Sonnt. 2. Sept.
Am 30. Aug. (Do) mit Weyl zurückgekommen. Wir waren 10 Tage in Norfolk gewesen; assen bei Cora Brown (mässig) & wohnten schön im Stemann House. Machten viele Spaziergänge, oft 8-9 Meilen im Tage. Wetter einige Tage sehr kalt (50° höchstens). Wir waren bei Noel & bei Diana je zum Dinner eingeladen. Dtto bei Schumpeter am Sonntag in Taconic. Mrs. Jay Laughlin gab uns eine Cocktail Party; ihr Mann war leider verreist. In diesem Rahmen hatten Weyl & ich eine angenehme Zeit. Wir kamen gut miteinander aus. Ich ging, so gut ich konnte, auf ihn ein; was nicht schwer war. Er ist ein wunderbarer Mann; ganz anders als Johnny, nicht dessen Leichtigkeit; viel mehr deutsch mit Poesie, Weltgefühl etc. Natürlich ist sein Alter (fast 60) auch ein Punkt. Er geht viel auf Philosophie ein, nimmt sie ernst, bricht aber unter Kritik leicht davon ab. Der Math. kommt immer wieder durch; das bringt dann die Kühle, die Objektivität, die sie alle haben. Beurteilen ihre Freunde kalt, sind aber doch Freunde. Das findet man sonst nirgends. Entweder kommt es von der Math., oder einfach von der Grösse ihrer Geister. (Ich glaube, nur von der Verbindung beider, denn bei anderen grossen Männern habe ich das nicht gefunden.) Er sprach gerne & viel von Math. & erzählte im Detail.
Er dachte sich die ganze Theorie der G Funktion aus & erklärte mir viele Stunden lang, bes. Gauss' Herleitung, & durch die Euler'sche Summenformel. Alles das war wunderbar für mich. Ferner viel über Uniformisierung. Es freute ihn, daß ich bes. Interesse an den vielen merkwürdigen Beziehungen zwischen p, arctang, etc habe, an deren Reihendarstellungen etc, oder an etc.. Es ist unmöglich, hier auch nur alles anzudeuten, was wir diskutierten.
Er zählte auch viel aus seinem Leben. Bes. die Zür´cher Zeit. Schrödingers Explosion in Erotik & Wellenmechanik zusammen. Yvonne & Weyl; Seine Reisen etc. Man hat den Eindruck, daß Weyl eben wirklich gelebt hat; frei war & nicht, wie ich, unter einem selbst gemachten Zwang. Natürlich ist es dies: er hat geleistet & ich nicht; zumindest so, daß ich auf was ich getan habe nicht mit Genugtuung zurückblicken kann. Z.T. liegt das auch an der Ökonomie, die wirklich eine widerwärtige Angelegenheit ist. Immer klarer wird mir das, je mehr ich andere Wissenschaften kennen lerne (insbes. in hohem Niveau). Die Ökon. sind selten auch nur wiss. Handlanger. Ich wäre froh wenn ich einmal als solcher angesehen würde von Leuten, die zu sehen wissen.
In Schumpeter sah Weyl einen "weltberühmten Theoretiker". Er fand ihn intelligent & oberflächlich. "Ein Siegel ist er nicht". Sch. sagte ihm unverblühmt was man von Riefler, Stewart & Warren hält: 0.
Do. Abend sprach Weyl zu den Colonels über deutsche Universitäten. Hervorragend. Alle merkten den besonderen Mann.
Freit. sprach ich über Deutsche Wirtschaft 1870-1930. Weyl kam auch. Ich glaube es war ein Erfolg, insbes. meine Antwort auf die Frage, was mit D. zu tun sei. Lutz sprach nach mir; Weyl fand es enttäuschend, bes. auch, daß er noch einen so starken, primitiven deutschen Akzent hat.
Gestern war Friedrich hier (Univ. N. Carolina) Er war eben aus Europa gekommen. War in Prag gewesen etc. Es muß überall sehr schlimm sein; wenig zu essen. Wird sehr übler Winter werden, wegen Kohlenmangel & der üblen Zerstörungen. Von Wien noch immer nichts gehört. Habe nun auch Rosenborgs Sohn, der dort ist, in Bewegung gesetzt. Ich sollte doch bald etwas hören. Aber Margareta hat auch schon 6 Wochen nichts von Achim gehört. Ich kann noch gar nichts tun.
Ich wünschte, ich könnte vom War Dept. nach Wien geschickt werden. F. hatte den Rang eines Obersten.
2 neue Rez. der Games: Math. Gazette (Lond)., sehr gut. & J. of Farm Econ. "Here is a work of utmost importance ."(!). Machlup schrieb mir daß im Dec. in AER ein Artikel von L. Hurwicz erscheinen wird "enthusiastisch.. Also: wird mit der Zeit etwas Disk. entstehen & die Ökon. werden sich kümmern müssen. Wald's ist noch nicht erschienen.
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.27)




