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tagebücher / 1953-55 / 1953-11-14

So. 15. Nov.

Vorigen Di. waren Johnny & Klari hier & wir hatten alle einen guten Abend. Nur redet K. oft viel zu viel. Mi. & Do. war ich in Washington. Am Nachmittag sprach ich 2h mit Atwood, der aus Lexington (Va) gekommen war. Er hat eine Ph D. Thesis über Futures. Sie bedarf vieler Verbesserungen. Lutz, der sie ursprünglich hatte, hat nur 4 Randbemerkungen gemacht! Dann hatte ich Dinner mit Bloomfield der in einem eleganten App. im Hotel Fairfax lebt. Er ist Economist des Randall Com. & bekommt $ 45.- täglich plus seinem F. R. Gehalt. Nicht schlecht. Er ist aber ausgezeichnet. Sein Bericht über Indo China soll ausgezeichnet gewesen sein. Angenehme Unterhaltung mit viel Information. Do. war ich bei der ONR, sah Rigby, Laderman, Weyl, M. Rees. Vorher bei D. Pabst, Chief Statist. des Ordonance Bur. Lunch mit Adm. Parsons, der noch Adm. Schoeffler mitbrachte, der Chief des Bur. ist (Parsons is Dep. Chief). Sehr gute Aussprache beim Lunch & dann lange Disk. mit Parsons über „Navy–Rand“. Es schien ihm sehr einzuleuchten. Er will es mit Adm. Bolster (C. ONR) & Adm. Schindler (in CNO Emergency) besprechen. S. ist mit der gesamten Frage von Res. & Development in der Navy betraut. Ich werde von ihm (Parsons) hören. Freitag lunchte ich mit Johnny, der sehr an der Sache interessiert ist; er meint, daß es so ausschaut, als ob etwas daraus werden wird. Natürlich ist es möglich, daß man es nicht mit RCA macht, sondern z.B. Rand erweitert, oder OEG verlegt etc. Wir werden sehen & ich bin neugierig. Schliesslich hat die Sache so gut angefangen wie irgend möglich. Und eine Gruppe hier in P. hat einmal WSEG zustande gebracht.

Am Do. vomitttag war ich auch bei Amory Jr. Verschiedenes diskutiert. Dann nahm er mich in eine Comité Sitzung (Inter Agency), wo Frankreich diskutiert wurde. Etwa 20-30 Leute, darunter Joe Strayer; unter Vorsitz eines Yale Historikers Kant. Ich sagte, was meine Schlußfolgerungen sind, und "made no bones about it." Man schien sich einigermassen zu interessieren, obwohl ich sagte daß solche Meinungen billig zu haben sind. Einzelheiten kann ich nicht aufschreiben.

Freitag p.m. war eine Sitzung mit dem "Graduate Council" (d.h. ehem. Grad) die über das Econ. Dept. hören wollten. Lester & Chandler sprachen, ok. aber nichts besonderes. Nach einer Fragenperiode verlas J. Cromwell, der den Vorsitz führte, 2 "Statements" von McCabe & mir, die wir vor 10 (?) Jahren geschrieben hatten; was die Prinzipien des Lehrens usw. sind. Ich hatte das ganz vergessen. Was ich gesagt habe klang aber ganz in Ordnung. Ich wurde von vielen beglückwünscht, etc. Sehr überraschend, sich so zitiert zu hören.

Am Abend waren wir bei Hochschildts zum Dinner. Sehr gutes Essen, aber der Tokayer nachher hat mich "upset", so daß ich mich gestern nicht sehr wohl fühlte. Dabei war er ganz ausgezeichnet. Es waren noch da u.a. Mr. Brooks Emeny (ehem. Präs. der For. Policy Association) & Col. Stirling, Präs. der African Capricorn Society. Er ist ein berühmter Commando Führer gewesen; Schotte. Seine Ideen über gemeinsame Afrikanische Staatsbürgerschaft etc. sind etwas nebulous, aber wohlgemeint. Man wird nächstes Jahr eine Convention abhalten; ich glaube nicht an solche Dinge. Ich fragte, ob man Schwarzen & Weissen für gleiche Arbeit gleichen Lohn zahlen würde. Zweifelhaft. Harold H. sah das Argument sofort ein und stimmte mir mehr bei als S. Ich möchte Hochschildt besser kennen lernen.

Heute etwas im Garten gearbeitet, gelesen, gearbeitet. Felix Oppenheim kam, um seine Abhandlung über Rational Choice zu diskutieren; er tut das ohne uncertainty, was nicht geht. Auch kennt er die Spieltheorie nicht. Er will eine bessere Stellung. Er sollte ein grösseres Werk verfassen.

Jetzt kommt Ted Mommsen zum Tee. Er kam kürzlich aus Europa zurück. Auch einer, der mehr produzieren sollte. Seit Jahren drückt er an dem Petrarca herum.

Später:

Carl hat Fieber; offenbar schon gestern Abend. Aber während des Tages hat man nichts gemerkt. Er klagte, daß ihm der Magen (oder Bauch) weh tue. Jetzt schläft er friedlich. Wir werden sehr aufpassen. – Mommsen erzählte von seinen Reisen. Nichts aufregendes. Jakob hatte mir gesagt, daß Ted von Deutschland enorm begeistert geschrieben habe; nun scheint sich das wieder gelegt zu haben & er hat etwas mehr Perspektive. Sehr selbstzentriert. Von den Vosslers wollte er gar nicht reden; was da los ist, weiss ich nicht, aber mich ärgerte das. (Mir gehen die Vosslers ab; die ungezwungene Art der Freundschaft, die wir sonst nur noch mit den Neumanns haben.)

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1953-55, Eintrag 1953-11-14
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.33)