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tagebücher / 1947-47 / 1947-10-22

Mittw. 22. Oct.

Mit Johnny ausführlich über 100 Dinge gesprochen. Er hat sich S.'s Buch mitgenommen. Meint es sei Math. die ein 1rst. year grad. Stud. beherrsche. Ich glaube nicht, daß er es rezensieren wird. Er sollte etwas positives machen. – Mo. mit Mommsen per Auto nach N.Y. zu Jacob Goldschmidt. Wieder seine wirklich herrliche Kunstsammlung angeschaut, Stück für Stück. Dann erzählte er über seinen Plan zur Rettung Europas, den er Harriman vortragen will. Im wesentlichen eine Art inter-Europäischer Trusts. Wäre gut, wenn man es täte, aber es scheint aller politischen Tendenz entgegen zu laufen. Aber es kann nicht schaden solche Ideen vorzubringen. Dann gingen wir (plus Frau G.) zu Henri Soult (Pavillon) zum ausgezeichneten Dinner, erstkl. Wein. Es war sehr angenehm. G. erzählte viel von Schacht; er meint daß S. nichts von Inflation verstanden habe als er Währungskommissar gemacht wurde. – Für Winnie habe ich ein Zimmer für 1 Woche im Savoy-Plaza; sehr erfreulich, daß dies geklappt hat.

Gestern & heute im Grad. Course über Nachfragen. Wir sind noch nicht fertig. Es hat zu sehr lebhaften Disk. Anlass gegeben. Manche Studenten sind sehr gut. Ich bin mehr denn je davon überhaut, daß die Abhandlung einige fundamentale Dinge bringt, obwohl die Lösung nur in der Th. der Spiele zu finden sein wird. Es gibt aber auch in meiner Darstellung noch vieles auszuarbeiten, falls es dafür steht. Jetzt wird noch 1h darauf gehen; dann gehen wir zur Nutzenmessung über.

Gestern netten Lunch mit Neumanns; Weyl & Dirac. Meist über Hilbert Geschichten, die Courant ja wirklich sammeln & herausgeben sollte. Noch ist Zeit, sich von so vielen zu lösen & kontrollieren zu lassen.

Habe nun endlich Adrian's Buch fertig gelesen & bin nun bei Sherrington. Ich bin fasziniert. Es ist einfach unheimlich, was in einem selber vor sich geht! Die Philosophen sind armselig in ihren "Problemen" dagegen. Ich will nun K. Craik lesen; das enthält eine sehr mechanistische Auffassung. Mit Weyl über Adrian gesprochen (er hat ihn nicht gelesen); er findet die stark durchschimmernde Teleologie so befremdlich. Aber ich glaube sie bietet doch ein erstes Ordnungsprinzip, das man ja dann bei besserer Kenntnis verwerfen kann. Wenn man nur mehr Zeit hätte!!

Morgen werde ich anfangen wirklich etwas für Chicago aufzuschreiben. Habe viel gelesen & überdacht. – Von Chicago könnte ich nach Detroit fahren & Sylvester mit Winnie verbringen – falls es ihr Spaß macht.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1947-47, Eintrag 1947-10-22
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.28)