Albuquerque 29. Aug. Montag
Eine schreckliche Nachricht: Johnny's Operation war Krebs!! Es war ein Tumor in der Schulter. Ich flog Donnerstag nach Boston, wo er im Deaconess Hospital war. Er erzählte uns die ganze Geschichte. Vor etwa 11 Tagen hatte einen scharfen Schmerz in der linken Schulter. Er liess sich wieder untersuchen (in Bethesda, wo sie ihn in guter Verfassung, lediglich zu dick befunden hatten). Man fand etwas im Schlüsselbein. Der Arzt sagte, es sei wohl harmlos, aber müsse sofort operiert werden. Johnny teilte es Lewis Strauss mit der in Genf war. Strauss schickte sofort Dr Shields Warren aus Genf nach Washington. Er ist einer der grössten Krebsspezialisten der Welt. Er sagte Johnny es sei 50:50 Krebs. Die Operation war in Boston, wo Warren sein Institut hat. Man fand den Tumor, & glaubt alles entfernt zu haben; er soll klein und ganz geschlossen gewesen sein. Immerhin suchte man mit X-rays überall nach dem primären Herd. Do. hatte man ihn noch nicht, Warren meinte, es sei möglich, daß er verschwunden sei. Er hatte aber noch einen Hals & Ohrenspezialisten bestellt (für Freitag) & ich weiss nicht was er gefunden hat. Klare sagte mir es sei eine gewisse Gefahr, daß es einen Gehirntumor gebe. Die Symptome was Herzfeld hatte(!), sind leichte Kopfweh, Doppeltes Sehen & Flecke.
Das hat man Johnny nicht gesagt, da er sonst die Symptome produzieren könnte.
Johnny war natürlich recht bewegt. Als wir allein waren kam ihm einmal eine Träne in die Augen, als er mich anschaute. Natürlich versteht er alles & er weiss wie gross die Gefahr ist. Der Arzt sagte er solle sein gewöhnliches Leben aufnehmen, nur müsse er 20-25 Pfund abnehmen, um das Herz zu schonen (das aber ganz in Ordnung ist). Nur Jules Charney & Dorothy & ich wissen von dem Krebs, nicht einmal seine Mutter. Klari hat sich vorbildlich benommen und Johnny stützt sich sehr auf sie. Dorothy weinte bitterlich, als sie alles hörte und ich kann gar nicht sagen, wie schwer mir das Herz ist. Morgen will ich Johnny anrufen; ich glaube er rechnet damit, daß ihm soviel Anteilnahme gezeigt wird, ohne daß man ihn schon aufgibt. Irgendwie glaube ich, daß alles gut ausgehen wird. Was mir Johnny für ein teurer Freund ist. Keinem anderen Manne verdanke ich auch nur annähernd so viel, menschlich & wissenschaftlich. Und nun steht man hilflos da.
Die Arbeit hilft mir über das schlimmste. Aber es gibt viele Stunden, wo Johnny's Schicksal immer vor mir auftaucht.
(Zugriff über http://doi.org/11471/319.25.34)

