschritten & eine grosse Offensive ist im Gange. Sie macht offenbar rasche Fortschritte & die werden noch grösser werden, sofern man erst genügend Fahrzeuge drüben hat. Die deutsche Lage kann nicht einmal mehr hoffnungslos bezeichnet werden, denn es ist einfach Selbstmord. Die Zerstörung in Deutschland scheint unvorstellbar zu sein. Es wird dort zu einer grossen Hungersnot kommen & zu Seuchen. Alles ist unübersehbar. –

Gestern in N.Y.: viel Arbeit im Bureau, aber Fortschritte. Das Mädchen ist sehr fleissig & verständig. Ich werde viell. bis Donn. fertig werden & das MS zum Abschreiben dort lassen. Aber es sind noch ca. 15-20 Seiten zu schreiben. Bin gleich zurückgefahren, weil wir Seminar hatten. Beckhart über den Monetary Fund. Es war grässlich & ich hätte in N.Y. zum Nachtmahl bleiben sollen.

Heute herrl. Wetter & 2 Stunden mit Hella spaz., dann bei ihnen zum Tee. Weyl schreibt einen Aufsatz über Russell; er will darin versuchen ihm eine richtige Stelle in Grundlagenfragen zu geben. Er mag sein Reduzibilitätsaxiom nicht & sprach wieder gegen die Mengenlehre vor seinem institutionistischen Standpunkt.

Einen Aufs. von Tarzki über "Truth" erhalten, der sehr interess. zu sein scheint.

Jetzt bin ich müde, werde aber noch auf die Nachrichten warten.-

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1944-45, Eintrag 1945-03-24
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.26)