OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1953-55 / 1953-12-06

So. 6. Dez.

Heute berichtet die Tribune, daß gestern Admiral Parsons gestorben ist! 10 Min. nachdem er in Bethesda eintraf um sich röntgenisieren zu lassen. Wie schade & was für ein Verlust für die Navy. Ich tel. Johnny, der die Nachricht auch gesehen hatte & ebenso betroffen war, wie ich.

Bei Kriz war es mässig interessant. Die Tolnays waren dort (insg. 20); sie schauen so dürftig aus, es ist ein Jammer. Aber er hatte vor Jahren viele Berufungen. Er lehnte alles ab, da er nur ans Institut wollte & ihm anderes nicht gut genug war.

Nachher zu v. N's. Gamov war da; höchst verrückt, aber amüsant. Kantorowicz sagte, daß man nun Mommsen, der eine Berufung nach Cornell hat, hier eine Full Prof. angeboten hat. Ich bin überzeugt, daß er bleiben wird. Fellner war nicht sehr interessant; es scheint ihm in Yale zu gefallen. Sie haben einige sehr gute Grad. Studenten & viel Geld für sie. – Clari hat "a slipped disk"; nachher hörte ich, daß sie während wir dort waren, ohnmächtig geworden war. Tut mir sehr leid. – Albert Friend soll hoffnungslos krank sein; er ist erst 60.

Heute gehen wir auf 1h zu Tukeys. Mit meinem Vortrag für morgen bin ich noch immer nicht in Ordnung.

Carl fängt an schreiben zu lernen! (3 Jahre, 3 Monate!). Er kann etwa 10-12 Buchstaben ganz gut schreiben. Er will nun wirklich Worte lesen & schreiben können. Es wird nicht lange dauern. Was soll er bloß in der Schule machen? Er wird sich zu Tode langweilen. Er hat ein phänomenales Gedächtnis. Wenn man einen Satz anfängt & einem manchmal ein Wort nicht schnell genug kommt, so sagt er es vorher! –

Manchmal (oft) will er Sachen erklärt haben. So setzt er sich zu mir, zeigt auf die Atmos Uhr und sagt: "How does this clock work? Please explain this to me." (Genau in diesen Worten!) Man kann nicht mehr verlangen. – Wenn man jemandem telephoniert & er hört die Nummer, die man verlangt, sagt er oft sofort, wessen Nr. es ist. Er muß etwa 10 solche Nrn kennen.

Später:

Wir waren bei Tukey's die open house hatten. Langes Gespräch mit Church, Tucker; dann Johnny. Alles recht nett.

Jetzt habe ich den Columbia Semin. Vortrag beisammen, muß nur morgen früh die Notizen ordnen. Es dürfte ausreichen. Ich hätte viel lieber das Rand Memo geschrieben.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1953-55, Eintrag 1953-12-06
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.33)