OSKAR MORGENSTERN TAGEBUCHEDITION //
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tagebücher / 1953-55 / 1954-01-30

Sa. 30. Jan.

Eine nicht so fruchtbare Woche, weil es Exams gab, mit viel Lesen & herumsitzen. Immerhin haben wir das Proofreading, das Einsetzen der griechischen Buchstaben usw. arrangiert, ich habe Kap. I. (NBER) zum Abschreiben gegeben usw. Ferner ein Conzert: Badura-Skoda ein junger Wiener; ganz gut, aber ich war nicht "carried away". Gestern bei Karl Deutsch zu Cocktails; nachher kamen Floods zu uns. Mittag Lunch mit Johnny. Beide v.N. waren Sonntag bei uns zum Nachtmahl (mit Carl) und wir hatten einen sehr erfreulichen Abend. Johnny freute sich über "Navy-Rand" zu hören und glaubt, daß es eigentlich werden müsse. Bisher noch nichts von Adm. Schindler gehört.

Morgen soll Zagoroff zum Lunch kommen. Er war 5 Monate in Europa. Nachher gehen wir zu Viners die zum ersten Male eine kleine Gruppe von Leuten bei sich haben.

Einaudi sandte uns nicht nur eine eigenhändig geschriebene Neujahrsgratulation (auch von Donna Ida), sondern auch sein letztes Buch mit Widmung (Saggi Bibliografici e Storici), enorm gelehrt und wie alles was er tut, hoch interessant und lebendig. Dr Capodieci, der Rockefeller Fellow, mit dem ich neulich wieder eine lange Besprechung hatte, erzählte mir, daß Einaudi ihm vor seiner Abreise gesagt hat, er wünsche 50 Jahre jünger zu sein, damit er die Theorie der Spiele genau studieren könne, er sehe, daß dort etwas vielversprechendes, neues los sei. Man vergleiche das mit anderen! (& Jüngeren!). –

Ich muß manchmal daran denken, wie verschieden das Verschwinden von Leuten im Dept. ist: Graham, Lutz, McCabe, etc. Nur Graham's Thought spürt man gelegentlich noch. Er war doch ein eigenartiger Mann & manchmal hatte er etwas zu sagen. Weyl (noch nicht gesehen, weil Bronchitis) sagte übrigens, daß Lutz nur ein Zimmer in einer Pension hat & sie fast nur in Rom oder London ist. Andererseits hörte ich, daß er ein Gutachten für die deutsche Regierung geschrieben & dafür 10 000 RM bekommen hat. Das würde die hiesige Regierung nicht zahlen; hier sind es $ 50.- pro Tag!

Die Sache mit AMC ist noch nicht zustande gekommen. Bain glaubt aber nächste Woche die Entscheidung zu haben.

Ich hätte viele Gedanken aufzuschreiben. Leider keine Zeit. Deutsch sagte ich solle unbedingt meine Organis. Theorie fertig machen & herausbringen. Er hat sie jetzt genau gelesen. Dabei kennt er noch nicht meine Ideen über Mapping & über den Grund-Symbolismus (à la Pitts – McCulloch). Hoffentlich kann ich nach dem Sommer daran arbeiten.

Oskar Morgenstern Tagebuchedition: Tagebuch 1953-55, Eintrag 1954-01-30
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.33)