OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1945-47 / 1946-10-10

Do. 10. X.

Sa. bekam Johnny – der 2 Tage vorher aus Los Al. zurückkam – einen Brief von H. Wold (Uppsala): ein "Fehler" in der Th. of Games, nämlich in der Herleitung des num. Charakters des Nutzens aus den Axiomen. Johnny explodierte. Es ist natürlich falsch, was Wold schreibt: er hat einfach die Axiome C weggelassen! Er wolle den Fehler nicht länger "geheim" halten, hat seine Note an das JPE geschickt & an div. Mathematiker. Johnny hat ein Recht böse zu sein, weil er doch nie einen Fehler gemacht hat. Und schliesslich haben wir den Beweis etc. etc. Wir schrieben eine kurze Antwortnote & einen Brief an Wold. Wahrscheinlich wird seine Note gar nicht gedruckt werden.

Sonntag fuhren Johnny & ich den ganzen Tag weg. Atlantic City. Aber sehr langsam, denn er redete so viel, von 10h-10h! Es war sehr amüsant, sehr instruktiv & sehr freundschaftlich. In letzterer Hinsicht diskutierten wir Ehe, Liebe etc, was wir selten tun. Viel Übereinstimmung & Bewusstsein, daß unsere Prinzipien viell. für uns passen, aber nicht im allg. gelten, ohne die soziale Welt zu sprengen. Beide sehr skeptisch über Frauen. Johnny meint, daß sie selbst in den besten Ehen alles verstehen, nur das nicht, worauf es ankommt. Und daß man sowohl für seine Arbeit als für die Aufrechterhaltung von Freundschaft mit Männern & Collegen ganz entschieden von Anfang an auftreten muß. Dann sehr viel über Nuclear energy & Politik etc. Er fürchtet, er werde immer noch nach Los Alamos gehen müssen, weil wenige gehen, es zu zerfallen droht & die politische Lage ja die ständige Produktion dort nötig macht. Viel über Radioaktivität als Waffe, speziell die Unbewohnbarmachung von ganzen Landstrichen etc. Es sind schöne Aussichten; aber wir glauben beide, daß vieles überschätzt wird, & unterschätzt zugleich. Punkto Ökonomie, einer Meinung. Bes. stimmt er zu, daß die Math. keinen Schutz darstellt, oder Disziplin bringt, wie man vorgehen müsse; die lernt man in der Physik; wo eben solide gearbeitet wird. Natürlich sollen beide zusammen betrieben werden.

Am Abend assen wir ausgezeichnete Austern in Hightstown; dann noch zu Renweicks. – Mimi war an diesem Tage nach P. gekommen, obwohl ich ihr gesagt hatte, ich wäre nicht frei. Ich verstehe sie nicht; oder eben doch, & stimme nicht zu.

Die Conf. über Ök. war nichts: Copeland, Knight – Viner - Elliot war politisch – gegen Russland. Das weiss ich alles & als ich solche Sachen vor Jahren sagte (cf. Mappe For. Trade) beschimpfte man mich als Merkantilisten.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1945-47, Eintrag 1946-10-10
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.27)