Do. 25. April.
Brief aus Wien v. 10. April: Noch immer keine Pakete; ich verstehe das nicht. Und es geht so schlecht. Aber nun müssen doch welche eingetroffen sind. Wenn sie erst einmal einige der 22 pd Pakete haben, wird es sofort besser sein. 3 CARE Pakete bestellt; aber sie liefern noch nicht, sagten jedoch am Telefon, daß sie die nächsten Tage beginnen. Jedes hat min. 40 000 Kal! Ich möchte jedem 1000 Kal. pro Tag zuschiessen können. Das sollte möglich sein & ihnen ?. ca 2000 Kal. geben, was nicht viel, aber auch nicht wenig ist. Ein 23 Pd Paket an Mrs Marget nach St. Paul geschickt; sie nimmt es mit ihren Sachen mit. Viele Kleider, 2 p. Schuhe, Regenmantel, 1 grauer Herrenanzug, Unterhosen, Slips, Taschentücher, Seife etc etc! Wir werden uns in N.Y. treffen; sie will die "supply line" offen halten. Das wird viel bedeuten.- Ich habe an Hannchen priv. geschrieben, daß ich wahrscheinlich nicht kommen werde. Das State Dept. schrieb vor einigen Tagen, daß in Wien meine Stellung abgeschafft worden sei! Habe das Marget geschrieben, der fest glaubt, daß ich bald dort eintreffen werde. Was für eine Konfusion. Es wäre sehr schade, wenn nichts aus der Reise würde. Ich werde Mitte Mai nach Wash. fahren; will aber erst Marget eine Chance geben etwas neues zu unternehmen.
Habe mit dem Schreiben begonnen. Es wird viel über Gold zu sagen geben. Die Theorie ist in konfusem Zustand, falls man überhaupt von einer solchen sprechen kann. Es macht Schwierigkeiten die Daten zu bekommen. Man sollte es einfach nicht für möglich halten. Ich hoffe bis zum Sommer gute Fortschritte zu machen. Auch für den Rest fehlt es mir nicht an Gedanken & neuen Zusätzen. Es ist aber schwer mitten im Semester zu schreiben.
Vorige Woche mit Alexander & Siegel Bäume fällen etc; um die Reitwege frei zu machen. Ist gute Arbeit, gesund & anstrengend. Siegel & ich gingen dann Nachtmahlen & er führte eine tolle Siegeliade mit einem zerbrochenen Stuhl auf, den er im tiefen Walde mitten in der Nacht verstecken wollte. Es war ganz verrückt.
Reiten gewesen; einmal bei McAlpins vorher zum Lunch; sonst nachher beim Tee. Johnny ist in Los Alamos; kommt am 2. Mai wieder. Lese eine Biographie Kaiser Friedrich III.; ganz gut. Weiss noch nicht, ob Erdmannsdorf vorkommen wird. Ein Photo von Vatel; sieht streng & etwas leidend aus, aber nicht schwächlich oder alt. Man würde ihn gewiss nicht für 71 halten.
Ich habe oft daran gedacht, daß ich doch eigentlich etwas über allg. Dinge der sozialen Welt zu sagen haben müsste. Mit all den vielen Studien, Erfahrungen, Kontakten usw. Aber ich finde mehr & mehr, daß es nicht viel gibt, was sich zu sagen lohnt, es sei denn diese Bemerkung selbst. Das stört sehr, gelegentlich. Natürlich hätte ich vieles, aber ich finde es bei näherer Betrachtung verbal & wertlos. Viell. nicht gewisse Tatsachen; aber die stehen of zusammenhanglos nebeneinander & Interpretationen sind nur das & keine Theorien im Sinne einziger Erklärungen. Tief bedrückt mich bes. der Mangel jeden spürbaren Fortschrittes in der politischen Theorie. Was zu sagen wert ist, kann im wesentlichen nur über Methoden sein, ist negativer Art; und das gibt auch dem Autor wenig Befriedigung. Es hängt alles letzten Endes mit dem Mangel sozialwiss. Erkenntnisse zusammen. Mich stört das immer mehr. Aber es raubt mir (noch) nicht die Lust an technischer Arbeit. Ich bin ziemlich fest entschlossen bei dieser zu bleiben, sie sogar noch technischer werden zu lassen, anstatt allg. "Beobachtungen" in allg. Zeitschriften abzulagern (oder äquivalentes).
Las eine Rez. von Reichbachs Buch über Quantenmechanik; dort wurden 2 Bemerkungen Johnny's über Methoden etc zitiert. Ich kenne andere, die alle verstreut sind; einige (viele) in unserem Buche. Es wäre gut eine vollständige Liste zu machen & sie zu ordnen. Da wäre viel über Erkenntnistheorie. Aber man würde auch die neuesten Gedanken über die empir. Natur der Logik, über die Parall. der Logik mit elektr. Schaltvorgängen, über Länge von Beweisen & die Schwierigkeiten bezüglich ihrer Kontrolle durch etwas anderes als Arithmetisierung (d.h. Methoden zur Auffindung von Beweisen) zu machen. Hier ist so viel!
Ich freue mich auf die Abfassung der 1-2 Anhänge, die wir bald im Mai schreiben wollen. Das Buch wird bald ausverkauft sein. Marschaks Rez. sollte dieser Tage erscheinen. Ein Artikel war auch in der Rotogravure Sekt. des Philadelphia Inquirer. Habe es nicht gesehen. Wir bekommen ständig Briefe, manche sehr komisch.
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.27)



