OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
[home]––[info]––[tagebücher]––[personenverzeichnis]––[impressum]
diary-page
diary-page
diary-page
diary-page
diary-page
tagebücher / 1947-47 / 1947-11-12

Mittw. 12. Nov. 47

Heute Precept, Vorlesung (313), J.D. 3rd Vortrag, & 2h Vorlesung Grad. Course (über Nutzenmessung). Also genug, werde auch zeitig schlafen gehen, bes. da ich – wie selten! – die beiden letzten Nächte sehr unruhig geschlafen habe.

2 Briefe aus Wien. Muttel ist leider bettlägrig. Sie haben auch Eiselsberg dort gehabt, der die Behandlung & die Schweizer Medizin sehr lobte. Wenigstens haben sie es warm. Es ist schon sehr zu befürchten, daß es noch ernst wird. Ich will daher erwähnen, daß die Seminarpläne diskutiert werden, damit Muttel wieder etwas hat, womit sie sich beschäftigen kann. Viell. sehe ich morgen J. Willits. – Sie schreiben alle sehr rührend. – Hoffentlich ist die Butter nun angekommen. Werde morgen von Charles mehr senden. –

Also Montag in N.Y., N. Weston. Winnie kam ins Savoy Plaza, bekam erst keinen dann einen schlechten Room, aber wir trafen uns & gingen zu Goldschmidts, die uns Cocktails gaben, Sandwiches & die Bilder ansehen liessen. Ich trug Frack & Zylinder (von Klari's Vater!)! Wir kamen gerade zur Oper zurecht, fanden unsere Plätze & es ging los. Sehr schön gepielt & gesungen, aber wenig emotionale Spannung. Jedoch sehr schöne Musik. Umschau. Was für groteske Toiletten! Je älter, desto tieferes Décolté und rose. Winnie staunte nur so über den schlechten Geschmack. Aber schöne Juwelen & auch etliche schöne Frauen & Kleider. Winnie sagte sie habe wenigstens einige "Kronjuwelen" mitgebracht; sie trug ein herrliches Diamant-Rubinen Armband & Ring & noch anderes; sehr geschmackvoll. Wir kamen schnell von der Oper weg, zu El Morocco, Champ. Room, sassen sehr gut (neben Marlene Dietrich) & assen Wr Schnitzel. Sie war ganz reizend, sehr erfreut über die Photos (die ich dann vergass ihr zu geben). Wir gingen den ganzen Weg zu Fuß bis zum Savoy & waren erst um 2h dort. Auch sie gab zu, daß sie mich sehr möge. Kurz, wir sind glänzend miteinander ausgekommen.

Nächsten morgen traf ich sie als sie das Hotel verliess sehr fesch mit keckem Hut & Feder. Wir spazierten 5th Av., sahen die Armistic "Parade" & trennten uns bei Sacks. Wahrscheinl. treffen wir uns morgen wieder; ich hoffe sehr. Ich soll sie um 9h anrufen. – Es wäre mir sehr wichtig, sie morgen zu sehen!

Nette Partie bei Weyls. Gestern bei Neumanns zum Nachtmahl. Johnny hat einen noch neueren Beweis des Min Max Satzes, will ihn ehestens mir vortragen. Er ist rechnerisch zugänglicher. Grosse Disk. über World Federalists & ob der Bericht, daß die Russen einen Test mit einer Atombombe gemachen haben, richtig ist (zu bezweifeln).

Heute guten Erfolg mit Vorlesungen, bes. die Nutzenmessung genau diskutiert. Ich habe viel gelernt vom Vortragen & will viel mehr als ich dachte über die Spiele sprechen. Es nimmt auch viel mehr Zeit in Anspruch. Wenn ich das 2-3 mal gemacht habe werde ich wissen, was man für eine Einführung schreiben muß. – Heute Lutz-Buchanan's Buch bekommen, aber kaum aufmachen können.

Nun noch etwas zu lesen. Mir geht sehr viel (& vielerlei!) im Kopf herum.

Richtig: Mit McAlpin über meine Schrott-aus-Deutschl.-Idee gesprochen Er tel. mit Fowler McCormick & Mr. Sloan (USSteel) beide enthusiastisch; hatten selbst diese Idee nicht gehabt. Ich schrieb an Harriman & Nourse, & diese Briefe gingen auch an Dave ? McCormick, Sloan. Jetzt werden die Möglichkeiten untersucht & es könnte sein, daß eine grosse Transaktion zustande kommt. Aber diesmal möchte ich etwas Geld sehen. Nicht so wie bei der Credit-Anstalt, wo ich auch die entscheidende Idee mit der Absonderung der Auslandsaktion hatte! Ich werde das genauer verfolgen. Wenn da wirklich Geld zu machen ist, steht es dafür, darauf etwas Zeit & Mühe zu verwenden.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1947-47, Eintrag 1947-11-12
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.28)